Gemeinderat, 4. Sitzung vom 28.01.2021, Wörtliches Protokoll - Seite 61 von 100
eine großartige Arbeit für Jugendliche geleistet wird. Dann habe ich argumentiert - ich habe Politikwissenschaften studiert, es gibt wahnsinnig viele soziologische Untersuchungen, Erklärungsmuster, warum das, was ich hier gerade genannt habe, passiert -, über allem schwebt gewissermaßen ein zusammenhängender Faktor, nämlich Resilienz.
Das ist ein sehr hochgeschwollenes Wort, bedeutet aber nichts anderes als die Widerstandskraft, mit Krisen in seinem eigenen Leben umgehen zu können. Und das hat der Verein sehr, sehr gut erkannt. Diese Resilienz, nämlich dieses Gleichgewicht in seinem eigenen Leben zu finden, in einer Zeit, nämlich der Pubertät, die stark von Zweifeln und von Unsicherheiten geprägt ist, allerdings genauso auch über den eigenen individuellen Lebensweg entscheidet, stärkt der Verein Wiener Jugendzentren. Die Pubertät, diese Zeit der Selbstunsicherheit, weil der sichere Pfad der Kindheit verlassen werden muss, der oder die Jugendliche allerdings noch nicht so recht weiß, wie Erwachsensein funktioniert, sich aber allerdings der Jugendliche oder die Jugendliche neu definieren muss, nämlich, wie bin ich, wer bin ich, was kann ich oder wer möchte ich sein, ist ein komplexer Prozess, der uns natürlich ein Leben lang begleitet, allerdings vor allen Dingen das erste Mal in der Pubertät auftritt. Offene Jugendarbeit, wie sie auch vom Verein der Wiener Jugendzentren gelebt wird, setzt genau hier an.
Was geht damit einher? Wenn man sich die zahlreichen und diversen Aktivitäten des Vereins anschaut, so wird einem ganz klar, ganz vieles bewirkt eines, nämlich wirklich nur eines, und das ist die Stärkung von Selbstwertgefühl und die Stärkung von Selbstvertrauen. Kinder und Jugendliche, die ihren eigenen Wert kennen, sind vielleicht weniger auf äußere Anerkennung durch Menschen angewiesen, die genau dies ausnutzen wollen. Selbstvertrauen hingegen entwickelt sich erst aus Selbsttätigkeit und Selbstständigkeit, auch hier ist die Beschäftigung, die der Verein Wiener Jugendzentren in all seinen Facetten ausübt, genau der richtige Ansatz, ob das nun bei der kreativen Suche nach den eigenen Superkräften wie beim Mädchencafé Flash der Fall ist, beim Modewettbewerb „Kids in Fashion“ - Stichwort letztes Wochenende, bei dem Designerinnen und junge Mädels ihre Begabungen einsetzen und auch zur Schau stellen können -, oder auch bei der BürgermeisterInnenwahl im Park, bei der Jugendliche eigene Vorstellungen von Politik bilden.
Bei all diesen Projekten, und das hat der Verein sehr gut erfasst und setzt es auch sehr gut um, geht es darum, diese Selbsttätigkeit, Selbstständigkeit zu erlernen und zu erarbeiten. Bei all diesen Projekten, so wie das aber natürlich auch sonst im Leben nicht anders ist, ist man natürlich damit konfrontiert, nicht immer nur die eigenen Vorstellungen ausleben zu können, sondern natürlich auch auf die Bedürfnisse und Anliegen anderer Rücksicht nehmen zu müssen, kurzum rücksichtsvoll zu sein und Respekt zu leben.
Und da wäre ich schon bei einem sehr wirklich wichtigen Projekt, das mir sehr am Herzen liegt, nämlich „Respekt: Gemeinsam Stärker“, ein Projekt, das Schulen bei den verschiedensten Herausforderungen, mit denen sie tagtäglich konfrontiert sind, begleiten und unterstützen soll. Das Projekt, und das finde ich wirklich sehr gut, wählt einen sehr ganzheitlichen Ansatz, um einen Schulterschluss zwischen allen wichtigen Stakeholdern, das heißt, Schülern, Schülerinnen, Lehrern, Lehrerinnen, DirektorInnen zu erzielen, aber auch Eltern einzubeziehen. „Respekt: Gemeinsam Stärker“ bedeutet, miteinander zu sprechen, den Dialog zu suchen und zuzuhören, es bedeutet, sich mit der Einstellung des anderen auseinanderzusetzen, nicht passiv, sondern tatsächlich aktiv, sich auf den anderen einzulassen und auch Meinungsverschiedenheiten anzunehmen. Das muss trainiert und geübt werden, und das ist auch das Ziel des Projekts „Respekt: Gemeinsam Stärker“.
Was ich noch zuletzt anmerken möchte, weil mir persönlich aufgefallen ist, wie innovativ hier auch gearbeitet wird: Ich finde es wirklich großartig, dass sich der Verein mit der Frage einer möglichen sogenannten Biographiearbeit beschäftigen wird, also mit einer Art Arbeit hinsichtlich des roten Fadens im Leben eines Kindes oder eines Jugendlichen. Denn es sind nach Ansicht von Experten/Expertinnen ganz oft die Brüche in der eigenen Lebensgeschichte oder im familiären Umfeld, die so, wie ich es ganz am Anfang meiner Rede gesagt habe, vielleicht nicht sofort den Platz in der Gesellschaft finden, vielleicht nicht sofort wissen, wo sie ihren Weg oder die ersten Schritte in ihrem Leben setzen sollen. Biographiearbeit beschäftigt sich damit, Kinder und Jugendliche in ihrem Identitätsfindungsprozess zu unterstützen. Sozialarbeiter/Sozialarbeiterinnen sind dann Jugendlichen dabei behilflich, ihre persönlichen und sozialen Ressourcen bestmöglich zu erkennen, weiterzuentwickeln und die Jugendlichen zu stabilisieren. Und Stabilisierung ist auch das Stichwort: Offene Jugendarbeit ist ein wichtiges Tool, um Jugendliche in Krisensituationen zu stabilisieren.
Wir müssen vor allen Dingen eines sein - das hat der Herr Stadtrat letzte Woche sehr gut betont -: Wir müssen einfach schneller sein, schneller sein als Menschen, denen es vielleicht um vieles geht, aber ganz sicherlich nicht um das Wohl eines Kindes oder eines Jugendlichen, schneller sein als Extremisten, Dschihadisten und andere. Um genau das zu erreichen, ist es gerade jetzt, in dieser äußerst schwierigen Zeit, dringend notwendig, davon bin ich zutiefst überzeugt, ausreichend Ressourcen für diese Aufgaben bereitzustellen.
Denn ein offenes Ohr zu finden, Unterstützung zu erhalten und sich etwas von der Seele reden zu können - in dieser schwierigen Zeit, in der man gerade auch Resilienz braucht -, ist heute vielleicht dringlicher als je zuvor. Deshalb unterstützen wir NEOS den Verein Wiener Jugendzentren mit voller Überzeugung. Danke sehr.
Vorsitzende GRin Gabriele Mörk: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau GRin Mag. Berner, und ich erteile es ihr.
GRin Mag. Ursula Berner, MA (GRÜNE): Meine Verspätung tut mir leid, ich habe einen anderen Ablauf gehabt.
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