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Gemeinderat, 32. Sitzung vom 21.12.2022, Wörtliches Protokoll  -  Seite 106 von 115

 

sogar jemand gestorben ist, weil ein Rettungswagen nicht pünktlich ins Krankenhaus gekommen ist, wo in Wien mittlerweile, Kollege Krauss hat es angesprochen, Menschen gefährdet wurden. (Zwischenrufe bei den GRÜNEN.)

 

Wenn Sie das Grundrecht der Demonstration mit Autostechern und Leuten, die Rettungswägen aufhalten, vergleichen und sagen, wir beschweren uns nicht über die anderen, dann haben Sie die Bundesverfassung nicht verstanden und auch nicht die Freiheitsrechte. Nein, wir sind für Freiheitsrechte und da werden wir uns auch nicht dazu äußern, aber wir sind gegen vom Ausland bezahlte Klimaterroristen. (Beifall bei der FPÖ.)

 

Vorsitzende GRin Dr. Jennifer Kickert: Das war wohl etwas mehr als nur eine tatsächliche Berichtigung. Trotzdem, als Nächster zu Wort gemeldet ist GR Prack, er hat das Wort.

 

20.29.21

GR Georg Prack, BA (GRÜNE)|: Udo Guggenbichler auf der Suche nach einer tatsächlichen Berichtigung, immer noch unterwegs. (Beifall und Heiterkeit bei den GRÜNEN.)

 

Sehr geehrte Frau Vorsitzende! Sehr geehrter Herr Stadtrat! Sehr geehrte Damen und Herren!

 

Lassen Sie mich auch kurz auf diese absurde Debatte eingehen, die da jetzt von der FPÖ wieder hochgezogen wurde. (GR Ing. Udo Guggenbichler, MSc: Distanzieren Sie sich von den Gewalttätern!) Sie haben ja zunächst den Begriff Klimaterroristen verwendet, haben ihn dann wieder gestrichen, haben ihn jetzt wieder verwendet. Ich sage es jetzt einmal mit der Band „Element of Crime“: Ohne Klarheit in der Sprache ist der Mensch nur ein Gartenzwerg. - Und die Verwendung des Begriffs Terrorismus im Zusammenhang mit KlimaaktivistInnen ist wohl nicht mehr als strukturelles Gartenzwergetum. (Beifall und Heiterkeit bei den GRÜNEN. - GR Ing. Udo Guggenbichler, MSc: Sie werden in Deutschland vom Verfassungsschutz beobachtet!)

 

Vielleicht überlegen Sie sich einmal, was es mit Opfern von Terrorismus macht, wenn man harmlose KlimaaktivistInnen mit dem vergleicht, was ihnen von NSU, von RAF oder von der al-Qaida angetan wurde. Es ist Ihnen ja unbenommen, die Aktionen von Klimaaktivistinnen zu radikal zu finden, aber achten Sie bitte ein bisschen auf die Sprache.

 

Aus meiner Sicht spricht aus dem Handeln der KlimaaktivistInnen vor allem eines: Verzweiflung, Verzweiflung über die radikale Verschärfung der Klimakatastrophe, Verzweiflung über das fehlende Handeln der Politik, Verzweiflung über die Rücksichtslosigkeit, mit der wir unsere Zukunft auf diesem Planeten zerstören. Wirklich radikal ist die Art und Weise, wie die Menschheit in den vergangenen Jahren und Jahrzehnten die eigenen Lebensgrundlagen zerstört hat. Wirklich radikal ist die Ignoranz gegenüber wissenschaftlichen Fakten, die die Fraktion, die dieses Terrorismuswort jetzt gerade aufgebracht hat, besonders stark vertritt. Wirklich radikal ist das alte Denken, mit dem sich Politikerinnen und Politiker auch in dieser Stadt an jedem Parkplatz festkleben.

 

Wir brauchen, sehr geehrte Damen und Herren, eine radikalere Klimaschutzpolitik, wenn wir die Klimaziele noch erreichen wollen und das Überleben auf diesem Planeten sichern wollen. Darauf versuchen uns diese KlimaaktivistInnen auf verschiedenen Wegen, aufmerksam zu machen, und das finde ich grundsätzlich gut so. (Beifall bei den GRÜNEN.)

 

Ein Bereich, und damit komme ich zum Geschäftsstück, in dem radikal umgesteuert werden muss, ist der Gebäudesektor, verantwortlich für ein Drittel der Treibhausgasemissionen in Wien. Wir wissen, vor allem das Heizen mit Gas ist ein Schaß für das Klima und das Geldbörsl der Wienerinnen und Wiener, und ein zentrales Mittel für den Ausstieg aus Gasheizungen ist die Energieraumplanung. Die Energieraumplanung ist von der rot-grünen Regierung in der vergangenen Legislaturperiode beschlossen worden. Seit der Novelle der Wiener Bauordnung im Jahr 2018 können für den Neubau sogenannte Klimaschutzgebiete verordnet werden. Heizung, Kühlung und Warmwasseraufbereitung von neu errichteten Gebäuden müssen dort entweder über erneuerbare Energie oder über die Fernwärme, die auch zu dekarbonisieren ist, erfolgen.

 

Mit dem Beschluss der Verordnung von Energieraumplänen für den 4., 5., 6., 20., 21. und 22. Bezirk, den wir heute vornehmen, ist die Energieraumplanung für den Neubau weitgehend abgeschlossen. Es fehlen noch die Verordnungen für die Bezirke 12, 14, 15 und 17. (Amtsf. StR Mag. Jürgen Czernohorszky: Jetzt ist die Frage, warum!) Diese waren ebenfalls für Ende 2022 angekündigt, sie waren irgendwann schon einmal für noch früher angekündigt, wir warten sehnlichst darauf, dass sie in den nächsten Monaten hoffentlich vorgelegt werden.

 

Wir müssen jetzt den nächsten klimapolitisch entscheidenden Schritt gehen, wir müssen die Energieraumplanung auf den Bestand ausweiten. Die Klimaschutzgebiete müssen zum Vorbild für eine räumlich und zeitlich differenzierte Vorgehensweise bei der Dekarbonisierung des Gebäudebestands bis 2040 werden. Man kann sich das ja nicht so vorstellen, dass man jetzt dann quasi 2040 in allen Gebäuden zu dekarbonisieren beginnt, sondern man muss klarstellen, wo wann auf welche Energieträger umgestellt werden soll. Die Energieversorgung von Gebäuden muss in Zukunft unabhängig von fossilen Energieträgern erfolgen. Das ist bis auf die FPÖ auch allen klar. Ihr werden wir es, befürchte ich, auch nicht mehr erklären können. Es gibt unzählige Förderinitiativen des Bundes, die finanzielle Grundlagen für Wärme- und Kältebereitstellung aus Erneuerbaren und für diese Umstellung bieten.

 

Beim Erneuerbare-Wärme-Gesetz wird hoffentlich bald eine Einigung über eine Zweidrittelmehrheit mit der Opposition gefunden. In dieser Frage erleben Sie auch mich als Ungeduldigen. Es führt aber jedenfalls kein Weg daran vorbei, dass wir dem Ausstieg aus fossilen Energiequellen einen räumlichen und zeitlichen Umsetzungsrahmen in Wien geben. Da braucht es mehr Tempo und da braucht man auch nicht auf den Bund zu warten, sehr geehrte Damen und Herren, und deshalb haben wir heute diesen Antrag eingebracht, die Energieraumplanung auf den Bestand auszuweiten, und bitten um Ihre Zustimmung. (Beifall bei den GRÜNEN.)

 

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