Gemeinderat, 35. Sitzung vom 23.02.2023, Wörtliches Protokoll - Seite 48 von 64
den volkswirtschaftlichen Schaden reduzieren, genau so, wie es damals eben beim Nichtraucherschutz war. Ich finde, so eine Politik ist nicht rational und sie ist auch nicht menschlich.
Sie werden es nicht glauben, und ich bin überzeugt, dass manche hier es nicht glauben, dass eine Reduktion der Geschwindigkeit sich kaum auf die Reisezeit auswirkt. Dazu gibt es Studien und Sie können das selbst testen. Ein Bekannter von mir hat das gemacht. Er fährt seit der Energiekrise konsequent 100 km/h auf der Autobahn, wenn er seine Eltern besucht, und er spart 20 Prozent Sprit und kommt 7 Minuten später an. (GRin Veronika Matiasek: Ja, der besucht seine Eltern …) Ich denke, die paar Minuten sollten Menschenleben wert sein, aber offensichtlich sind Sie da anderer Meinung. (Beifall bei den GRÜNEN. - GRin Veronika Matiasek: Nein, es gibt auch Menschen, die einen Zweitwohnsicht haben, und …) - 7 Minuten! Ich weiß nicht, wie man Menschenleben aufrechnet, Sie können uns das nachher vielleicht erklären.
Neben der Verkehrssicherheit gibt es aber natürlich auch andere Gründe: Eine Temporeduktion hebt die Lebensqualität in Wohngebieten - das ist ja auch nichts Neues. Es werden weniger Schadstoffe ausgestoßen, es wird weniger Lärm produziert. Wer wohnt an einer verkehrsumtosten Straße? Wer? Wer wohnt am Gürtel? - Das sind Leute, die sich nichts anderes leisten können. Ich würde wirklich sagen, seien Sie so ehrlich, stellen Sie sich hin und sagen Sie den Leuten ins Gesicht: Ihr seid uns wurscht! Es ist uns wurscht, ob ihr dort in einer unmöglichen Gegend lebt, und es ist uns wurscht, ob ihr krank werdet! - Das wäre nämlich die ehrliche Politik, aber nicht, sich hinter sieben Minuten zu verstecken.
Als letzten Punkt möchte ich neben der Verkehrssicherheit und umweltpolitischen Argumenten auch ökonomische anführen: Kein Mensch geht gerne auf einer verkehrsumtosten Straße spazieren oder kauft dort ein. Wenn das so wäre, würde zum Beispiel die Wagramer Straße in der Donaustadt ein blühender Boulevard sein. Gestern hat sich, ich glaube, die ÖVP, es war im Ausschuss, Sorgen darüber gemacht, wie das mit den Geschäften wird, wenn da jetzt der Radweg kommt, denn da fallen ja wieder ein paar Parkplätze weg. - Leute! Das ist so gestrig! Das ist so gestrig, ich kann es euch gar nicht sagen.
Ich war jetzt in Murau bei einer Freundin zu Besuch. Dort gab es eine Initiative, in der Geschäftsstraße eine Begegnungszone zu machen. Die Geschäftsleute waren dagegen und natürlich ein paar Politiker auch - das war vor vier, fünf Jahren. Wissen Sie, wie viele Geschäfte es in dieser Straße noch gibt? - Zero, nicht ein einziges, alle sind tot. Und genau das passiert. Dieses Sterben der Ortszentren hat auch etwas mit Lebensqualität zu tun und auch damit, welche Verkehrssituation es dort gibt.
Ja, Kilian hat es eh schon gesagt, die Liste der Städte und Länder, die das schon lange ausgeführt haben, ist lange. Ich werde es Ihnen überlassen, dass Sie sich die Studien anschauen, dass Sie dazu googlen.
Was wir alle kennen, ist der Wiener Klimafahrplan. Ich werde in jeder Gemeinderatssitzung einen Antrag stellen, der die Ziele des Wiener Klimafahrplans einfordert. Auch heute ist das der Fall. Sie kennen sicher den Punkt Vision Zero, das bedeutet, es gibt null Verkehrstote. Ich lese Ihnen weiter vor: „Und Komfort für FußgängerInnen und RadfahrerInnen durch die Einführung von Tempo 30 als Regelfall.“ - Das steht im Klimafahrplan der Stadt Wien.
Ich möchte mit einer ganz kurzen Anekdote schließen: Ich hatte gestern Studenten zu Gast aus Freiburg, das sehr fortschrittlich ist, was die Verkehrsorganisation betrifft. Die sind hier her angereist und waren vollgestrebert. Sie haben den Klimafahrplan studiert, die Smart Klima City Strategie und das Regierungsprogramm. Sie haben gesagt, sie seien hergekommen und hätten gedacht, dass sie in das verkehrspolitische Paradies kommen. Sie sind angereist, waren dann auf der BOKU und sind mit dem Rad ins Rathaus gefahren. Sie haben gesagt, dass sie Angst gehabt haben, obwohl das 25-jährige fitte Burschen sind.
Ich konnte es fast nicht fassen, dass vollkommen unbeteiligte Menschen wiederholen, was ich hier schon so lange sage: Die Diskrepanz zwischen den Papieren, die wir hier produzieren, und der Realität ist sehr, sehr groß. (VBgm Christoph Wiederkehr, MA: Was habt ihr gemacht? - GRin Dipl.-Ing. Selma Arapović: Genau, was habt ihr gemacht?) Ich hoffe bei diesem Antrag auf Ihre Unterstützung! - Und das wäre es. Vielen Dank. (Beifall bei den GRÜNEN.)
Vorsitzende GRin Gabriele Mörk: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr GR Taborsky, und ich erteile es ihm. Bitte, Herr Gemeinderat.
GR Hannes Taborsky (ÖVP): Meine sehr verehrten Damen und Herren! Werte Zuseherinnen und Zuseher via Livestream!
Bevor ich mit meinen Ausführungen beginne, möchte ich noch kurz auf eine Wortmeldung des Herrn GR Valentin replizieren, der uns dazu aufgefordert hat, zu den Ausführungen des Herrn GR Gorlitzer eine Sachverhaltsdarstellung an die WKStA zu übermitteln. Sehr geehrter Herr Gemeinderat, wir haben in der Untersuchungskommission bereits zur Kenntnis nehmen müssen, dass Informationen, die einem Teil dieser Stadtverwaltung vorliegen, dem anderen Teil vollkommen unbekannt sind. Ich darf Sie aber darüber informieren, dass der Herr Bürgermeister am 14. Februar um 21 Uhr genau dieses Rechtsgutachten von einer renommierten Wirtschaftskanzlei, von Marschall und Puck, bekommen hat. Wir waren natürlich der Ansicht, dass daraufhin eine Diskussion in der Stadtregierung stattfindet, die dazu führt, dass man diesen Tagesordnungspunkt absetzt. Diese hat offensichtlich nicht stattgefunden. Sie hatten auch keine Kenntnis davon, was wieder dazu führt, anzunehmen, dass offensichtlich die eine Hand nicht weiß, was die andere in der Hand hat. Wir haben das in der UK ja auch zur Kenntnis nehmen müssen, als der Herr Magistratsdirektor uns erklärt hat, dass er das, was er in der einen Gehirnhälfte als Aufsichtsrat weiß, in der anderen als Magistratsdirektor nicht wissen kann. Also vielleicht klären Sie intern, wer da etwas hat. Wir als ÖVP, das sage ich auch dazu, versuchen nicht, einen politischen Diskurs über Gerichte zu führen - ich weiß, das ist der Stil der SPÖ auf Bundesebene -, wir ver
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