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Gemeinderat, 16. Sitzung vom 29.11.2021, Wörtliches Protokoll  -  Seite 94 von 98

 

weil ich glaube, dass die genauso wertvoll sind für unsere demokratische Kultur wie die Kunstwerke im Volkstheater, mögen sie noch so brutal und für manche einfach nicht anzuschauen sein. Das heißt, ich danke Ihnen auch dafür.

 

Corona, und das ist ja heute schon oft besprochen worden, Corona hat unser altes Denken über Arbeit, Wirtschaft und Kunst massiv in Frage gestellt. Wir können uns noch alle erinnern beim ersten Lockdown, das war ein allgemeiner Schock. Das war ein Schock, weil plötzlich konnten viele Menschen nicht arbeiten gehen. Das heißt, für viele Menschen war es im Grunde eigentlich in Frage gestellt, ob sie ihren Alltag noch finanzieren können, ob sie ihre Miete noch zahlen können, ob sie das Essen für ihre Kinder noch bezahlen können, und so weiter, und so fort. Das heißt, es hat plötzlich keine Arbeit mehr gegeben oder besser gesagt, es hat keine Lohnarbeit mehr gegeben. Die Menschen konnten im ersten Lockdown zum überwiegenden Großteil, außer wir PolitikerInnen und das Gesundheitspersonal oder die MA 48 oder die MitarbeiterInnen der Öffis, aber alle anderen durften und konnten nicht ihrer Lohnarbeit nachgehen. Das war eine unglaublich spannende Situation, die auch sehr lehrreich war für Politik und Gesellschaft, aber auch die Wirtschaft. Und was war die Lösung? Dass man den Menschen Einkommen generiert. Dass man den Menschen Einkommen zur Verfügung stellt, wohlwissend, dass sie jetzt nicht einer Lohnarbeit nachgehen können, weil das damals einfach richtig und wichtig war. In dieser Situation, die damals war, da hat quasi die Bundesregierung zum Beispiel die Kurzarbeit entwickelt. Die Kurzarbeit ist nichts anderes, als dass die Menschen im Grunde zu Hause bleiben, ihrer Lohnarbeit nicht mehr nachgehen und dennoch ein Einkommen bekommen. Das war meiner Meinung nach absolut richtig. Genauso die Wirtschaftshilfen. Die Unternehmen waren zu. Die Unternehmen und unsere Wirtschaftstreibenden konnten ihre Produkte und Dienstleistungen nicht mehr anbieten. Aber der Politik und der Gesellschaft gemeinsam war es wichtig, dass diese Menschen dennoch überleben konnten. Und deswegen war es absolut logisch, dass auch diese Menschen weiterhin ein Einkommen bekommen, um ihren Alltag und ihre Familie quasi über den Alltag retten zu können.

 

Eine andere Institution, ein anderes Instrument hat die Kulturstadträtin in Wien implementiert, und das waren die sogenannten Arbeitsstipendien, von denen ich ab der ersten Minute absolut begeistert war. Die Arbeitsstipendien, die 2020 ins Leben gerufen worden sind, damals eigentlich als einmalige Soforthilfe, wurden, und das freut mich extrem, weiterentwickelt zu den Arbeitsstipendien 2022 und werden jetzt als dauerhafte Instrumente der Kunst- und Kulturförderung in Wien implementiert. Ich glaube, das ist ein riesengroßer Schritt, das ist eine tolle Unterstützung für die Wiener Kunst- und Kulturförderung. Es werden jährlich insgesamt, bitte, 1,5 Millionen EUR investiert. Davon werden 84 Stipendien zu je 18.000 EUR jährlich ausbezahlt werden können und zwar in den Sparten (Zwischenruf.) - ja, das ... ich glaube, da können wir alle gemeinsam klatschen - Theater, Performance, Komposition, Literatur, Dramatik, bildende Kunst, Medienkunst und Film. Das finde ich wunderbar. Dahinter steckt das Verständnis, nämlich dass Menschen in erster Linie Einkommen brauchen, um arbeiten zu können und nicht umgekehrt. Meine Damen und Herren, das ist ein Paradigmenwechsel, der von der Wiener Kulturpolitik ausgegangen ist, vielleicht noch sehr im Kleinen, aber das ist ein zartes Pflänzchen, das sicher wachsen wird und wachsen wird müssen. Wir arbeiten nämlich nicht, um Geld zu verdienen, sondern wir brauchen Geld, um zu arbeiten. Wir brauchen Einkommen, um zu arbeiten. Das ist der Paradigmenwechsel, der da passiert ist. Wahrscheinlich wird man erst in einigen Jahren überhaupt quasi fassen können, was für ein Paradigmenwechsel das war. Die Arbeitsstipendien erfüllen für die EmpfängerInnen die Funktion eines Grundeinkommens. Es ist zwar nicht bedingungslos, aber es ist sehr wohl ein Einkommen, mit dem ich als Künstler oder als Künstlerin meinem Alltag und auch meinem Beruf nachgehen kann. Das heißt, ich brauche zuerst Geld, um überhaupt künstlerisch oder anderwärtig tätig sein zu können. Das Grundeinkommen beziehungsweise diese Arbeitsstipendien, die jetzt in Zukunft an 84 Künstlerinnen und Künstler in Wien im Jahr ausbezahlt werden, nehmen Angst und Perspektivenlosigkeit. Das ermöglicht unternehmerischen Geist und setzt künstlerische Energie frei. Die Arbeitsstipendien wirken nachhaltig. Ich glaube, in einigen Jahren werden wir erst die Früchte ernten. Ich bin mir sicher, dass wir die Früchte ernten werden können und glaube, dass wir heute gemeinsam noch nicht wirklich abschätzen können, was für eine riesige, also was für eine Wucht und was für eine Energie, was für eine künstlerische und kreative Energie da eigentlich freigesetzt werden wird. Das werden wir dann in einigen Jahren wieder sehen. Und wo hat‘s angefangen? Natürlich in der absoluten Innovationsstadt Wien.

 

Ich danke in diesem Sinne den MitarbeiterInnen der MA 7, dem gesamten Team des Magistrats und vor allem der Frau Kulturstadträtin und ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern dafür, dass sie die Kunst- und Kulturstadt Wien so umsichtig und so lebensnahe durch die Krise geführt haben und weiterhin durch die Krise führen werden. Als Abschluss darf ich noch einmal appellieren, nicht nur aus gesundheitlichen Gründen, sondern weil wir jetzt über die Kultur reden: Bitte drängen Sie und motivieren Sie alle Ihre MitbürgerInnen und Eltern und Kinder und Freunde und Bekannte und Funktionäre in der eigenen Partei und Wähler und Wählerinnen, SympathisantInnen, sich impfen zu lassen! Das ist der beste und schnellste Weg, um aus der Krise zu kommen und natürlich auch für unsere Kunst- und Kulturstadt. Danke schön.

 

Vorsitzende GRin Gabriele Mörk: Herr Gemeinderat, darf ich Sie noch ersuchen, das Rednerpult zu desinfizieren. Die Redezeit ist acht Minuten gewesen, die fraktionelle Restredezeit ist sechs Minuten. Als Nächste zum Wort gemeldet ist Frau GRin Mag. Berger-Krotsch, und ich erteile es ihr, sechs Minuten.

 

20.11.25

GRin Mag. Nicole Berger-Krotsch (SPÖ)|: Sehr geehrte Frau Vorsitzende! Sehr geehrte Frau Stadträtin!

 

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