Gemeinderat, 9. Sitzung vom 28.04.2021, Wörtliches Protokoll - Seite 33 von 114
Impfhürde muss reduziert werden, sowohl bürokratisch als auch organisatorisch. Daher appelliere ich an den neuen Gesundheitsminister Wolfgang Mückstein, dass das Impfen in der Apotheke für gesunde Erwachsene möglich sein muss, denn die Risikogruppen mit Vorerkrankungen wurden ja schon jetzt geimpft. Ich warne davor, dass diese standespolitischen Diskussionen zwischen den verschiedenen Kammervertretungen dazu führen, dass wir diesen Impffortschritt in Österreich verzögern, denn - noch einmal - wir brauchen eine sehr hohe Durchimpfungsrate. Ich möchte nicht, dass wir im kommenden Frühjahr darauf kommen, man hätte da vielleicht früher agieren und doch auch Impfen in der Apotheke neben - sage ich immer dazu - den großen Impfstraßen zulassen sollen. Diese sind natürlich absolut zentral, das ist auch die Logistik, die in einer Großstadt wie Wien sehr, sehr gut funktioniert, aber wir brauchen auch dezentralen einfachen Zugang. Eigentlich kann mir niemand erzählen, warum man in der Schweiz, in Frankreich oder anderen europäischen Ländern in der Apotheke impfen kann, das dort offensichtlich kein Risiko darstellt, aber in Österreich schon. Das verstehe ich nicht. Daher ist es mir ganz wichtig, dass auch der neue Gesundheitsminister dazu aufruft und sagt: Wir müssen die Möglichkeit schaffen, dass mehr Menschen einen leichten Zugang zur Impfung haben, also auch: Impfen in der Apotheke.
Zwei Aspekte, die diese Pandemie auch aufzeigen: Die Bedeutung der Forschung und Wissenschaft habe ich schon erwähnt. Ich habe mich vor fast zwei Jahren, knapp vor der Corona-Pandemie, länger mit Prof. Huber, einem der Gründer von Biontech, unterhalten. Sein Ausblick in Richtung Innovation und Standortpolitik war schon faszinierend, er hat es ganz klar gesagt: Innovative Medikamente, Therapien kommen weniger von den großen Pharmafirmen, sondern eigentlich von sehr vielen Ausgründungen von Universitäten. Wien hat da ein unglaubliches Potenzial, das wir noch stärker nützen können und müssen, sowohl für die Wissenschaft, für die Gesundheit als natürlich auch für die Arbeitsplätze. Das ist etwas, das wir uns auch als Stadtregierung vorgenommen haben, daher haben wir das Budget im Bereich Wissenschaft auch deutlich erhöht.
Zum Abschluss vielleicht ein kurzer Blick zurück: Anfang der 60er Jahre war Polio, die Kinderlähmung, eine gefürchtete Erkrankung. Und dann gab es einen Impfstoff, die Schluckimpfung. Sie können sich vielleicht noch an die bedrückenden Bilder von der eisernen Lunge erinnern, an Kinder, die in dieser eisernen Lunge waren, die nicht anders als mit dieser eisernen Lunge atmen konnten. Mit der Schluckimpfung hat das plötzlich aufgehört und diese Krankheit war vorbei. Diese Krankheit wurde mit der Schluckimpfung wirklich ausgerottet.
Lernen wir aus dieser Vergangenheit! In dieser Pandemie werden wir das nur schaffen, wenn wir auch als PolitikerInnen Verantwortung übernehmen und für diese Corona-Impfung mobilisieren. - Danke schön.
Vorsitzende GRin Dipl.-Ing. Elisabeth Olischar, BSc: Als nächste Rednerin zu Wort gemeldet ist GRin Mag. Huemer. Ich erteile ihr das Wort.
GRin Mag. Barbara Huemer (GRÜNE): Sehr geehrter Herr Stadtrat! Sehr geehrte Frau Vorsitzende! Geschätzte KollegInnen und ZuseherInnen!
Ich mache es ganz kurz: Zum Poststück 22 gibt es von uns GRÜNEN die Zustimmung. Ich nehme aber den Themenschwerpunkt Covid, Corona und die Zeit, die wir jetzt seit 14 Monaten haben, hier auch einmal kurz dazu her, um eine kleine gesundheitspolitische Bilanz zu ziehen und um einmal zu schauen, was in diesem Jahr, in diesem langen Jahr schon alles geschafft wurde, was sich verändert hat und was wir alles noch vor uns haben.
Es war aus meiner Sicht recht erstaunlich, denn das Thema, dass uns die Intensivbetten ausgehen, war bislang in meinem Leben noch nie Thema, und es war auch noch nie, dass eine Pandemie, ein Virus, etwas ganz Kleines, das wir nicht sehen können, das Gesundheitssystem an seine Grenzen bringt. Wir haben hier in Österreich, hier in Wien ein sehr gut ausgebautes, hervorragendes Gesundheitssystem, und dennoch haben wir gesehen, wie schnell das eigentlich gehen kann. Wir haben gesehen, dass das Gesundheits- und Pflegepersonal Tag und Nacht arbeitet, selbst im privaten Bereich extremen Belastungen ausgesetzt ist, heute natürlich schon ziemlich ausgepowert dasteht und hofft, wie wir alle, dass es Entspannung gibt.
Wir sehen auch, dass es trotz des guten Gesundheitssystems offenbar nicht ging, ohne ganz normale OP-Termine verschieben zu müssen, dass Menschen traurigerweise weiterhin ihre Schmerzen, ihre Erkrankungen Wochen, Monate und länger ertragen mussten, weil die Intensivbetten nicht zur Verfügung standen, um mögliche OP-Risiken abfedern zu können.
Wir haben auch gesehen, und wir sehen es immer noch, dass Menschen seltener zu Vorsorgeuntersuchungen gehen. Das ist natürlich nachteilig, wenn es um die Prävention von gefährlichen Erkrankungen, Stichwort Krebs, geht. Wir sehen heute auch, dass es einen dramatischen Anstieg bei den psychischen Erkrankungen gibt - dazu noch später. Wir sehen auf der einen Seite in vermehrter Zahl Kinder mit Magersucht auf der Kinderpsychiatrie, und wir sehen auf der anderen Seite, dass der Bewegungsmangel immer mehr Kilos auf die Hüften zaubert.
Wir haben uns in diesen 14 Monaten alle ein virologisches Vokabular angeeignet, von dem wir zuvor nie gehört hatten. Wir haben gesehen, dass bis dato unverschiebbare manifeste Strukturen sich dann doch verändern lassen, dass gebotene Geschwindigkeit im Krisenmodus natürlich möglich ist, aber dass das natürlich auch unser Demokratieverständnis, unser Verständnis von Qualitätssicherung, aber auch von Transparenz ziemlich auf die Probe stellt.
Wir sehen auch heute viele Grenzen der Systeme. Wir sehen auch, dass die Menschen schon ziemlich an der Grenze sind und viele auch schon darüber. Die Belastungen sind enorm, und ich kann meinem Kollegen Gara nur recht geben, wir alle, glaube ich, uneingeschränkt, wollen und wünschen uns nichts sehnlicher, als uns wieder frei bewegen zu können, frei von der Sorge, angesteckt zu werden, frei von der Sorge, jemanden
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