Gemeinderat, 16. Sitzung vom 30.11.2021, Wörtliches Protokoll - Seite 63 von 110
Wir hatten da auch Möglichkeiten aufgezeigt, und auch andere Städte sind Wege gegangen, um Schulen mehr offenzuhalten, als Sie es getan haben. Denkt man beispielsweise daran, dass andere Städte hunderte und tausende Luftfilteranlagen gekauft haben, um die Schulen möglichst lange offenzuhalten, dann haben wir in Wien nicht nur allgemein den Zustand, dass irrsinnig viele Schulen in einem so schlechten Zustand sind, dass es nicht einmal die rudimentärsten Hygienemaßnahmen gibt. Oftmals gibt es keine Waschbecken, wo man sich die Hände waschen kann, und es gibt viele Klassen, die marode Fenster haben, wo nicht richtig gelüftet werden kann. Aber dann, wenn wir gesagt haben, kaufen wir wenigstens jetzt in der Krise Luftfilteranlagen, hat man in Wien wenige Dutzend bestellt, obwohl wir hunderte, ja, tausende gebraucht hätten, um in den Klassen sicherzustellen, dass es erstens einmal sicher ist und dass natürlich auch der Regelunterricht immer stattfinden kann.
Die Probleme, die es natürlich bereits in den letzten Jahren und Jahrzehnten in Wien gegeben hat, dass wir die Situation haben, dass irrsinnig viele Schüler Deutsch nicht nur nicht als Muttersprache verwenden, sondern vor allem Deutsch auch nicht als Umgangssprache verwenden - und das ist ja eigentlich das wirklich Schlimme -, all diese Probleme verschärfen sich natürlich durch diese letzten eineinhalb Jahre Corona-Krise, durch diese letzten eineinhalb Jahre mit zugesperrten Schulen. All diese Probleme werden sich in Zukunft in noch viel schlechteren Bildungsergebnissen an Wiens Schulen auswirken. Da müsste man natürlich gegensteuern, allein da hört man überhaupt nichts, da ist Schweigen im Walde. Und wenn wir bereits vor dieser Corona-Krise die Situation hatten, dass irrsinnig viele Schüler die Bildungsziele nicht erreichen konnten, dass Deutsch massiv nicht als Umgangssprache verwendet wurde, dann werden sich diese Zahlen natürlich weiterhin verschlechtern. Da fehlt es mir an Konzepten, da fehlt es mir auch an einem Paket, das präsentiert wird, da fehlt es mir an budgetären Mitteln, aber vor allem auch an einem politischen Willen, dieses Problem überhaupt zu erkennen.
Wenn bereits vorher so wenige Kinder Deutsch konnten und die Kinder jetzt eineinhalb Jahre hauptsächlich zu Hause waren, dann werden Sie am Ende der 2., 3., ja vielleicht 4. Klasse Volksschule Schüler haben, die überhaupt kein Deutsch sprechen, weil bei denen kein Homeschooling angekommen ist, bei denen es auch vorher keine Verpflichtung gegeben hat. Dort lassen Sie ja auch bis heute die Eltern völlig aus der Pflicht. Anstatt dass Sie einmal den Hebel ansetzen und sagen, wir streichen überall dort Sozialleistungen, wo nicht Deutsch gesprochen wird, stellen Sie auch noch Dolmetscher an, um für Eltern zu übersetzen, die Integrationsverweigerer sind und nicht bereit sind, Deutsch zu lernen. Diese zeigen den kleinen Kindern damit schon vor: Na, völlig egal, ob ihr Deutsch lernt oder nicht, am Ende kommt eh die Rundumversorgung, wo alles für euch gemacht wird und wo alles gratis ist, wo ihr nicht Deutsch zu lernen braucht, sondern der Dolmetscher bezahlt wird. - Bis jetzt haben wir die Dolmetscher immer nur bei Gericht gebraucht, weil dort so viele Angeklagte waren, die kein Deutsch konnten. Jetzt braucht man sie auch schon in der Schule, weil die Eltern nicht mehr gewillt sind, irgendetwas für ihre Kinder zu tun und zumindest die Sprache des Landes zu lernen, in dem sie leben.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich glaube, das ist das Hauptproblem. Sie stellen nicht nur die finanziellen Rahmenbedingungen nicht zur Verfügung, um Probleme zu lösen, Sie haben auch politisch überhaupt nicht den Willen, diese Probleme zu erkennen oder beim Namen zu nennen, um sie dann auch zu lösen.
Das führt mich auch zum Integrationsbereich, zum letzten Punkt, den ich ansprechen wollte: Der Terroranschlag, der sich traurigerweise zum ersten Mal gejährt hat. Da hätte ich mir von einem Integrationsstadtrat erwartet, dass er hier den Mut hat, die Dinge auch beim Namen zu nennen und dass er nicht in dieses Geschwurbel einstimmt: Es ist etwas Schlimmes passiert und es war so tragisch. - Nein, von einem Integrationsstadtrat hätte ich mir gewünscht, dass er hier ausspricht, was Fakt ist, nämlich dass es einen islamistischen Anschlag gegeben hat. Ich hätte mir gewünscht, dass die Dinge hier auch beim Namen genannt werden und dass die Opfer auch anders gewürdigt werden als mit einem Gedenkstein, der nicht nur optisch nicht ansprechend ist, sondern im Gegenteil, dass man auch in irgendeiner anderen Art und Weise seitens der Stadt auf die Familien zugegangen wäre, wenn das schon seitens der Bundesregierung nicht passiert ist.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir können ein ähnliches Resümee wie in den vergangenen Jahren ziehen: Sowohl in der Bildungspolitik als auch in der Integrationspolitik liegt vieles im Argen. Die Corona-Monate, die Corona-Jahre verschärfen diese Probleme natürlich massiv, die Corona-Monate, die Corona-Jahre werden diese allerdings dann am Ende auch sichtbarer machen. Im Moment redet ja niemand über den Zustand in unseren Schulen, da ist man froh, wenn die Schulen nicht geschlossen sind. Im Moment redet niemand darüber, wie viele Kinder in Wien eigentlich nicht Deutsch können. Es werden nach dieser Krise noch viel mehr sein als vorher. Und Sie haben weder den Mut noch den Willen, diese Dinge beim Namen zu nennen und schon gar nicht, sie zu verändern.
Vorsitzende GRin Dr. Jennifer Kickert: Die tatsächliche Redezeit hat 10 Minuten betragen, das heißt, für den Fall, dass es noch eine kurze Wortmeldung braucht, gibt es 1 Minute Restredezeit. Als Nächste zu Wort gemeldet ist GRin Bakos. Selbstgewählte Redezeit sind 15 Minuten, die ich ihr jetzt einstelle. Ich erteile ihr das Wort.
GRin Mag. Dolores Bakos, BA (NEOS): Danke. Frau Vorsitzende! Werter Herr Stadtrat! Werte Kolleginnen und Kollegen! Werte Zuhörer und Zuhörerinnen!
Ich muss gestehen, ich habe vorhin recht laut auflachen müssen bei der Aussage oder beim Vergleich von Frau Kollegin Malle. Wenn wir NEOS so nahe an guter Bildungspolitik sind wie die GRÜNEN am Betoniererdasein, dann muss ich eigentlich nur einen Blick in die Seestadt werfen und weiß, wie nahe wir sind, nämlich - verzeihen Sie, Frau Vorsitzende, den Ausdruck - verdammt nahe.
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