Gemeinderat, 11. Sitzung vom 23.06.2021, Wörtliches Protokoll - Seite 50 von 109
denn die Stufen der Raumplanung, wie es fachlich so schön heißt, sind noch ausbaufähig. Abgesehen davon, dass wir in Wien keine gesetzliche Basis in der Raumplanung außer der Bauordnung haben, die schon im Detail Dinge regelt, zu denen es noch nicht einmal ein klare Frage oder Antwort gibt, fehlen uns Zwischenstufen. Wir haben dazu auch schon unzählige Male Vorschläge eingebracht wie beispielsweise einen Bezirksentwicklungsplan, der sich Stück für Stück von einer visionären Ebene zur partiellen Umsetzung hinunterarbeitet, was dann auch diese einzelnen Maßnahmen und Visionen, die man sich vorgenommen hat, technisch bedeuten.
Zwar gibt es seit Kurzem ein Papier städtebauliche Leitbilder beziehungsweise stadtteilbezogene Entwicklungskonzepte, wie es so schön technisch heißt. Bis jetzt habe ich noch nicht sehr viel an Umsetzung davon und auch keine Wirksamkeit gesehen. Deswegen lässt sich ja auch dieses Instrument nicht bewerten, und tatsächlich greifende Instrumente fehlen.
Ich möchte Ihnen, da sich die Stadtplanung oft in einem sehr technischen Gefüge bewegt, ein Bild geben. Derzeit haben wir den Stadtentwicklungsplan als visionäres, schwammiges, ungreifbares Instrument auf der einen Seite und auf der anderen Seite den Flächenwidmungs- und Bebauungsplan beziehungsweise die Bauordnung. Das kann man beim Hausbau mit der Hochglanzbroschüre vergleichen, mit der man sich vorträumt, wie es denn irgendwann einmal ausschauen könnte, und dann beginnt man mit der Regenrinne zu bauen. Ungefähr so funktioniert die Stadtplanung also technisch gesehen, und ich glaube, da braucht es dringend Reformen und Zwischenebenen, damit wir auch tatsächlich zu einem soliden Haus kommen, von der Vision zur konkreten Umsetzung.
Zusammengefasst gehört die gesamte Stadtplanung in Wien aus meiner Sicht dringend reformiert, denn neben den großen Fragen, die auf Antworten warten, haben uns auch die Prozesse dahinter im Stich gelassen. Was meine ich damit? Flächenwidmungsprozesse, die intransparent sind. Niemand weiß, wie es zu einer Umwidmung kommt, viele Betroffene bekommen das erst im Nachhinein mit, wenn der Bagger am Nebengrundstück auffährt. Oder städtebauliche Verträge sind nach wie vor ein schwarzes Loch in der Stadtplanung. Oder die unzähligen Fachkonzepte, die ich schon ausschnittweise erwähnt habe, die in Wahrheit alles beliebig machen. Sie machen das Unmögliche möglich, mit dem richtigen Konzept alles umsetzbar. Also ich bin davon überzeugt: Wenn man sich das richtige Konzept rausschnappt, kann man jedes Projekt in der Stadt umsetzen.
Es gibt keine rechtliche Verbindlichkeit in der Raumplanung, also keine Konsequenzen, wenn sich jemand nicht an die Spielregeln hält. Es ist ein bisschen wie Schrödinger‘s Stadtplanung - so möchte ich es jetzt einmal nennen -, denn ob man sich an die Spielregeln hält, die es gar nicht gibt, gehalten hat oder nicht, erfährt man erst bei der Flächenwidmung.
Dafür ist der Heumarkt das beste Beispiel, denn nach siebeneinhalb Jahren haben wir dieses Problem in der Stadt noch immer nicht gelöst, sehr geehrte Damen und Herren von der SPÖ. Man muss sagen, das war ja nicht einmal das erste stadtentwicklungstechnische Problem, sodass man sagt, okay, das ist jetzt ein neues Beispiel, eine neue Herausforderung, mit der man erstmals umgehen lernen muss. Nein: TownTown - absolut gescheitertes Projekt, Gasometer - absolut gescheitertes Projekt, Wien-Mitte - damals schon ein Thema mit dem Weltkulturerbe, woraus man nicht gelernt hat. Darum finde ich es auch sehr spannend, sehr geehrte Kollegin Arapović, wenn Sie sagen, Sie wollen dazulernen. Das wäre dringend notwendig, dass Sie dazulernen, Beispiele gibt es genug in der Stadtentwicklung.
Was mir schon auch fehlt, damit das auch schlagend wird - wir sehen keine Anstrengungen von Lessons Learned, dass man sich überlegt, wie man es das nächste Mal besser machen kann -, ist Evaluierung, Dinge aus der Vergangenheit, die man besser machen möchte. Wie oft haben wir gefordert, dass bestehende Konzepte überprüft, evaluiert werden müssen, ob man die Ziele überhaupt erreicht hat, ob das überhaupt greift, ob das ein richtiges Instrument ist oder nicht? Das prallt an der Stadtregierung ab.
Ist Änderung in Sicht? - Nein. Meine Befürchtung zum vorliegenden Akt ist, es wird weiter gemacht wie bisher, nur das Mascherl hat eine andere Farbe. Deswegen können wir dem Akt nicht zustimmen.
Auch für die angegebene Summe von ein bisschen mehr als 2,5 Millionen EUR Steuergeld geht mir der Akt weder darauf ein, wie mit bestehenden Konzepten umgegangen wird, wie man aus der Vergangenheit gelernt hat und was man aus einer Bestandsanalyse ableiten möchte. Ich sehe, dass Rot-Pink ohne Ziel und ohne Richtung planlos in neue Stadtplanungsdekaden stolpert. Es gibt nur Überschriften, aber die werden bei der Stadtentwicklung nicht helfen, sehr geehrte Damen und Herren.
Wien braucht Antworten für die nächsten Jahrzehnte, eine ambitionierte Vision, klare Spielregeln, klare Formulierungen. Wir brauchen inhaltliche Ansagen und interne Reformen, klare Prozesse, transparente Verfahren, anwendbare Instrumente, damit unsere Stadt zukunftsfit wird, denn die Entwicklung unserer Stadt, sehr geehrte Damen und Herren, ist zu wertvoll, um sie dem Zufall zu überlassen. Vielen Dank.
Vorsitzende GRin Gabriele Mörk: Danke fürs Desinfizieren. - Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr GR Valentin, und ich erteile es ihm.
GR Erich Valentin (SPÖ): Sehr geehrte Frau Vorsitzende! Sehr geehrte Frau Berichterstatterin! Meine sehr geehrten Damen und Herren!
Ich bin noch ein bisschen im Bann der Worte von Kollegin Olischar. Wenn das jetzt tatsächlich die Freizeitlektüre ohne Stellenwert ist - im Übrigen ist gute Freizeitlektüre zu finden, auch nicht so leicht -: Warum wollen Sie dann unbedingt mitmachen? Warum wollen Sie dann plötzlich mitdiskutieren? Warum wollen Sie dann plötzlich Ihre Handschrift vorfinden, wenn das eh alles Schamott ist, wenn das eh alles etwas ist, was dann weggeworfen wird, was keine Bedeutung hat? Warum wollen Sie -
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