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Gemeinderat, 23. Sitzung vom 24.05.2022, Wörtliches Protokoll  -  Seite 41 von 111

 

GRin Mag. Dolores Bakos, BA (NEOS)|: Frau Vorsitzende! Werter Herr Berichterstatter! Werte Kolleginnen und Kollegen!

 

Ja, es ist ein ganz wichtiges Poststück, das wir heute hier beschließen. Sie kennen vielleicht die weiße Schleife oder, wie es wahrscheinlich besser bekannt ist, das White Ribbon, nämlich als Zeichen und Symbol für eine der größten Bewegungen von Männern, nämlich von Männern weltweit, die sich vor allem für Gewaltfreiheit in Partnerschaften einsetzen und sich für neue, für gesunde, für positive Männerbilder und Rollenverständnisse engagieren. Das halte ich für ganz, ganz wichtig, vor allen Dingen auch als Frauensprecherin. Deswegen war es mir auch sehr wichtig, mich dazu zu Wort zu melden.

 

Gewaltfreiheit geht jeden und jede etwas an, und White Ribbon ist eine Kampagne, die Männer dafür gewinnen will, Teil der Lösung und nicht Teil des Problems zu sein. Die Eindämmung, die Verhinderung von Gewalt gegen Frauen oder besser gesagt, wie es ja richtigerweise heißen sollte, Männergewalt, sollte unsere größte gesellschaftliche Priorität genießen.

 

Ich möchte nur daran erinnern, jede fünfte Frau in Österreich ist von Männergewalt betroffen, in welcher Form auch immer. Ich möchte auch daran erinnern, dass die Zahl der Femizide in diesem Land leider eine sehr hohe ist und auch bereits in diesem Jahr elf Frauen ermordet wurden.

 

Es gibt leider Männer, die auf Grund vorherrschender toxischer Rollenverständnisse, Rollenbilder, Männerbilder und der Vorstellung, wie ein vermeintlich echter oder richtiger Mann zu sein hat, fälschlich auch gelernt haben, Wut oder Unsicherheit durch Gewalt auszudrücken. Es ist in solchen Männerbildern etwa der Fall, dass es zum Beispiel schwach ist - unter Anführungszeichen -, Gefühle zu zeigen, Ängste oder Sorgen mitzuteilen. Warum ich das so genau erkläre, ist, weil eben gerade das Männergewalt bedingt. Es sind Probleme oder Konflikte wie zum Beispiel Trennungen, die mit Gewalt ausgelebt werden und denen so begegnet wird. Auch hier möchte ich daran erinnern: Die gefährlichste Phase im Leben einer Frau ist stets eine Phase der Trennung von einem Partner.

 

Es gibt eben leider Männer, die glauben, dass Gewalt gegen andere, vor allem gegen Frauen, ein legitimer, ein normal gangbarer Weg ist, seinem Willen Ausdruck zu verleihen, Macht und Kontrolle auszuüben, Besitzansprüche zu stellen. Ich erwähne das, weil ich es für ganz wichtig halte, Kampagnen wie White Ribbon zu unterstützen, wie wir es heute tun. Das sind Kampagnen, die gerade so etwas aufbrechen wollen, thematisieren wollen und sensibilisieren wollen.

 

Toxische Männlichkeit in diesem Kontext stets zu thematisieren - und das tut White Ribbon -, ist wichtig, weil bei Männergewalt toxische Männlichkeit eben teilweise nicht thematisiert wird. Was ganz oft vielmehr gemacht wird, ist eine Täter-Opfer-Umkehr. Sie kennen es vielleicht, wenn etwa eine Frau vergewaltigt wird und die erste Frage, die gestellt wird, ist: Was hat denn die Frau angehabt? Hat sie etwa einen Minirock angehabt oder eine andere - unter Anführungszeichen - aufreizende Kleidung? Das ist genau das, was ich meine, wenn eben nicht die toxische Männlichkeit und dadurch bedingte Männergewalt thematisiert werden, sondern vielmehr die Frau als Erklärung herhalten muss, der Frau Verantwortung zugeschoben werden muss. Das halte ich für grundlegend falsch, und es sind eben Kampagnen wie White Ribbon, die sich genau gegen so etwas stellen, und zwar gemeinsam mit vielen, vielen Männern, die mit der weißen Schleife ein Zeichen setzen und dagegen aufstehen. (Beifall bei NEOS und SPÖ.)

 

Denn am Ende - und das möchte ich auch nicht unerwähnt lassen - sind auch Männer von toxischer Männlichkeit betroffen. Auch Männer sind ganz oft nicht damit einverstanden, welche Rolle sie vermeintlich zu erfüllen haben. Hier neue Bilder zu schaffen, wie es White Ribbon macht, ist zwar eine langwierige Aufgabe, aber es ist stets eine, von der wir alle in unserer Gesellschaft profitieren, und zwar wirklich alle. White Ribbon trägt einen ganz großen und wichtigen Teil dazu bei, und ich möchte hier auch die Bühne nutzen, um ein großes, goßes Dankeschön an alle auszusprechen, die diese Kampagne mittragen und hier aufstehen. Vielen Dank. (Beifall bei NEOS und SPÖ.)

 

Vorsitzende GRin Dipl.-Ing. Elisabeth Olischar, BSc: Als nächste Rednerin zu Wort gemeldet ist Frau GRin Mag. Aslan. Bitte, Sie sind am Wort.

 

12.59.05

GRin Mag. Aygül Berivan Aslan (GRÜNE)|: Frau Vorsitzende!

 

Es ist immer interessant: Wenn Kolleginnen über Männergewalt reden, dann ist es sehr bemerkenswert, dass die meisten Männer gar nicht zuhören. Ich hoffe, dass es besser wird. (Zwischenruf.) Jetzt mache ich weiter mit meiner Rede. (Zwischenruf.) Die Botschaft wird ihre Adressaten finden, sage ich. Danke sehr.

 

Ich will meine Rede mit einer meiner Lieblingszitate von Jean-Paul Sartre beginnen, und zwar sagte er: „Die Gewalt lebt davon, dass sie von Anständigen nicht für möglich gehalten wird.“

 

Es reicht nicht, zu sagen, ich bin kein gewalttätiger Mann, während im Nachbarhaus eine Frau geprügelt oder auch misshandelt wird. Es reicht nicht aus, zu sagen, dass man Gewalt ablehnt oder dass man selber nicht gewalttätig ist. Nicht zu intervenieren, sobald es einen selbst nicht betrifft, ist meines Erachtens grobe Verantwortungslosigkeit. Die Gewalt lebt davon, dass sie ständig von manchen patriarchalen Köpfen ignoriert wird. Die Gewalt lebt davon, dass sie ständig von manchen Medien relativiert wird. Die Gewalt lebt davon, dass sie von manchen politischen Köpfen ignoriert wird. Und irgendwann normalisiert sich diese Gewalt, irgendwann normalisieren sich gewalttätige Zustände, und die Normalisierung dieser gewalttägigen Zustände ist meines Erachtens viel gefährlicher als die Tat selber.

 

Das Zitat von Sartre kann man natürlich auf viele verschiedene Ebenen herunterbrechen, etwa auf strukturelle Gewalt, auf Männergewalt, aber auch auf Gewalt gegen die Menschenwürde und Menschenrechte. - Bleiben wir beim Stichwort Menschenrechte und Menschenwürde: Diese Gewalt lebt davon, dass Friedenspolitik und Menschenrechtspolitik bewusst aus der Tagesordnung wegradiert werden. Diese Gewalt lebt davon, dass

 

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