Gemeinderat, 73. Sitzung vom 11.09.2020, Wörtliches Protokoll - Seite 14 von 21
ursprünglich geplant war. Ich glaube, es ist auch sehr, sehr wichtig, das zu erwähnen, um nicht eine Legendenbildung Platz greifen zu lassen.
Ein bisschen ins Historische, weil Kollege Fürnkranz gesagt hat, dass die SPÖ sich jahrzehntelang gegen den U-Bahn-Bau gesträubt habe: Das ist absolut falsch! Nach 1945, nach den größten Zerstörungen und nach dem schlimmsten Krieg in der Weltgeschichte herrschte natürlich eine spezielle Situation. Da hat es für die Stadt Wien unter diesen dramatischen Verhältnissen in finanzieller Hinsicht und überhaupt zwei Möglichkeiten gegeben: Entweder man führt den sozialen Wohnbau weiter, wie man ihn in der Ersten Republik gewohnt war, und macht für Wohnungen möglichst viele Geldmittel frei, oder man baut eine U-Bahn, und ein U-Bahn-Netz ist eben sehr teuer. Daher hat man nach 1945 unter den damaligen finanziellen Verhältnissen gesagt: Der soziale Wohnbau ist im Augenblick noch wichtiger. - Ich glaube, das war die richtige Entscheidung unserer Stadtväter und Stadtmütter, auf die wir heute noch stolz sein können.
Man hat damals gesagt: Jetzt bauen wir einmal die Straßenbahnen aus, das reicht fürs Erste, für die nächsten ein bis zwei Jahrzehnte. In den 60er Jahren haben wir mit dem U-Bahn-Bau begonnen, und in den 70er Jahren ist dann die erste Linie eröffnet worden. Sozusagen das Ersetzen von U-Bahnen durch Straßenbahnen ist ein Konzept, das es in den 70er Jahren des vorigen Jahrhunderts noch gegeben hat. Dieses ist aber jetzt wirklich komplett veraltet, das muss man sagen. Heute hat das erstaunlicherweise eh niemand von den NEOS gebracht, aber Medienmeldungen habe ich entnommen, dass die NEOS zwischendurch immer wieder diese romantisierende Meinung äußern: Straßenbahnen allein würden reichen, wir brauchen die U-Bahn ja gar nicht. - Das habe ich gelesen, muss aber fairerweise auch sagen, dass das heute nicht gesagt wurde. Vielleicht haben die NEOS inzwischen auch dazugelernt, das würde ich Ihnen durchaus zugestehen.
Um es aber jedenfalls noch einmal zu sagen: Eine U-Bahn fasst halt 900 Passagiere und eine Straßenbahn nur 200 Personen. Ich meine, das ist ein gewisser Unterschied! Deshalb bauen wir auch diese U2/U5 neu aus, und ich glaube, wir fahren damit sehr richtig. Diese Linie wird einfach sehr, sehr viel bringen: Sie wird die U6 vor allem im Süden entlasten, das ist sehr wichtig. Sie wird die U3, den 13A sowie die Straßenbahnlinien 43 und 6 entlasten.
Damit bin ich als Hernalser Gemeinderat auch bei einem für mich und für uns Hernalser wichtigen Thema, es ist aber auch für die Stadt Wien ein wichtiges Thema: Wir fordern die Weiterführung der U5 bis zur S45, Station Hernals, genannt Vorortelinie, was perspektivisch ganz wichtig ist, dass gleichzeitig aber auch die Straßenbahnlinie 43 auf der ganzen Strecke erhalten bleiben soll. - Ich weiß, dass Kollege Juraczka von der ÖVP das auch schon gefordert hat. Kollege Juraczka! Deshalb sage ich jetzt wirklich im freundschaftlichen Ton und sachlich: Bitte überzeugen Sie Finanzminister Blümel davon, denn alle Verantwortungsträger in der Stadt Wien sind eindeutig dafür! Wir brauchen aber die Co-Finanzierung vom Bund, wie das von Anfang an ist: 50 Prozent Wien, 50 Prozent Bund. Der Finanzminister würde wirklich sehr gut daran tun, wenn er sich eindeutig dazu bekennt, dass die Weiterführung der U5 zur S45 ein Plan ist, der vom Bund mitfinanziert wird. Das fordern wir ein.
Dann würde er vielleicht langsam von der Position wegkommen, nur Teilzeitwiener zu sein, und sich stattdessen wirklich für Wien einsetzen. - Das dazu in aller Kürze.
Ich glaube, dass die Debatte heute auch insofern nicht optimal ist, als bei solchen Debatten ja immer die Gefahr besteht, dass sich die Preisstruktur angeblich erhöht. Wenn eine Debatte allerdings ganz seriös geführt wird, dann ist es nicht so dramatisch. Bis jetzt ist die Debatte auch einigermaßen seriös geführt worden, auch wenn sich all das, was Kollege Wiederkehr gesagt hat, als falsch erwiesen hat. Deshalb hat er uns ja auch schon verlassen.
Es ist auch interessant, dass die Kollegin von den NEOS gesagt hat - ich lese da richtig -: „Die Wiener Linien machen eine ausgezeichnete Arbeit.“ - Ja. Es ist durchaus anerkennenswert, dass das anerkannt wird! Das habe ich allerdings bei Kollegen Wiederkehr, der ja angeblich Oppositionsführer ist, nicht herausgehört. Ich mische mich jetzt nicht in die Frage ein, wer Oppositionsführer ist. Aber nach meinem grundsätzlichen parlamentarischen Erfahrungsschatz, der durchaus - in aller Bescheidenheit gesagt - beträchtlich ist, würde ich einmal sagen: Oppositionsführer ist grundsätzlich die oder der Vorsitzende der stärksten Oppositionsfraktion, und ich weiß, so gesehen, nicht, ob jetzt wirklich der … (Zwischenrufe.) Ich mische mich da aber nicht ein, und ich sage auch keine Wünsche, wer Oppositionsführer sein soll. Ich finde es nur ein bisserl stark, dass sich Kollege Wiederkehr als Oppositionsführer plakatieren lässt. Aber das ist seine Sache. - Das dazu.
Insgesamt glaube ich, dass wir mit dem Ausbau der U2/U5 auf einem wirklich guten Weg sind. Wir wissen, dass das ganz, ganz schwierig ist: Wir haben da vier neue U-Bahn-Kreuzungen, die wir bewältigen müssen. Bei den Kreuzungsstationen sind starke Tiefenlagen, und es sind aufwändige Angleichungen des Röhrenbaus notwendig. Man fährt durch besonders dicht bebautes Gebiet, und es ist weitaus komplizierter, unter alten Häusern zu bauen. Man muss aufwändig die historischen Hausbestände sichern. Man hat eine extrem stark wechselnde Geologie und extrem wechselnde Höhenlagen. Ich meine, es sind wirklich sehr, sehr schwierige Aufgaben, die die Stadt Wien und die Wiener Linien aber wie immer gut bewältigen werden. Es ist nämlich im Interesse der Wienerinnen und Wiener, dass der Ausbau U2/U5 bestmöglich durchgeführt wird, und ich bin sehr optimistisch, dass das sehr gut gelingen wird! Wir alle strengen uns dafür an. - Danke schön.
Vorsitzender GR Mag. Dietbert Kowarik: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr GR Dr. Gara. Ich erteile ihm das Wort.
GR Dipl.-Ing. Dr. Stefan Gara (NEOS): Sehr geehrter Herr Vorsitzender! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen!
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