Gemeinderat, 20. Sitzung vom 23.02.2022, Wörtliches Protokoll - Seite 117 von 128
Außerdem natürlich grüne Welle und noch mehr Investitionen in den Individualverkehr. - Nein, die Zweckwidmung des Parkpickerls und der Kurzparkscheine ist schon dort richtig, wo sie hingehört, in den Umweltverbund. Öffentlicher Verkehr, Radverkehr - da sind wir uns total einig.
Jetzt komme ich zu den Punkten, bei denen wir uns in der Kritik nicht so einig sind mit der Stadtregierung: Zonenmodell, ja, aber Sie wollen eines, das mehr Verkehr bringt, wir wollen eines, das weniger Verkehr bringt. (Zwischenruf.) - Ja, lassen wir das.
Jetzt haben wir ein Modell, das so in der Mitte ist. Wir haben ein Modell, das vor dem EU-Beitritt Wiens für die Innere Stadt erdacht wurde. Und dieses Modell weiten Sie jetzt - ich habe es heute schon gesagt - auf die Donaustadt aus, die so groß ist wie Linz und so viele EinwohnerInnen wie Linz hat. Ihre eigenen Expertinnen und Experten sagen, das fördert den Binnenverkehr. (Zwischenruf.) Wir werden - und ich hoffe, Sie auch - zu einem klimafreundlichen Modell kommen, zu einem Zonenmodell - ich bin da durchaus bei Kollegen Juraczka -, wo man durchaus die Frage stellen kann, ob das jetzige Modell überhaupt der StVO entspricht. Dort wird nämlich von dem Parkpickerl in der Nähe vom Wohnort gesprochen. Ja, wir bekennen uns auch dazu. In der Nähe des Wohnortes, wenn man keine eigene Garage hat, soll es auch diese Ausnahme geben. Aber wo beginnt denn und wo hört denn die Nähe des Wohnortes auf?
Ich habe es Ihnen schon gesagt, ich wohne in Penzing. Das ist ein sehr langer Bezirk, da geht das Parkpickerl von Hadersdorf bis zum Gürtel, 9 km. Ich kann mit meinem Auto aus Hadersdorf (Zwischenruf.) - oder mit einem anderen Auto, ist ja vollkommen wurscht. (Zwischenrufe.) Die Penzingerinnen und Penzinger, die Hadersdorfer können dort vor der Haustüre der Menschen am Gürtel stehen. Und das hat ja wirklich mit einer Wohnortnähe schon überhaupt nichts zu tun. Von der Donaustadt brauche ich, glaube ich, gar nicht zu reden, wenn man da von Wohnortnähe redet. Da ist also dringend Nachholbedarf gegeben. Man wird es sehen. Ich hoffe, Sie werden dann die Studien, die das evaluieren, auch veröffentlichen. Leider ist das ja bei dieser Stadtregierung nicht so selbstverständlich.
Was ist aber unsere Hauptkritik in dem jetzigen Punkt? Ja, natürlich, ein klimafreundliches Parkmodell wird es brauchen. Ich glaube, wir werden es auch sehen, ich hoffe es. Der wichtigste Punkt aber: Ich befürchte und wir befürchten, Sie stolpern vollkommen unvorbereitet in diese Parkraumbewirtschaftungsausweitung. Wir haben letztes Jahr vor dem Sommer schon den Antrag gestellt, es braucht eine Umnutzung des öffentlichen Raumes. Es gibt unterschiedliche Berechnungen, wie schon gesagt, aber die Größenordnung ist, 70.000 Parkplätze werden frei. Was passiert mit diesen 70.000 Parkplätzen? Das sind 100 Fußballfelder, das böte Platz für 10.000 Bäume. Das wäre Ihr Ziel oder zum Beispiel auch Ziel von „Platz für Wien“, 1.500 pro Jahr. Es ist also wirklich, wirklich viel. Das wären 100 km Radwege in der Breite von 3 m, also ein wirklich schöner Radweg. Den könnte man auf dieser Fläche von Wien bis über den Semmering nach Mürzzuschlag bauen - nur um die Dimension ein bisschen klar zu machen. 290 km Gehsteige 1 m zu verbreitern, also von hier bis Lienz in Osttirol, oder Platz für 290.000 Bankerl. Jetzt kommt es nur darauf an, Corona-mäßig darf nur eine Person darauf sitzen, aber normalerweise können vier Leute darauf sitzen. Also ungefähr Sitzplätze auf Bankerln für 1,2 Millionen Wienerinnen und Wiener.
Jetzt frage ich mich: Wo sind Ihre großen Umbaupläne? Die Bezirke können sich das mit ihren knappen Budgets nicht leisten. Wir haben ein eigenes Sonderbudget gefordert. Das gibt es nicht, Sie haben auch kein eigenes gemacht. Jetzt frage ich mich, was passieren wird.
Wir haben es bei den vergangenen Parkpickerlausweitungen gesehen. Jetzt stehen viele Leute dort, wo viele Pendler sind, in den Garagen. Es werden am 1. März, 2. März, 3. März die Straßen leer sein. Das ist gut, denn diesen Platz wollen wir - und das haben Sie ja auch proklamiert - umnutzen. Wenn man das aber nicht schnell macht, dann werden die Leute aus den Garagen flüchten, der Platz an der Oberfläche wird wieder voll sein. Und was wird nach wenigen Monaten passieren? - Die Bauträger werden die Garagen an Pendler vermieten, und wir haben wenig gewonnen. Das gilt es zu verhindern.
Ich fordere Sie dringend auf, wir fordern Sie dringend auf und wir haben dutzende, zig Anträge in den Bezirken gestellt: Geben Sie Gas bei der Umgestaltung des öffentlichen Raumes. Nutzen wir gemeinsam diesen Raum, der jetzt nicht mehr den Pendlerinnen und Pendlern, sondern in Zukunft hoffentlich den Wienerinnen und Wienern zur Verfügung steht. Nutzen wir ihn so, dass er auch den Klimazielen entspricht. Sie haben es selber gesagt: in acht Jahren, drei Viertel der Bevölkerung kein Auto. Das heißt: Radwege, Gehwege, Aufenthaltsflächen, Grünräume. Das ist unser Appell. Da werden wir sicher nicht locker lassen. Umgekehrt werden wir Sie aber auch bei jeder Umgestaltung unterstützen. Ich hoffe, dass wir diese Chance nicht an uns vorüberziehen lassen. Danke für die Aufmerksamkeit.
Vorsitzende GRin Gabriele Mörk: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr GR Ing. Holawatsch, und ich erteile es ihm. Bitte, Herr Gemeinderat.
GR Ing. Erol Holawatsch, MSc (ÖVP): Sehr geehrte Frau Stadträtin! Frau Vorsitzende! Liebe Kolleginnen und Kollegen!
Bevor ich in meine Rede eingehe, möchte ich nur kurz ein bisschen auf Kollegin Sequenz replizieren. Ich würde mich freuen, wenn wir eine öffentliche Diskussion in den Schulen starten und einmal diskutieren, ob das Parkpickerl für die Lehrerinnen und Lehrer notwendig ist. Ich befürchte nur - und verzeihen Sie mir den Ausdruck -, man würde Sie mit nassen Fetzen davonjagen.
Das Thema Rollstuhlfahrer, ich glaube, das muss man ein bisschen sensibler artikulieren, denn ich denke, wenn wir Menschen, die bereits jetzt in ihrer Mobilität massiv eingeschränkt sind, durch Maßnahmen, was den öffentlichen Verkehr und Individualverkehr betrifft, noch
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