Gemeinderat, 30. Sitzung vom 24.11.2022, Wörtliches Protokoll - Seite 74 von 109
Meine sehr geehrten Damen und Herren von der SPÖ, glauben Sie wirklich, dass es normal ist für ein Unternehmen mit einem Jahresumsatz von 3 Milliarden EUR, ein finanzielles Risiko von 6 bis 9 Milliarden einzugehen? Ich kann Ihnen sagen, der Steuerzahler versteht das nicht. Es haben ja nicht einmal die Banken verstanden, die dann nicht einmal mehr bereit waren, hier weitere Sicherheiten zu geben. Und deswegen ist es so wichtig, dass diese Untersuchungskommission, auch maßgeblich initiiert von der Wiener Volkspartei, jetzt hier Licht ins Dunkel bringen wird. (Beifall bei der ÖVP.)
Einige Punkte bedürfen einer deutlichen Aufklärung. Das ist natürlich das völlig versagende Risikomanagement in der Wien Energie. Das ist die Frage, was wussten Politiker von SPÖ und NEOS auch schon im Vorhinein, bevor das öffentlich geworden ist, und vor allem, zu welchem Zeitpunkt. Das ist diese verfehlte Krisenkommunikation rund um den August und im September. Und natürlich werden wir auch diese ominöse Notkompetenz des Bürgermeisters durchleuchten. Immerhin hat Bgm Ludwig hier im Alleingang am 15. Juli und am 29. August 1,4 Milliarden und damit 10 Prozent des Jahresbudgets der Stadt Wien freigegeben, ohne irgendwelche Gremien einzubinden, ohne irgendwelche Politiker darüber zu informieren. Klubobmann Ellensohn hat es vorher schon ausgeführt, nicht einmal eine SMS oder einen Anruf war es wert, wenn es um 1,4 Milliarden geht. Und ich sage Ihnen ganz offen, das Selbstverständnis der SPÖ reicht halt einmal nicht aus, um hier die Wiener Stadtverfassung auszuhebeln, und das werden wir auch in der Untersuchungskommission entsprechend prüfen. Eine Urlaubszeit - und das war ja ein bisschen die Argumentation, dass man im Sommer keine Gremiensitzungen einberufen kann - kann ja bitte keine Ausrede sein, es gibt immer wieder Umlaufbeschlüsse in diversen Gremien. Und genauso muss ich ganz ehrlich sagen, wenn es um 1,4 Milliarden EUR geht, dann wird man ja auch entsprechend im Sommer Sitzungen einberufen können.
Ein wesentliches Thema wird auch die Wahrnehmung von Eigentümerrechten der Stadt Wien sein. Fakt ist, mit der Vorgangsweise, die die Wien Energie gewählt hat, ist ja ein massives finanzielles Risiko eingegangen worden. Und wenn es jetzt hier Jubelmeldungen gibt, dass Rückzahlungen von der Wien Energie an die Stadt Wien stattfinden, dann kann es ja nichts anderes sein als ein Ablenkungsmanöver. Denn diese jetzt möglich gewordenen Rückzahlungen liegen ja nur an einer jetzt durchaus günstigen Marktentwicklung für die Wien Energie, aber vorher abzusehen war das nicht, und deswegen sprechen wir hier auch immer wieder von Spekulationen, die eingegangen worden sind.
Wenn ich jetzt zusammenfassend ein paar Sachen noch sage, dann ist das vor allem, dass ich mich freue, dass mit einer Einsetzung der Untersuchungskommission heute ein erster wichtiger Meilenstein zur Aufklärung getan ist. In den nächsten Wochen und Monaten wird es einiges zu tun geben für alle Fraktionen hier drinnen. Wir erwarten uns aber auch von der Stadtregierung und von SPÖ und NEOS, dass man hier einiges dazu beiträgt, um Aufklärung auch zu gewährleisten. Als Wiener Volkspartei werden wir alles dafür tun, dass es eine seriöse und umfassende Aufklärung in der Causa gibt. Alle diese Vorgänge müssen durchleuchtet werden. Wir werden dann auch die notwendigen Konsequenzen daraus ziehen, das können wir als Wiener Volkspartei allen Bürgerinnen und Bürgern dieser Stadt heute versprechen. - Vielen Dank. (Beifall bei der ÖVP.)
Vorsitzende GRin Gabriele Mörk: Als Nächster zu Wort gemeldet ist GR Dr. Stürzenbecher, und ich erteile es ihm. Bitte, Herr Gemeinderat.
GR Dr. Kurt Stürzenbecher (SPÖ): Sehr geehrte Frau Vorsitzende! Geschätzter Herr Bürgermeister! Herr Finanzstadtrat! Sehr geehrter Herr Vorsitzender der Untersuchungskommission!
Auch für meine Fraktion ist es ein guter Tag, weil ich meine, dass die Untersuchungskommission wirklich eine sinnvolle Einrichtung ist, die dazu beitragen wird, dass tatsächlich die Fakten so, wie sie sind, ans Tageslicht kommen. Es ist eine gute Gelegenheit, hier vor einer Verwaltungsbehörde - und die Untersuchungskommission ist eine Verwaltungsbehörde - wirklich den tatsächlichen Sachverhalt herauszuarbeiten. Ich bin sehr froh, dass bei dieser Verwaltungsbehörde drei Richterinnen und Richter den Vorsitz führen, die ihr ganzes Leben lang ja darauf geschult sind und es sehr gut machen, dass sie eben Sachverhalte ermitteln und letztlich eben dann auch zu Ergebnissen kommen oder in dem Fall dazu beitragen, dass Ergebnisse herauskommen werden, weil wir in besonders hohem Maß daran interessiert sind, dass wirklich die Wahrheit ans Licht kommt, was ja gleichzeitig bedeutet, dass sehr viele Unterstellungen und Falschinformationen, die es bewusst um dieses Wochenende Ende August und dann Anfang September gegeben hat, widerlegt werden können auf Basis von soliden Fakten. Zum Beispiel ist der Begriff Spekulation, den der Finanzminister ja besonders gern und besonders oft im Fernsehen vertreten hat, schon damals in der Woche danach widerlegt worden, von mehreren Gutachten, aber auch in einer Fernsehsendung „Zur Sache“, wo verschiedenste hochrangige Experten, die sich da wirklich auskennen und von denen meines Wissens keiner der Sozialdemokratie nahegestanden ist, auch festgestellt haben, dass es keine Spekulation hier gegeben hat. Es hat keine Spekulation gegeben, und es ist diese Untersuchungskommission jetzt die Möglichkeit, dass wir wirklich vor dieser Verwaltungsbehörde eine echte Aufklärung herbeiführen. Und das ist gut so, darüber freuen wir uns. (Beifall bei SPÖ und NEOS.)
Was die Geschäftsordnung der Untersuchungskommission nicht hergibt, ist, dass der Titel von den Einbringern so gewählt wird, dass dieser auch schon sehr irreführend ist oder schon ein Ergebnis vorwegnimmt, das nach meinem Dafürhalten nicht eintreten wird. Also hier im Titel schon von einem Skandal zu sprechen, ist nicht sehr seriös, aber wie gesagt, das gibt die Geschäftsordnung her, und damit können wir auch leben.
Wo ich mit dem Klubobmann Wölbitsch übereinstimme, ist, wenn er gesagt hat, dass die bisherigen Untersuchungskommissionen gute Arbeit geleistet haben. Wir haben aus jeder Untersuchungskommission gute Schlüsse gezogen und Verbesserungen herbeigeführt.
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