Gemeinderat, 30. Sitzung vom 24.11.2022, Wörtliches Protokoll - Seite 41 von 109
Vorsitzende GRin Dipl.-Ing. Elisabeth Olischar, BSc: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist GR Mag. Konrad. Bitte.
GR Mag. (FH) Jörg Konrad (NEOS): Sehr geehrte Frau Vorsitzende! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen!
Morgen, am 25. November, ist der Internationale Tag gegen Gewalt an Frauen. Traditionell begehen wir in den Tagen darauf „16 Tage gegen Gewalt an Frauen und Mädchen“ als eine gemeinsame internationale Kampagne, die jedes Jahr vom 25. November bis zum 10. Dezember, also dem Tag der Menschenrechte, stattfindet, um auf das Recht auf ein gewaltfreies Leben aufmerksam zu machen. Leider haben uns auch die letzten Jahre in Österreich vor Augen geführt, dass das Problem Gewalt in Nahbeziehungen an Frauen nach wie vor ein dramatisches Ausmaß hat. An die 30 Frauen sind in den letzten beiden Jahren jeweils in Österreich durch männliche Gewalt gestorben, eine Bilanz, die einen fassungslos zurück lässt. Das dürfen wir als Gesellschaft nicht hinnehmen und da dürfen wir auch als Politik nicht tatenlos zusehen. (Beifall bei NEOS, SPÖ und GRÜNEN.)
Ich bedanke mich daher sehr herzlich bei meiner Kollegin Dolores Bakos, die mit ihrer Initiative für den heutigen Resolutionsantrag zum Thema Femizide gemeinsam mit Kolleginnen und Kollegen hier einen Antrag stellt, dieses Thema auch statistisch zu erfassen und dem auch in der Kriminalstatistik näherzutreten.
Wir haben als Fortschrittskoalition unsere Anstrengungen im Gewaltschutz und in der Präventionsarbeit in Wien intensiviert, im letzten Jahr ein Gewaltschutzpaket in der Höhe von 10 Millionen EUR vorgestellt. Ich möchte als Mann hier in aller Deutlichkeit an der Stelle auch darauf hinweisen, dass es kein Thema ist, das alleine von Frauen und Frauenorganisationen gelöst werden kann, sondern dass Gewalt an Frauen eine gesamtgesellschaftliche Herausforderung ist. Da braucht es gerade auch uns Männer, die entschieden dagegenhalten. (Beifall bei NEOS, SPÖ, ÖVP und GRÜNEN.)
Der Ausbau von Frauenhäusern ist wichtig, um Frauen zu schützen. Frauenorganisationen sind wichtig, um die Opfer zu begleiten, zu betreuen und zu unterstützen. Genauso entscheidend ist es aber auch, Präventionsmaßnahmen zu setzen und insgesamt an einem anderen Männerrollenbild zu arbeiten. Daher haben wir in Wien auch die Mittel für die Täterarbeit und die Präventionsarbeit mit Männern durch die Männerberatung Wien verdreifacht. Ziel in dieser Arbeit ist es, Männer dahin gehend zu ermutigen, sich mit ihren Problemen, ihren Unsicherheiten auseinanderzusetzen, sich Hilfe zu holen und sich damit gegen den Weg der Gewalt zu entscheiden. Gewaltschutz ist dann am effektivsten, wenn Präventionsarbeit ihre Wirkung zeigt.
Mit dem White Ribbon, das wir heute tragen, wollen wir als Männer, die sich unserer Verantwortung bewusst sind, unsere Haltung unterstreichen und alle Männer dazu aufrufen, keine Gewalt gegen Frauen auszuüben, um unsere Haltung Stopp der Männergewalt auch öffentlich zu zeigen. Es ist bestimmt noch ein langer Weg, bis wir in unserer Gesellschaft ein durchgängig gewaltfreies Männer- und Männlichkeitsbild verwirklicht haben und wirklich zu einer fairen Geschlechterdemokratie kommen werden, aber es gibt dazu keine Alternative. Es ist alles daran zu setzen, dieses Ziel zu erreichen. Das zeigt uns eben auch die Bilanz der letzten Jahre. Arbeiten wir also gemeinsam über Partei-, über Geschlechtergrenzen daran weiter. Vielen Dank. (Beifall bei NEOS, SPÖ und GRÜNEN.)
Vorsitzende GRin Dipl.-Ing. Elisabeth Olischar, BSc: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist GR Ellensohn. Sie sind am Wort.
GR David Ellensohn (GRÜNE): Frau Vorsitzende! Meine Damen und Herren!
Gewalt ist an und für sich ein hartes Thema, Femizide, Morde noch ein viel schwereres Thema. Ich habe mich heute wirklich bemüht, ich hatte das Ziel, allen zuzuhören. Das habe ich auch gemacht. An diesen Schulterschluss von allen glaube ich in der Politik selten, aber die Hoffnung hatte ich schon, weil alle Fraktionen - nicht heute - hier auch schon Schlaues zu dem Thema gesagt haben.
Heute hat es leider wieder klassisch ausgeschaut, wie in ein paar Politikfeldern. Heute waren Rot-Grün-NEOS auf einer Seite, und leider zwei Fraktionen zumindest nicht auf der gleichen Seite, sagen wir es einmal ganz vorsichtig so. Wenn man versucht, diese Gewalt auf einen einzigen Punkt runterzubrechen und ausschließlich über Herkunft redet, dann ist man einfach an der Sache nicht interessiert, weil das nicht hilft. (GR Ing. Udo Guggenbichler, MSc: Dann blenden Sie 50 Prozent der Femizide aus! Sie sind auf einem Auge blind!)
Jetzt sage ich ein paar kurze Sachen, damit ich das zuerst habe. Die Bundesregierung macht nichts, sagt die FPÖ. Das kommt, weil die FPÖ die Sachen nicht liest. Ich sage nur ganz kurz: Gewaltschutzbudget von 10 auf 24 Millionen EUR verdoppelt, Hass im Netz, neue Gesetze, „Mann spricht‘s an!“ - das würde eher die Männer hier herinnen betreffen -, „Stadtteile ohne Partnergewalt“, in Wien auch schon neun Bezirke dabei, vielleicht irgendwann alle, und ein paar andere Punkte. Die Stadt Wien macht auch viel.
Jetzt gibt es ganz, ganz viele, denen das Thema wichtig ist. Warum ist es wichtig? Jetzt könnte man sich die ganzen Zahlen ja richtig durchlesen, von mir aus auch die Herkunft und alles andere mitberücksichtigen. Von der Herkunft her können Sie von mir aus von Tschetschenen reden, das sind dann vier Fälle in ganz Österreich. Das könnte man wahrscheinlich mit dem Burgenland vergleichen, aber einzelne Bundesländer sind nicht aufgelistet. Jetzt aber vor allem: Wer ist es? Nicht, wo ist der Mensch geboren und von wo ist er zugewandert, sondern: Wer übt Gewalt gegen Frauen aus? Wer ist das? Der wildfremde Mensch, der in der U-Bahn sitzt und wartet, oder jemand anders? Ehemann: 30 Prozent. Jede 3. Frau, die Gewalt ausgesetzt ist, hat als Vis à vis als Täter ihren eigenen Ehemann. Viel näher verwandt geht es nicht. Dann der Lebensgefährte, die nächsten 13 Prozent. (GR Dr. Markus Wölbitsch-Milan, MIM: Das ist ja kein Widerspruch!) Der Freund, der Ex-Ehemann, der Ex-Lebensgefährte, der Ex-Freund, der Vater, der Schwiegervater, der Stiefvater, der Sohn, der Bruder, sonstige Familienangehörige
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