Gemeinderat, 24. Sitzung vom 22.06.2022, Wörtliches Protokoll - Seite 97 von 126
Schauen wir uns hingegen die Antiteuerungsmaßnahmen in Wien an. Wo sind hier die strukturellen Maßnahmen? Die Wiener Energiekostenpauschale - eine Einmalzahlung, der Wiener Energiebonus - eine Einmalzahlung. Einzig die Wiener Energieunterstützung ist eine Einmalunterstützung, die in Fällen, wo es um Gerätetausch oder andere Effizienzmaßnahmen geht, Energiekosten nachhaltig senken kann, entwickelt übrigens gemeinsam mit den GRÜNEN. Neue nachhaltige Maßnahmen für die Bevölkerung: Fehlanzeige. (GR Dipl.-Ing. Dr. Stefan Gara: Was ist mit den Energiekosten auf Bundesebene?)
Die Gaspreise, die Fernwärmepreise werden auch nächstes Jahr hoch bleiben, und Ihre Einmalzahlungen sind dann verpufft. Vor diesem Hintergrund ist es, sehr geehrte Damen und Herren, schon witzlos, dass gerade Sie der Bundesregierung vorwerfen, keine nachhaltigen Maßnahmen zu setzen. Die Abschaffung der kalten Progression (GR Dipl.-Ing. Dr. Stefan Gara: Endlich!), die automatische Anpassung der Sozial- und Familienleistung an die Inflation, sind nachhaltige Maßnahmen, aber aus Ihrer Sicht fährt der Vordermann eben fast immer miserabel. Zum Glück denken Sie fast nie an die eigene Verantwortung.
Kommen wir zum dritten Kritikpunkt, dass die Maßnahmen nicht treffsicher seien. Vor etwa einem Monat waren es SPÖ und NEOS, die die Bundesregierung aufgefordert haben, die gesamte kalte Progression automatisch auf alle Steuerstufen umzulegen. Sie können sich vielleicht an meine Kritik an diesem Antrag erinnern. Was macht die Bundesregierung? Sie hat ein System vorgelegt, mit dem die gesamten Mehreinnahmen durch die kalte Progression an die ArbeitnehmerInnen zurückverteilt werden, die gesamten Mehreinnahmen im System der Lohn- und Einkommenssteuer.
Zwei Drittel werden automatisch zurückverteilt, Ausnahme sind die Einkommensteile über einer Million, also die höchste Progressionsstufe, die hätten Sie in Ihrem Antrag auch drinnen gehabt. Das übrige Drittel muss ebenfalls an die ArbeitnehmerInnen zurückverteilt werden, die Rückverteilung dieses Drittels kann so passieren, dass niedrigere Einkommen mehr davon haben, zum Beispiel, indem die Negativsteuer stärker erhöht wird, oder indem man untere Tarifstufen stärker berücksichtigt.
Bei den unteren und mittleren Einkommen wird das regelmäßig zu einer Überkompensation der kalten Progression führen. Das zeigen die Erfahrungen aus Deutschland mit einem ähnlichen Modell. Zudem werden in unserem Modell auch jene Gruppen in die Abschaffung der kalten Progression einbezogen, die weniger oder gar keine Einkommenssteuer zahlen, anders übrigens als im Modell, das SPÖ und ÖVP 2016 verhandelt haben. Es wird nämlich auch die Negativsteuer jährlich an die Inflation angepasst.
Das Modell, das jetzt zur Umsetzung kommt, belässt also 100 Prozent der Mehreinnahmen durch die kalte Progression bei den ArbeitnehmerInnen, und es schafft die große Steuerreform ab, bei der diese Mehreinnahmen großzügig alle drei, vier Jahre zurückverteilt wurden. Gleichzeitig ist das Modell der Bundesregierung im Gegensatz zum Modell der Wiener Regierungsfraktionen wesentlich gerechter. Das Modell, das Sie gefordert haben, hat die volle automatische Rückverteilung auch an die obersten Progressionsstufen vorgesehen. Das würde deutlich nach oben verteilen.
Die Abschaffung der kalten Progression ist eine langjährige Forderung aller Fraktionen in diesem Haus und auch im Parlament, aber auch eine Forderung der Gewerkschaften. Wir setzen jetzt ein kluges Modell um, und darüber kann man sich auch einfach einmal freuen. Das ist eine große Reform und ich bin der Bundesregierung dankbar, dass sie nicht das deutlich weniger hilfreiche Modell von SPÖ und NEOS hier im Haus umsetzt, sondern ein Modell, das wesentlich gerechter ist. (Beifall bei den GRÜNEN.)
Sowohl im Bereich der Einmalzahlungen als auch im Bereich der strukturellen Maßnahmen haben wir in der Bundesregierung besonders Bedacht auf soziale Treffsicherheit gelegt. Die Bundesregierung hat aber nicht nur Maßnahmen vorgelegt, die besonders vulnerable Gruppen unterstützt, zum Beispiel der Teuerungsausgleich von insgesamt 600 EUR, sondern die Bundesregierung hat auch Maßnahmen vorgelegt, die untere und mittlerer Einkommen entlasten, weil das in dieser Phase auch wichtig ist, zum Beispiel den Klimabonus von 250 EUR, den Antiteuerungsbonus von 250 EUR, den Energiekostenausgleich von 150 EUR (GR Dipl.-Ing. Dr. Stefan Gara: Der gilt für alle! Nicht sozial treffsicher!), die zusätzliche Familienbeihilfe von 180 EUR, die Erhöhung des Kindermehrbetrages auf 550 EUR, die Entlastung um 100 EUR Ökostromabgabe.
Bei den hohen Einkommen wird die Höhe des Antiteuerungsbonus durch Steuerpflichtigkeit eingeschliffen. Der Energiekostenausgleich darf nur bis zu einer bestimmten Einkommensgrenze beantragt werden. (GR Dipl.-Ing. Dr. Stefan Gara: Ja, nicht sozial treffsicher! Man schmeißt wahnsinnig viel Geld raus!) Die Pauschalbeträge helfen den unteren Einkommen deutlich stärker als irgendwelche Steuerstufenanpassungen, wo dann die obersten am meisten profitieren. (GR Dipl.-Ing. Dr. Stefan Gara: Wie mit dem Pendlerpauschale!) Das ist das, was früher gemacht worden ist. Das hilft deutlich mehr. (Beifall bei den GRÜNEN.)
Unerwähnt bleibt bei der Kritik an der Treffsicherheit der strukturellen Maßnahmen der Bundesregierung fast immer die automatische Inflationsanpassung der Sozial- und Familienleistungen. Auch hier profitieren Menschen mit niedrigen Einkommen natürlich überdurchschnittlich. Kurzfristige Unterstützungsleistungen und strukturelle Reformen, all diese Maßnahmen helfen den niedrigen und mittleren Einkommen besonders stark. (Weitere Zwischenrufe des GR Dipl.-Ing. Dr. Stefan Gara.)
Vorsitzende GRin Dipl.-Ing. Elisabeth Olischar, BSc (unterbrechend): Entschuldigung, Herr Gemeinderat, ich muss Sie kurz unterbrechen. Der Geräuschpegel im Saal ist mittlerweile wirklich unerträglich. Ich würde bitten, wenn Sie unaufschiebbare Gespräche haben, dies bitte hinter die Reihen zu verlegen und dem Herrn Gemeinderat in seinen Ausführungen zu lauschen. Danke. - Sie
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