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Gemeinderat, 16. Sitzung vom 30.11.2021, Wörtliches Protokoll  -  Seite 8 von 110

 

Jürgen Czernohorszky -, ist an Fadesse nicht zu überbieten.

 

Wir bringen daher einen Antrag ein, der die Wohnbaustadträtin und den Finanzstadtrat auffordert, ein Modell für eine Wiener Leerstands- und Zweitwohnsitzabgabe vorzulegen. Geben Sie sich einen Ruck und sorgen Sie dafür, dass Wien auch im 21. Jahrhundert in Sachen Wohnungspolitik vorangeht. Danke schön.

 

Vorsitzender GR Mag. Thomas Reindl: Die Redezeit war acht Minuten. Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr GR Dr. Sittler. Die selbstgewählte Redezeit ist zwölf Minuten.

 

9.37.35

GR Dr. Peter Sittler (ÖVP)|: Sehr geehrter Herr Vorsitzender! Sehr geehrte Frau Vizebürgermeisterin! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Zuschauerinnen und Zuschauer via Livestream!

 

Irgendwie habe ich ein ähnliches Gefühl wie letztes Jahr - das war meine erste Rede -, es ist ein Déjà-vu. Normalerweise mag ich Zahlen, aber was die Fortschrittskoalition hier liefert, ist nach wie vor schwer lesbar und vom Procedere für die Opposition ein Prozess ohne Nachfragen, weil auch im Werdegang dieses Budgets, auch wenn es jetzt zwei Jahre sind, so gut wie nur abgenickt werden kann.

 

Wenn man sich das im Voranschlagsentwurf anschaut, sind das jeweils mit der Einleitung im Jahr 2022 614 Seiten, im Jahr 2023 587 Seiten. Spannend - es ist auch ein Bildungsauftrag dabei: In der Einleitung ist alles mit lateinischen Zahlen durchnummeriert. Man muss es ein bisschen lernen, zum Suchen von Seiten ist es nicht unbedingt geeignet. Sie können es sich aber anschauen: Auf „www.wien.gv.at/finanzen/budget“ können Sie sich zu Hause auch ganz genau anschauen, wie so ein Budget ausschaut und was man darin wirklich lesen kann.

 

Gestern hat Kollege Stürzenbecher von der SPÖ gesagt, dass das Budget der Wohnbauförderung 770 Millionen EUR beträgt. Ich habe mich dann durch diese Zahlen durchgepickt und habe geschaut: Okay, ist das so? - Ja, das ist so, aber man kann sich schon auch die Rosinen herauspicken, weil das nur die halbe Wahrheit ist. Da kommt 2021 auch eine Rückzahlung einer Wohnbauanlage, daher sind die Ausgaben höher. Denn wenn man sich die Förderung des Wohnbaus anschaut, die Wohnbauförderung Neubau und die Förderung der Wohnungssanierung, dann sind das 2020 451 Millionen, 2021 die erwähnten 770 Millionen - das ist der Ausreißer - und 2022 wieder 452 Millionen, da hat es sich also wieder eingependelt. Es bleibt alles gleich, viel mehr wird es zumindest in dem Voranschlag nicht.

 

Auch wenn man sich im Wirtschaftsplan bei Wiener Wohnen die Investitionen in die bestehenden Wohnhäuser anschaut, dann sind das 2020 180 Millionen und 2021 183 Millionen. Ich habe jetzt noch nichts gesehen, wie das in den nächsten Jahren weitergehen wird, ob dann die vom Rechnungshof geforderte höhere Sanierungsquote erfüllt werden kann. Das schauen wir uns dann einmal an.

 

Kollege Stürzenbecher hat auch gesagt, die Wohnkosten in Wien sind deutlich günstiger als vielleicht woanders beziehungsweise im privaten Bereich. Ja, aus unserer Sicht oder auch aus meiner Sicht ist es so, es ist Aufgabe der Kommune, diesen leistbaren Wohnraum zur Verfügung zu stellen. Sie betonen ja auch immer, dass 60 Prozent der Wienerinnen und Wiener im sozialen Wohnbau leben. Ich frage mich dann aber schon, warum gerade dieses leistbare Wohnen, dieses günstige Wohnen mit einer automatischen Indexerhöhung bei den Gebühren von der roten Stadtregierung nicht weiterhin gewährleistet wird. Diese wird nicht ausgesetzt, wie wir das mehrfach gefordert haben, und so ist ein leistbares Leben in dieser Stadt auch schwieriger möglich - und das sogar im Gemeindebau.

 

Um Max Weber als deutschen Politiker und Soziologen zu zitieren: „Die Politik bedeutet ein starkes langsames Bohren von harten Brettern mit Leidenschaft und Augenmaß zugleich.“ Wie groß ist das sozialdemokratische Augenmaß? Wie sozial ist der Gemeindebau? Ich habe es auch in einer Rede im Juni schon gesagt: Bei den geförderten Mietwohnungen und Wohnungen in unserer Stadt gibt es Einkommensgrenzen, und diese Einkommensgrenzen, damit man so eine Wohnung erhalten kann, liegen bei einer Person, wenn man sich dafür bewirbt, bei netto 3.410 EUR - netto, nicht brutto. Netto - das sind 5.536 EUR brutto, im Jahr 77.500 EUR. 97 Prozent verdienen weniger, wenn man sich die Statistik anschaut. Das ist schon sehr, sehr hoch. Es geht dann bei 2 Personen weiter mit 5.080 EUR netto, und so weiter.

 

Man kann sagen, okay, der Gemeindebau soll vielen offenstehen, aber wenn man dann drüber ist, was doch auch vorkommen kann - es gibt auch diverse Studien, die belegen, dass es dort auch Leute gibt, die noch mehr verdienen -, dann wird keine Überprüfung vorgenommen. Ob das für eine Jungfamilie, die irgendwo im Gemeindebau lebt, wenn dann daneben wer wohnt, der mehr verdient, sozial gerecht ist, sei dahingestellt. Das Blöde ist nur, die wissen es ja gar nicht. Es kann nicht sein, dass mit Steuergeld finanzierte Sozialleistungen überwiegend Menschen zu Gute kommen, die nicht darauf angewiesen sind.

 

Deshalb sage ich es ganz deutlich: Besserverdienerinnen und -verdiener zu fördern, ist nicht Aufgabe der Stadt. Wir fordern und bringen daher einen Beschlussantrag ein, dass Mieterinnen und Mieter alle fünf Jahre nach Einzug und Mietvertragsunterzeichnung einen Gehaltszettel vorzeigen müssen und so überprüft werden kann, ob die eh schon extrem hohen Einkommensgrenzen überschritten werden. Wer darüber liegt, muss natürlich nicht ausziehen, denn dann kommt immer das Argument der sozialen Durchmischung - wir wollen ja nicht, dass sie ausziehen -, aber sie sollen einen Solidaritätsbeitrag leisten, der zum Beispiel für Sanierungen oder neue Gemeindebauten verwendet werden kann.

 

Weil ja auch über die Klimafrage in Bezug aufs Wohnen diskutiert wurde, drängt sich für mich auch noch eine Frage beim Budget auf. Es wurde gestern über die klimarelevanten Vorhaben 2022 debattiert. Wenn man sich das anschaut, gibt es für die Fernwärmeanschlüsse von Wohnungen in städtischen Wohnhausanlagen ein

 

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