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Gemeinderat, 9. Sitzung vom 28.04.2021, Wörtliches Protokoll  -  Seite 96 von 114

 

Zahl an billigen Arbeitskräften zur Verfügung zu stellen, die er sich vielleicht so vorstellt und die er sich als in der Vergangenheit tatkräftiger Spender vermutlich erhofft hat.

 

Bedauerlicherweise sind wir, zumindest wenn es nach dem Ausschuss geht, auch die Einzigen, die diesen Antrag ablehnen. Ja, jeder möge sich selbst ein Bild davon machen. Wir halten es halt grundsätzlich so, dass wir auch nach dem Wahltermin die Versprechen einhalten, die wir vor dem Wahltermin geben.

 

Deswegen sagen wir auch nach wie vor: Nein zu mehr Zuwanderung in unser Sozialsystem, insbesondere in Zeiten wie diesen, Nein zu mehr Zuwanderung auf unseren Arbeitsmarkt und auch Nein dazu, noch mehr Konflikte in unsere Bezirke zu tragen, denn die, die in der Regel kommen, sind halt nicht die Raketenwissenschaftler, Atomphysiker und Herzchirurgen, sondern hauptsächlich diejenigen, die dann von und in unserem Sozialsystem leben. Und davon haben wir schon jetzt viel zu viele, meine sehr geehrten Damen und Herren. Danke, das war es auch schon.

 

Vorsitzender GR Mag. Thomas Reindl: Zu Wort gemeldet ist GR Kunrath. Ich erteile es ihm.

 

19.55.04

GR Nikolaus Kunrath (GRÜNE)|: Sehr geehrte Damen und Herren! Werter Herr Vorsitzender! Liebe Interessierte via Livestream! Und ich freue mich auch, dass der Abteilungsleiter der MA 35, Herr Wolfgang Leitner, heute da ist!

 

Ich habe ja noch geglaubt, es kommt jemand von den NEOS, der hier dazu spricht, aber das ist ja scheinbar kein Thema mehr für die NEOS. Das macht man alleine als Stadtrat, aber die Themen werden dann nicht mehr behandelt. Das habe ich heute schon kennen gelernt.

 

Es freut mich wirklich, es freut mich, dass nun ein erster Schritt passiert ist. Es ist niemals genug, das ist klar, aber dieser Schritt wartet schon länger auf die Umsetzung, und fein, wenn Vorschläge des Wahlkampfprogramms der GRÜNEN nun durch den Vizebürgermeister Umsetzung finden und ein Servicecenter geschaffen wird. Hoffentlich wird das Servicecenter so auch dokumentieren, dass nachfolgbar ist, was dort passiert, und für weitere Schulungen verwendet werden kann.

 

Eine zweite Hoffnung, nein, sogar einen Wunsch, habe ich: Bitte schulen Sie die MitarbeiterInnen nicht nur rechtlich korrekt - das ist, so viel weiß ich auch von diesem Abteilungsleiter, absolut der Fall, und das erwarten sich so und so jede und jeder -, sondern bitte auch kulturell, sprachlich, diversitär, empathisch. Ich weiß, das ist nicht immer leicht und eine mehr als schwierige Aufgabe, die da auf die entsprechenden Personen wartet.

 

David Ellensohn hat es unlängst genannt: Es kracht an allen Ecken und Enden bei der MA 35, der Magistratsabteilung für Einwanderung und Staatsbürgerschaft. Ja, es kracht nicht erst seit gestern an allen Ecken und Enden. Schon bei der Stadtrechnungshofprüfung 2013 haben sich grobe Mängel bemerkbar gemacht. Leider ist trotz Austausch von Köpfen nicht viel an Veränderung festzustellen. Trotzdem verzweifeln Familien mehrmals pro Woche und melden sich bei uns, melden sich bei anderen, weil wieder einmal etwas schiefgelaufen ist, das Verfahren verschleppt wurde, es länger dauert, als es hätte dauern sollen.

 

Meiner Meinung nach hat die MA 35 ganz grundsätzliche Probleme, und diese Probleme heißen: Überforderung, Druck auf die MitarbeiterInnen, zu wenig geschultes Personal und ein unschaffbares Pensum an Arbeit. Wenn ich nur daran denke, dass nun auch, und darüber habe ich erst heute mit dem Herrn Abteilungsleiter gesprochen, noch zusätzlich die sogenannten Restitutionsstaatsbürgerschaften vergeben werden müssen. 60 MitarbeiterInnen müssen diese schwere Aufgabe leisten, eine Aufgabe, wo es nicht nur darum geht, ganz einfach Staatsbürgerschaften nach rein rechtlicher Struktur zu vergeben, sondern auch die - Ankerpersonen, glaube ich, heißt das, richtig? - Ankerpersonen ausfindig zu machen, nämlich als Mitarbeiter der MA 35 plötzlich einmal feststellen zu müssen, was Klienten dauernd als Aufgaben und als Zusatzübungen bekommen.

 

All diese Probleme wie oben beschrieben führen in weiterer Folge zu Missständen in der Behörde, wie im Bereich überlanger Verfahrensdauer, dem wohl größten Problem, früher einmal überfüllte Wartebereiche, die es jetzt sozusagen dank der Corona-Pandemie nicht mehr gibt, weil man dort nicht mehr warten darf, zusätzliche hohe Kosten für die AntragstellerInnen, weil es dann hin und wieder zu Absurditäten kommt, und das im Kreis Schicken: Gehen Sie zuerst da hin, dann da hin, dann dort hin.

 

Das sind unter anderem die Gründe, warum wir ein Prüfansuchen der MA 35 an den Stadtrechnungshof gestellt haben: Antragsabläufe, Kompetenzen, Verbesserungspotenzial sollen überprüft und gefunden werden. Der zuständige Stadtrat für Bildung, Integration, Jugend und Transparenz Christoph Wiederkehr hat umfassende Reformen der Behörde angekündigt, als Erstes eben das geplante Servicecenter, wie wir es heute im Gemeinderat ja als Vorschlag bekommen haben.

 

Das kann ein erster Schritt sein, das muss vielleicht sogar ein erster Schritt sein. Mehr Personal einzustellen, kann die strukturelle Überforderung seitens der Mitarbeiter aber nicht dauerhaft lösen. Wir brauchen andere Möglichkeiten. Die MA 35 weist als Behörde eine besonders hohe Personalfluktuation auf. Das allein ist ein deutliches Signal, dass nicht immer alles rund und richtig läuft.

 

Damit die MitarbeiterInnen der MA 35 fristgerecht, effizient, verantwortungsvoll und korrekt arbeiten können, müssen auch die entsprechenden Rahmenbedingungen stimmen. Das bedeutet in erster Linie neben ausreichend, vor allem gut geschultem Personal, um die Mengen an Anträgen gut bewältigen zu können, eben nicht nur rechtliche Schulungen, sondern auch Serviceorientiertheit und Kundenempathie. Zusätzlich zu einem Servicecenter braucht es auch auf MitarbeiterInnenseite Unterstützung in Form von Coaching, von Fortbildungsangeboten. Ich weiß, Herr Abteilungsleiter Hufgard-Leitner bestätigt es auch immer wieder, dass sie da ihr Bestes versuchen, aber es ist manchmal das Beste immer noch nicht genug. Ich glaube fest daran, dass nur zufriedene und nicht überforderte MitarbeiterInnen ihren

 

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