Gemeinderat, 36. Sitzung vom 23.03.2023, Wörtliches Protokoll - Seite 11 von 95
Die 3. Anfrage (FSP-237619-2023-KFP/GM) wurde von Herrn GR Seidl gestellt und ist an den Herrn Amtsführenden Stadtrat der Geschäftsgruppe für Soziales, Gesundheit und Sport gerichtet. Schönen guten Morgen, Herr Stadtrat. Hier geht es um die Behandlung von PatientInnen ohne Wiener Wohnsitz in den Wiener Spitälern. (Ende 2022 wurde vom WIGEV eine Anweisung ausgegeben, dass Patienten, die in Wien keinen Wohnsitz haben, in manchen Fällen von Wiener Spitälern, die vom WIGEV geführt werden, abgewiesen werden müssen. Das betrifft zahlreiche Menschen, die oftmals in Wien arbeiten, seit Geburt die österreichische Staatsbürgerschaft haben, Stützen der Gesellschaft sind und seit jeher Sozialversicherungsabgaben entrichten. Wie viele Personen wurden seit Inkrafttreten dieser Anweisung bis zum heutigen Tag in den Spitälern des WIGEV abgewiesen?)
Bitte schön.
Amtsf. StR Peter Hacker: Sehr geehrter Herr Vorsitzender, sehr geehrter Herr Abgeordneter! Vorweg finde ich es direkt bemerkenswert: Ihr müsst ja irgendwie einen Wettbewerb haben, wie oft man dem gleichen Stadtrat die gleiche Frage stellen kann. Ich darf daran erinnern ... (GR Dr. Markus Wölbitsch-Milan, MIM: Das liegt vielleicht daran, dass wir keine Antworten bekommen!) Bitte? (GR Dr. Markus Wölbitsch-Milan, MIM: Ich habe gesagt, es liegt daran, dass wir keine Antworten bekommen!) Nein, das liegt daran, dass ihr immer die gleiche Antwort kriegt, nämlich zuletzt am 21. Dezember 2022. Ich wiederhole es aber gerne.
Die Frage ist eine ziemlich einfache. Vielleicht kann Kollege Wölbitsch jetzt auch ganz aufmerksam zuhören, damit er versteht, was die Antwort ist. (GR Dr. Markus Wölbitsch-Milan, MIM: Ja, sehr! Ich bin sehr bei Ihnen!) Die ergibt sich nämlich aus den Gesetzen. Ich werde aus diesen Gesetzen gerne zum wiederholten Male zitieren.
Zunächst eine Klarstellung: Es ist selbstverständlich, dass jedem Menschen - Mann oder Frau -, ganz egal, wo er herkommt, ganz egal, ob er in einem anderen Bundesland, einem anderen europäischen Land oder einem nichteuropäischen Land seinen Hauptwohnsitz hat, bei allen medizinischen Zwischenfällen in den Wiener Spitälern medizinische Hilfe auf höchstem Niveau geboten wird. Das zunächst einmal als Klarstellung. (Beifall bei SPÖ und NEOS.)
Im Gegensatz zu vielen anderen Gesundheitssystemen und auch im Gegensatz zu manchen Intentionen - wenn ich jetzt nur an die Frage der Behandlungswünsche mancher Mitglieder der Bundesregierung wie zum Beispiel des Innenministers über die Behandlung von Flüchtlingen denke, bei der man davon ausgeht, dass es ja nur eine Minimalbehandlung sein sollte - gilt das selbstverständlich auch für Flüchtlinge, woher auch immer sie geflohen sind.
Dieses höchste Niveau steht daher allen Menschen zur Verfügung. Das ist natürlich auch eine Strahlkraft für die Exzellenz und die hohe Qualität, die unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ihren Patientinnen und Patienten jeden Tag zukommen lassen.
Diese Strahlkraft geht ganz offenbar - das müssen wir ja gemeinsam feststellen, das sind ja Fakten - über die Grenzen unseres Bundeslandes hinaus. Deswegen ist es dazu gekommen, dass im Durchschnitt rund 20 Prozent der Patientinnen und Patienten in unseren Spitälern, also ein Fünftel, Gastpatienten aus anderen Bundesländern sind. Die Mehrkosten, die dadurch entstehen - das können wir nicht ignorieren - zahlt ausschließlich der Wiener Steuerzahler.
Der Wiener Steuerzahler geht zu Recht davon aus, dass mit seinem Steuergeld die Leistungen bezahlt werden, für die wir als Land auch verantwortlich sind. 20 Prozent der Gastpatienten sind ein großes Spital. Für diese extrem hohe Zahl an Gastpatienten wird von den Wienerinnen und Wienern ein ganzes Spital finanziert.
Wir freuen uns auch, dass diese Expertise so geschätzt wird, aber ich sage es auch ganz offen: Wir wissen, dass auch in den Kliniken in den benachbarten Bundesländern - in Niederösterreich, im Burgenland, in Oberösterreich, in der Steiermark - ebenfalls hervorragende Expertise besteht. Daher ist diese Maßnahme - diese Entscheidung - auch eine Erinnerung daran, dass in der Beratung von Patientinnen und Patienten für planbare Eingriffe darauf hinzuweisen ist, dass es auch möglich ist, seine Behandlung nicht in Wien, sondern in seinem Heimatbundesland durchzuführen. Darum geht es.
Was ist die Basis, die gesetzliche Basis? Kollege Wölbitsch, jetzt wird es spannend, bitte aufpassen. (GR Dr. Markus Wölbitsch-Milan, MIM: Jawohl!) Was ist die gesetzliche Basis für diese Regelung? Zunächst einmal der § 18 des österreichischen Krankenanstalten- und Kuranstaltengesetzes. In diesem Paragraphen geht es nämlich um die Sicherstellung öffentlicher Krankenanstaltspflege. (Zwischenruf von und Heiterkeit bei GR Wolfgang Seidl.) Ja, Kollege Seidl kennt das. Er stellt die Frage nur spaßhalber zum wiederholten Mal. Sie haben gesagt, Sie haben es nicht verstanden. Deswegen mache ich Sie besonders aufmerksam, dass jetzt die entscheidende Passage kommt. (Heiterkeit bei GR Dr. Markus Wölbitsch-Milan, MIM.) Bitte aufmerksam zu sein.
§ 8 Abs. 1: „Jedes Land“ - gemeint ist jedes Bundesland, damit es kein Missverständnis gibt - „ist verpflichtet, unter Bedachtnahme auf die Verordnungen gemäß § 23 und § 24 des Bundesgesetzes zur partnerschaftlichen Zielsteuerung-Gesundheit, Krankenanstaltspflege für anstaltsbedürftige Personen im eigenen Land“ - gemeint ist Bundesland - „entweder durch Errichtung und Betrieb öffentlicher Krankenanstalten oder durch Vereinbarung mit Rechtsträgern anderer Krankenanstalten sicherzustellen.“ Also, jedes Bundesland ist verpflichtet, für seine Bevölkerung - so ist nämlich auch die Finanzierungsvereinbarung - die notwendige Pflege sicherzustellen: Entweder durch die Zurverfügungstellung von Spitälern oder durch den Abschluss entsprechender Vereinbarungen.
Die 2. Gesetzesmaterie, die dafür relevant ist, ist die Art. 15a-Vereinbarung zur Finanzierung und Organisation des Gesundheitswesens. In Art. 38 dieser Vereinbarung steht - ich zitiere -: „Für inländische Gastpatientinnen und Gastpatienten wird für die Dauer dieser Vereinbarung keine über die Abgeltung der Landesgesundheitsfonds
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