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Gemeinderat, 29. Sitzung vom 18.10.2022, Wörtliches Protokoll  -  Seite 79 von 103

 

Geld in diese Rayons gesteckt. Das finde ich gut, aber das, was bisher war, war etwas ganz anderes.

 

Das, was bisher war, war in Wahrheit, wenn man so will, ein linkes Projekt, ein selbstorganisiertes Projekt. Das sind UnternehmerInnen aus einer Einkaufsstraße, ich nehme jetzt die Prager Straße her, da ist der Herr Müller zu Frau Moserin ins Nachbargeschäft gegangen und hat gesagt: Weißt was, ich habe eine Idee, wie wir mehr Umsatz machen könnten. Wir sammeln, gehen von Tür zu Tür, von Geschäft zu Geschäft, versuchen, die Leute einzubinden in unserem Grätzl, in unserem Rayon, in unserer Straße, wir machen das selbstorganisiert - und das ist jetzt der Unterschied zu den jetzigen Sachen -, selbstorganisiert setzen wir uns zusammen, wir schauen, damit wir alle ins Boot holen. Wir gehen von Geschäft zu Geschäft, setzen uns zusammen in ein Hinterzimmer von einem Gasthaus, diskutieren, wie es derzeit ausschaut in unserem Grätzl, und überlegen uns selber Vorschläge, wie man das besser und effizienter machen kann. Wir überlegen uns, welche Kampagnen wir in diesem Grätzl machen können. Wir überlegen uns, ob wir vielleicht eine Zeitung machen, und wir überlegen uns vielleicht, ob wir irgendwelche Feste in diesem Grätzl machen können. - Ja, und da gibt es einmal ein „Fang den Osterhasen und suche die Ostereier“-Grätzlfest, und die andere Einkaufsstraße macht halt ein anderes Fest.

 

Diese Dinge, die bisher passiert sind, funktionieren selbstorganisiert, nämlich nicht top-down, sondern bottom-up, das heißt, die UnternehmerInnen setzen sich zusammen, gründen einen Verein, wählen sich selbst einen Vorstand - auch ganz wichtig -, diskutieren miteinander, stimmen ab, ob das so gescheit ist oder nicht, und machen das. Dann kommt noch was dazu, und die Kollegin hat es gesagt: Diese Aktionen, die dann geplant werden, müssen auch jetzt schon von den Geschäften zu 50 Prozent getragen werden, das heißt, die Mitglieder im Einkaufstraßenverein zahlen ein, monatlich, ein Mal im Jahr oder vor einer Aktion. Wenn man sagt, diesmal kostet diese Osterhasensuche Betrag X, sie zahlen ein und bekommen dann nur maximal 50 Prozent gefördert. 50 Prozent müssen sie selbst aufstellen.

 

Das heißt, diese eine Geschichte, selbst organisiert, gegen die andere Geschichte, die jetzt von oben kommt, eine neue Förderung. Deswegen noch einmal meine Bitte: Sehen wir es bitte nicht als Entweder-oder. Ich freue mich, dass wir diese Förderung für diese Rayons, für diese Quartiere bekommen, super, super, aber das andere ist eine zusätzliche Geschichte, eine ganz eine andere Geschichte, selbstorganisiert von den UnternehmerInnen, eigene Ideen, und sie müssen sich nicht berieseln lassen, wie bei top-down. Ihr wisst, was passiert: Wenn ich von oben einen Vorschlag bekomme, dann habe ich nicht so diese Möglichkeit mitzudiskutieren, als wenn ich diese Idee in diesem Grätzl selbst erarbeite. Deswegen abschließend meine Bitte: kein Entweder-oder, ein Sowohl-als-auch. Ja, super, dass es die Förderung gibt. Sie haben es zu Recht gesagt, es ist nicht viel Geld, wir reden da von einer knappen Million, und was die Wirtschaftsagentur betrifft, zirka 500.000 EUR. Wir reden von 500.000 EUR Förderung, die bisher von der Stadt Wien ausbezahlt worden ist, die jetzt halt gestrichen wird und die diese Aufregung auslöst. Bitte schauen wir, ob wir diese 500.000 EUR nicht irgendwo herkriegen, schauen wir vielleicht, dass diese Vereine auch weiterhin selbstorganisierte Festln machen können, dass wir diesen kleinen Rahmen doch irgendwie unterstützen können. - Danke noch einmal. (Beifall bei den GRÜNEN.)

 

Vorsitzende GRin Gabriele Mörk: Als Nächste ist Frau GRin Weninger zu Wort gemeldet. Ich erteile es ihr. Bitte, Frau Gemeinderätin.

 

17.44.34

GRin Katharina Weninger, BA (SPÖ)|: Frau Vorsitzende! Sehr geehrter Herr Stadtrat! Sehr geehrte Damen und Herren!

 

Ich weiß, dass Neues oft zu Irritation führt. Wenn man was Neues ausprobiert, weiß man halt nicht gleich, ob das so funktioniert, wie man sich das vorstellt, aber man geht natürlich davon aus, sonst würde man das Neue nicht ausprobieren. In Zeiten der Unsicherheit, also so, wie auch jetzt, verstärkt sich das Ganze natürlich noch einmal. Man hält noch stärker an alten und gewohnten Dingen fest, das ist auch ganz klar, weil sie einem Stabilität geben. Aber oft ist es gerade in diesen Zeiten wichtig, vielleicht sogar notwendig, altbewährte Dinge ein Stück weit zu überdenken und neue an die Zeit angepasste Sachen auszuprobieren. Besonders, wenn man merkt, dass die alten Sachen einfach nicht mehr so funktionieren, wie man es vielleicht gerne hätte. Kollege Arsenovic, du hast es ja wirklich richtig ausformuliert, was für tolle Sachen teilweise durch diese Vereine gefördert wurden. Aber man sieht einfach, dass es auch nicht mehr flächendeckend so ist, wie es vielleicht noch vor ein paar Jahren war. Wir haben ja auch damals, als die GRÜNEN mit der SPÖ noch in der Regierung waren, genau diese Art der Grätzlförderung auch schon im Regierungsprogramm gehabt. Ich glaube, es ist wirklich sinnvoll, dass wir es jetzt auch umsetzen.

 

Corona hat kleine und mittlere Unternehmen wirklich extrem hart getroffen, besonders hart natürlich gerade die kleinen Geschäfte im Handel. Lockdown, Geschäftsentgang, Hilfeleistungen, die oft erst nach Wochen und Monaten, und manche bis heute nicht richtig geflossen sind. Die kleinen Geschäfte in den Wiener Einkaufsstraßen standen aber, und das haben wir heute ja schon gehört, schon davor unter Druck. Sich neben den Online-Riesen zu behaupten, ist unglaublich schwer heutzutage. Die Stadt Wien hat aber auch da geholfen und kleine Betriebe darin unterstützt, ihren Online-Auftritt zu verbessern, neben dem „Geschäft ums Eck“ auch einen Onlineshop als zweites Standbein aufzubauen.

 

Das ist das Ziel. Aber sind wir uns ehrlich, das kleine Buchgeschäft wird wahrscheinlich nie dieselbe Reichweite und Click-Rate und damit dasselbe Ranking in den Suchmaschinen generieren wie die allseits bekannten digitalen Großkonzerne. Der Trend zum Onlineshopping hat dazu geführt, dass leider die Einkaufsstraßen im Leben der Wienerinnen und Wiener immer weniger Bedeutung bekommen haben, vor allem, und das ist der springende Punkt, wenn es um das reine Einkaufen geht.

 

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