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Gemeinderat, 5. Sitzung vom 25.02.2021, Wörtliches Protokoll  -  Seite 80 von 127

 

vielen Jahren. Wir sind zusammen in der Bezirksvorstehung gesessen. Ich möchte ihn jetzt nicht vorverurteilen, nur die mutmaßliche Faktenlage schaut halt schiach aus, sonst würde ja nicht die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft ermitteln und ihn als Beschuldigten führen. Das ist ja alles keine Erfindung von uns.

 

Die Unterlagen wurden uns aus SPÖ-Kreisen zugespielt. Natürlich verwenden wir diese, solange man das noch verwenden darf. Die ÖVP ist ja gerade dabei, der Presse den Hahn zuzudrehen und unter Strafe zu stellen, wenn sie aus Chat-Protokollen zitiert, weil es jetzt den Schwarzen beziehungsweise den Türkisen an den Kragen geht. Ich glaube aber nicht, dass sich das die Bevölkerung und die Justiz gefallen lassen.

 

Ich glaube, dass der Bezirksvorsteher Ernst Nevrivy über kurz oder lang zurücktreten muss. Ich habe auch schon gesagt, ich bin bereit, Verantwortung zu übernehmen. Ich wollte auch heute mein Programm für den 22. Bezirk vorstellen, wenn er jetzt da gewesen wäre. Das werde ich auf ein anderes Mal verschieben.

 

Ich hoffe aber auf jeden Fall für die politische Hygiene in diesem Land - jetzt bin ich schon wieder weit weg von den Roten und wende mich wieder den Türkisen zu -, dass das türkise Kartenhaus, dass die autoritären Tendenzen endlich zusammenbrechen. Ich glaube, der Tag, an dem das passiert, wird ein Freudentag für Österreich sein, und dieser Tag ist nicht mehr fern. Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.

 

Vorsitzende GRin Dr. Jennifer Kickert: Ich danke für die Desinfektion. - Als Nächster zu Wort gemeldet ist GR Ellensohn.

 

17.48.05

GR David Ellensohn (GRÜNE)|: Frau Vorsitzende! Meine Damen und Herren!

 

Das ist hier eine sehr vielschichtige Nachmittagsbeantwortungsrunde. Wir haben allerhand gehört. Ich beginne einmal beim Bürgermeister, damit wir das der Reihe nach durchgehen.

 

Der Bürgermeister hat in der Schnellbeantwortung eine Viertelstunde lang gesagt, was in Kagran alles geschichtlich passiert ist. Die zentrale Frage ist: He, warum zahlen die Wiener Linien eigentlich plötzlich über 2 Mille für etwas, was es vorher noch um 1,3 gegeben hat, und wo man selber offensichtlich die Einschätzung hat, es ist nur 750.000 EUR wert? Auf diese Frage hat die Antwort gelautet: Das geht euch nichts an. Da sitzen 100 GemeinderätInnen - das hat uns nicht zu interessieren. Das hat nichts mit der Gemeinde Wien beziehungsweise mit dem Gemeinderat zu tun. Es ist vollkommen wurscht, wie viel Geld die Wiener Linien für irgendwelche Grundstücke in dieser Stadt zahlen. Das dürfen wir zwar fragen, wird aber sicher nicht beantwortet. Mehr war die Beantwortung nicht.

 

Dann haben wir noch ein kurzes Match zwischen Freiheitlichen und ÖVP gehabt. Die Freiheitlichen haben gesagt, die ÖVP sind krumme Hund, die ÖVP hat gesagt, die FPÖ sind krumme Hund. Beide haben nicht unrecht. Das war noch eine leichte Übung.

 

Und dann haben wir einen Auftritt von den NEOS gehabt. Da muss ich jetzt schon einen Vergleich ziehen, wie andere Fälle, wo man sich nicht sicher ist, was ein Politiker oder eine Politikerin gemacht hat, gehandhabt werden, und erlaube mir tatsächlich nachher einen Tipp.

 

Sigi Maurer hat im Nationalrat interessante Aufgaben zu bewältigen, auch mit dem Koalitionspartner. Sie hat rund um den Fall, der jetzt zwischen Finanzminister Blümel, der Novomatic und anderen läuft, auf die Frage „Und wie seht ihr das?“ nicht gesagt, ein Transparenzpaket wäre cool, es wäre interessant, wenn wir schauen, und die Justiz, sondern sie hat gesagt: Wenn es Anklage gibt, muss er zurücktreten.

 

David Stögmüller hat im Nationalrat eine Rede gehalten, wo viele nachher gesagt haben, das ist ja fast schon eine Oppositionsrede. Wenn man als kleinerer Partner in einer Koalition ist, kann man sich unterwerfen oder man kämpft. (Zwischenrufe.)

 

Es tut mir leid, ich lasse quasi als Ausrede nur gelten, wir sind noch keine 100 Tage dabei, und es braucht ein bisschen. Ganz ehrlich, so wird man aber mit der Wiener SPÖ nicht weit kommen, wenn alles, was man zu den Vorwürfen sagt, ist: Ja, ich habe es eh gehört, und wir machen eine super Whistleblower-Plattform. Was machen wir dann mit der Whistleblower-Plattform, wenn jemand genau diese Infos bringen würde, und dann passiert nichts. Dann ist sie doch für die Fische. Viel mehr als das wird ein Whistleblower die nächste Zeit nicht bringen als diese Informationen, die aus einem 727 Seiten starken Akt der Korruptionsstaatsanwaltschaft bis jetzt zu uns gekommen sind.

 

Jetzt aber der Reihe nach: Was ist eigentlich passiert? Wir haben heute eine sehr genaue Auflistung der Abfolge gehört, da muss man noch ein paar Infos dazugeben. Um wen geht es überhaupt? Wer ist die Attemsgasse 4 Projektentwicklung, wer ist WienWert, und so weiter, und so fort?

 

WienWert: Offensichtlich ist einer der Vorstände dort gut befreundet, darf man, glaube ich, sagen, wenn er mit dem Bezirksvorsteher der Donaustadt zu allen möglichen Festln eingeladen wird. Einer der Vorstände dort hat zwischendurch einmal eine Strafe von der FMA, von der Finanzmarktaufsicht, von 85.000 ausgefasst. So eine Strafe kriegst du nicht, weil du falsch geparkt hast, sondern weil du Dinge tust, die du in der Funktion nicht tun sollst.

 

Was macht die Firma? Die kaufen Firmenanteile, bewerten sie irgendwie, machen dazu eine Werbung, die weit an der Wahrheit vorbeigeht, versprechen Zinsen zwischen 5 und 10 Prozent, und am Ende stehen die Anleger - da sind auch Kleinanleger dabei - mit nichts da. Diese Firma ist im Konkurs, hat einen Bilanzverlust ungefähr im Sommer 2017 - Achtung, wer die Daten von vorhin noch im Kopf hat, das ist die Zeit, in der diese Transaktion läuft - von 29,4 Millionen EUR ausgewiesen. Das war am Ende der Zeit, wo man solche Geschäfte macht. Da sagen einem Leute, die sich auskennen und die die ganzen Medien in der Frage konsumiert haben, das ist so ein typischer Zyklus für diese Art Geschäfte: Anleger bringt es mir, Zinsen, nach sieben Jahren krachen diese Konstrukte zusammen. 2017 ist es zusammengekracht. Wann haben sie angefangen? - 2010. Das

 

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