Gemeinderat, 14. Sitzung vom 28.10.2021, Wörtliches Protokoll - Seite 77 von 92
Dem Antrag betreffend diskriminierende Werbung - das sage ich jetzt sogar aus freien Stücken und nicht, weil ich gewissermaßen in einer Koalition gefangen bin - würde ich und würde unsere Fraktion nicht zustimmen, und zwar aus zweierlei Gründen. Erstens liegt es mir fern, ein Handelsunternehmen zu stigmatisieren, das meiner Meinung einen Fehler gemacht hat, und zwar, wie ich glaube, nicht bewusst. Zweitens glaube ich nicht, dass wir als Stadtregierung den Medien vorgeben können - bei der Gewista sehe ich das genauso, die ist halt ein Plakatmedium, das kaum eine Redaktion dabei hat -, welche Inserate sie annehmen oder nicht. Das liegt meiner Meinung nach in der Verantwortung der Medien.
Zu den anderen Anträgen sage ich: Wir machen ja auf Bundesebene auch unsere Anträge. Da haben wir das Spiel ja auch schon gespielt. Natürlich haben die Grünen dort nicht zugestimmt, wir werden hier heute auch nicht zustimmen. Aber es einen uns der Weg und das Ziel. Und ich hoffe für beide, sowohl für die Grünen auf Bundesebene als auch für uns hier, dass wir weiterhin viel Kraft und Energie für dieses Thema aufbringen, und zwar nicht nur deshalb, weil es jetzt gerade en vogue ist, das zu diskutieren, sondern weil ich es für extrem wichtig erachte, auch in Zukunft laufend in dieser Intensität weiter darüber zu diskutieren.
Mir ist es auch noch ganz wichtig, etwas zu dem Antrag betreffen das Stoppen der Inserate in „Österreich“ zu sagen. Es wurde, glaube ich, alles zu diesem Thema gesagt. Ich brauche nicht noch einmal aufzuzählen, was hier alles falsch läuft. Ich glaube nur, dass das trotzdem nicht geht, und so handhaben Sie es auch auf Bundesebene. Ich könnte Ihnen jetzt im Sinne einer Doppelmoral etwas vorheucheln oder was auch immer. Ich könnte den „Standard“ zitieren. Sie wissen selbst, Kollege Ellensohn, dass das im Bericht natürlich nicht ganz ideal rübergekommen ist. Ich glaube nur, ein Medium jetzt aus einer Grundstimmung heraus auszuschließen und somit sofort gewisse Zielgruppen nicht mehr zu erreichen, das können Sie sich beispielsweise im Hinblick auf das Klima-Ticket nicht leisten, und das können wir uns in der Stadt Wien im Moment etwa im Hinblick auf die Impfkampagnen auch nicht leisten. Es geht da nämlich genau um die Zielgruppen, die wir erreichen wollen und die wir erreichen müssen. Diese jetzt nicht mehr zu berücksichtigen, halte ich werbetechnisch - tatsächlich gar nicht medienpolitisch, in dieser Hinsicht bin ich voll Ihrer Meinung - für grob fahrlässig. Deswegen werden wir dem hier nicht zustimmen. - Das war es zu den Anträgen.
Zur FPÖ und zum Reduzieren der Werbekosten um 50 Prozent: Ich habe den Antrag, als wir in Opposition waren, mehrfach eingebracht. Sie bringen ihn jetzt auch ein. Wir werden aus genannten Gründen nicht zustimmen. Ich möchte Ihnen aber auch sagen, liebe FPÖ: Sie haben auch in der Oppositionsrolle unserem Antrag damals teilweise nicht zugestimmt, und deswegen finde ich es schon sehr spannend, dass Sie diesen Antrag jetzt einbringen. Bei Ihnen herrscht da tatsächlich eine etwas komische Stimmung. Wenn es gerade passt irgendwie, dann heißt es halt: Wir wollen die Werbekosten reduzieren. Wenn es aber gerade nicht passt und man vielleicht, wie es damals war, zufällig auf Bundesebene in einer Verantwortung ist, dann stimmen Sie dagegen. - Sehr spannend!
Ich danke vielmals für Ihre Aufmerksamkeit und freue mich auf eine weiterhin sehr schöne Diskussion zum Thema Inseratenpolitik und Medienpolitik in Österreich. - Vielen Dank.
Vorsitzende GRin Gabriele Mörk: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau GRin Mag. Sachslehner. Ich erteile es ihr.
GRin Mag. Laura Sachslehner, BA (ÖVP): Sehr geehrte Frau Vorsitzende! Sehr geehrter Herr Bürgermeister! Liebe Kolleginnen und Kollegen!
Bei aller Absurdität möchte ich mich zuallererst bei den Kollegen der Grünen Fraktion für diese Dringliche Anfrage bedanken. Ich freue mich nämlich wirklich sehr darüber, dass wir heute dazu kommen, das Thema der Inseratenvergabe in dieser Stadt zu thematisieren und einen Scheinwerfer darauf zu werfen, welches Schindluder in diesem Zusammenhang seit Jahrzehnten von Seiten der SPÖ betrieben wird, und zwar auch mit Hilfe der Grünen und mittlerweile auch der NEOS.
Es ist schon einiges gesagt worden. Halten wir aber zu Beginn noch einmal die drei meines Erachtens wichtigsten Fakten zur Medien- und Inseratenpolitik der Stadt Wien fest.
Zum Ersten: Die Stadt Wien hat mit Abstand die höchsten Ausgaben im Bereich des Werbe- und Inseratenbudgets, und das nicht erst seit heuer, sondern schon seit Jahren und Jahrzehnten. 2020 betrugen die Werbeausgaben in Wien pro Kopf 12,60 EUR, beim Bund waren es nur 5,30 EUR.
Zum Zweiten: Auch der aktuelle Wiener Bürgermeister hat eine besonders innige Beziehung zu Inseraten, und zwar nicht erst jetzt, sondern auch schon in seiner Zeit als Wohnbaustadtrat. Das ist mittlerweile sogar auch schon dem Rechnungshof aufgefallen.
Zum Dritten: Dass die SPÖ generell ein Problem mit kritischer Berichterstattung hat, wissen wir. Wir erinnern uns vielleicht gemeinsam an den Fall, als bekannt wurde, dass ein Mitarbeiter der SPÖ-Wien dem „Kurier“ mit Konsequenzen gedroht hat, wenn ein kritischer Bericht nicht zurückgezogen wird. Eben jener Mitarbeiter hat heute übrigens einen gut dotierten Posten im Rathaus. Ich könnte jetzt noch unzählige weitere Beispiele aufzählen. Bei Betrachtung all dieser Fakten muss ich wirklich sagen, dass mich die Chuzpe, die manche Vertreter von der SPÖ aktuell an den Tag legen, wenn sie in den letzten Wochen in den Medien mit dem Finger auf den Bund gezeigt haben, schon fast beeindruckt. Sie entstammen nämlich selbst einer Partei, die dieses System nicht nur erfunden hat, sondern überall noch auf das Dreisteste vollzieht, wo sie in Verantwortung ist, und daher ist dieses Verhalten wirklich bemerkenswert und zeugt von einer Scheinheiligkeit, die ihresgleichen sucht.
Wien hat nur 20 Prozent aller Einwohner Österreichs, war aber letztes Jahr für 60 Prozent des gesamten Inseratenvolumens verantwortlich. Wien war übrigens auch 2016 für drei Viertel aller Inseratenausgaben aller Bundesländer verantwortlich, und auch heuer sind im ersten
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