Gemeinderat, 19. Sitzung vom 26.01.2022, Wörtliches Protokoll - Seite 98 von 114
nutzen da nichts! Es nutzt nichts, wenn wir sagen, wir fangen erst dann an, wenn das Waldviertel uns überholt hat. Dann können wir es gleich vergessen, denn mit ihrer Struktur werden die im Waldviertel das nicht vollbringen können.
Entweder man nimmt die Thematik ernst und hat sie auf der politischen Agenda ganz oben oder eben nicht. Auch das sagt Greta Thunberg: Die Hoffnung ist kein Blablabla, Hoffnung ist nicht passiv, sondern Hoffnung sagt die Wahrheit und handelt. Darin besteht auch meine Hoffnung, dass gehandelt wird, damit die Ziele erreicht werden. Dafür braucht es einen Plan, dafür braucht es Zeit, dafür braucht es Maßnahmen, die man evaluieren kann.
Warum haben wir so schnell reagieren können auf die Vorstellung des Konzepts und auf die Pressekonferenz? Nachdem das etwa 45 Minuten lang vorgestellt worden ist, lauteten die ersten Fragen an den Herrn Bürgermeister: Wie geht sich das mit der Lobau-Autobahn aus, die Sie immer noch möchten? - Da war er ein bisschen unwirsch. Weitere Fragen: Wie geht sich das aus mit der Stadtautobahn? Das geht sich doch nicht aus! Was ist jetzt mit diesen Klagen? Haben Sie diese jetzt alle zurückgezogen? - Im Hinblick auf diese Fragen war der Bürgermeister halt unrund, und dann kommen solche Sätze heraus wie: Das ist ja kein Märchen!
Nun ja: Wenn er es alleine machen muss, dann wird das leider ein Märchen bleiben.
Ich möchte zum Abschluss noch etwas zu einem Antrag, der hier eingebracht wurde, sagen. Herr StR Czernohorszky hat in etwa gesagt - ich weiß die Formulierung nicht mehr genau -: Redet normal miteinander! Vor zwei Wochen haben wir hier einen Antrag eingebracht wegen eines Brandanschlags auf ein Holzhaus, in dem um 2 Uhr in der Nacht Menschen waren, die alle rausgekommen sind. Es war nicht möglich, dass die SPÖ diesem Antrag zugestimmt hat. Die SPÖ hat einen eigenen Antrag gemacht. Darin war keine Rede mehr von Menschen, sondern nur noch von einem mutmaßlichen Anschlag. Die Polizei hatte zu diesem Zeitpunkt schon ermittelt und gesagt: Das war ein Brandanschlag. Ja. Das hat man zu diesem Zeitpunkt schon gewusst. Im Antrag der Sozialdemokratie ging es aber um einen mutmaßlichen Brandanschlag auf ein Holzhaus.
Wie weit ist da der Kompass verrutscht? Das fragt man sich, wenn man schaut, worum es heute geht. - Ich zitiere jetzt einfach aus dem „Heute“: Da geht es um einen Farbanschlag auf eine Fassade im 6. Bezirk, wo sich draußen Kleckse finden. Ich weiß: Im „Österreich“ steht, dass das fast explodiert ist. Aber ganz ehrlich: Außer im „Österreich“ steht das genau nirgends! Im „Heute“ steht: „Farbanschlag auf die Olympia, die vom DÖW als rechtsextreme Organisation eingeschätzt wird.“ - Und da ist die SPÖ da!
Daher müsst ihr euch ehrlich überlegen, was mit eurem Kompass passiert ist! Wir haben vor zwei Wochen einen Antrag eingebracht, in dem steht, dass es nicht geht, dass man einen Brandanschlag auf ein Haus macht, in dem Leute sind. Ihr habt herumgetan und gesagt, dass ihr einen eigenen Antrag macht und die NEOS bei unserem Antrag - logischerweise als Koalitionspartner - auch nicht mitstimmen dürfen! Heute aber muss nur einer von der FPÖ herrennen und sagen: Bei meiner Burschenschaft haben sie einen Farbanschlag gemacht. Der Fellner schreibt sogar mehr darüber. - Dann sind alle gleich dabei!
Liebe Leute! Rund um die Stadtstraße und rund um die Lobau ist der SPÖ der Kompass komplett verrutscht! Sie tun sich mittlerweile leichter in der Zusammenarbeit mit der FPÖ wegen Straßen. Das hätte der Michael Häupl in 100 Jahren nicht gemacht. Häupl hat sogar gesagt, dass er lieber mit uns über den Verkehr streitet als mit anderen über Schulen. Damals war von all dem ja noch keine Rede. Im Übrigen ist aber natürlich jeder Anschlag auf alles sowieso ein Schaß. Wir haben gerade das Problem, dass mehrere Bezirkslokale - wie das, glaube ich, heißt - entglast werden. Dabei ist auch niemand zu Schaden gekommen, außer dass es lästig ist und Geld kostet. Das passiert zwischendurch wahrscheinlich allen Parteien hier, und das will niemand. Wenn ich mir aber ansehe, wie Sie vor zwei Wochen abgestimmt haben und wie Sie das heute gemacht haben, dann sage ich: Schämt euch!
Vorsitzende GRin Dipl.-Ing. Elisabeth Olischar, BSc: Als nächster Redner zu Wort gemeldet hat sich Herr GR Valentin. Sie sind am Wort.
GR Erich Valentin (SPÖ): Meine sehr geehrten Damen und Herren! Frau Vorsitzende! Meine Dame und mein Herr Stadtrat!
Wie wird man eigentlich damit fertig, David Ellensohn, wenn man das moralische Zentrum der Welt beziehungsweise in Mitteleuropa ist, wenn man immer ganz genau weiß, wenn sich jemand außerhalb des Kompasses und dann wieder innerhalb des Kompasses bewegt? Wie wird man mit dieser moralischen Belastung überhaupt fertig? Wie kommt man auf eine solche Idee? So wie der Papst: Der sagt auch irgendetwas vorweg, dann gibt es eine Enzyklika, und von da an hat er recht bis in alle Ewigkeit.
Das heißt: Wenn man nicht die Meinung des Herrn Ellensohn und wenn man nicht die Meinung der Grünen vertritt, dann ist der Kompass verrutscht, und zwar, weil man anscheinend bei den Grünen weiß, was wahr ist und was moralisch ist. - Ich sage Ihnen: In der Politik hat, egal, ob links oder rechts, wo auch immer, Gewalt keinen Platz, ganz egal, wo!
Und ich sage Ihnen: Ich verurteile es, wenn man bei den einen mit den Augen zwinkert und sagt, dass etwas ziviler Ungehorsam ist, während man dasselbe bei den anderen als Verbrechen bezeichnet. Recht ist nicht teilbar. Das habe ich schon einmal vor Weihnachten gesagt: Recht ist nicht teilbar. Recht und Rechtsstaatlichkeit sind auch deshalb so unangreifbar, weil nicht nach Befindlichkeiten vorgegangen wird, weil jeder Bürger, jeder Bürgerin, jeder Mensch vor dem Recht gleich sind. Das vertreten wir, meine Damen und Herren. Und ich würde Sie auch bitten, dieses merkwürdige Moralisieren und dieses merkwürdige Beurteilen, wann wir auf den Spuren Kreisky‘s wandeln und wann nicht, einzustellen! Das ist einer sinnvollen Diskussion einfach abträglich.
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