Gemeinderat, 73. Sitzung vom 11.09.2020, Wörtliches Protokoll - Seite 13 von 21
einmal das Kontrollamt aufgeworfen und hat festgestellt, dass die Wiener U-Bahn um 74 Prozent mehr kostet als zum Beispiel jene in München. Gestern bei der Vorbereitung ist mir zufälligerweise ein 16-seitiges Papier der Wiener Linien in die Hände gefallen, wo argumentiert wird, dass die U-Bahn, wenn man das anders und fair rechnet, nur um 30 Prozent teurer ist. Meine Damen und Herren! Warum muss die Wiener U-Bahn um 30 Prozent teurer sein als die Münchner U-Bahn, und zwar sogar nach der eigenen Berechnung der Wiener Linien und nicht einmal nach der des Rechnungshofes, denn da waren es 74 Prozent?
Meine Damen und Herren! Man könnte auch ein bisschen darüber nachdenken, ob die U-Bahn um dasselbe Steuergeld nicht inzwischen fast doppelt so weit fahren könnte! Diese Betrachtung wäre dringend angeraten. Ich möchte an Sie appellieren, das im Hinblick auf die Effizienz umgehend zu tun und dafür zu sorgen, dass die U-Bahn fertig wird, und zwar zu einem vernünftigen Preis und nicht zu einem KH-Nord-Preis.
Vorsitzender GR Mag. Dietbert Kowarik: Meine Damen und Herren! Ich darf mitteilen, dass Herr GR Wiederkehr ab sofort für die restliche Sitzung entschuldigt ist.
Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr GR Dr. Stürzenbecher. Ich erteile es ihm.
GR Dr. Kurt Stürzenbecher (SPÖ): Sehr geehrter Herr Vorsitzender! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen!
Dass Kollege Wiederkehr uns jetzt verlässt, verwundert mich, wobei ich das natürlich zurücknehme, wenn er einen extrem dringenden Grund hat, aber wenn das nicht der Fall ist, dann halte ich es schon für leicht frivol, dass er diese Sondersitzung einberuft und dann einfach die Hälfte schwänzt! Das ist wirklich kein demokratisches Herangehen!
Aber es wundert mich ja nicht! Vielleicht hält er es nicht aus, dass alle Argumente, die er gebracht hat, widerlegt werden und er deshalb weggehen muss, weil er vielleicht sonst zu sehr leidet. Es ist nämlich im Wesentlichen alles, was er vorgebracht hat, falsch.
Er hat zunächst Argumente betreffend die Verzögerung vorgebracht: Das ist völlig falsch! Zumindest war es keine verschuldete Verzögerung der Wiener Linien oder der Stadt Wien, sondern diese war, wie schon von meinem Kollegen Auer-Stüger vorgebracht wurde, durch die neue Ausschreibung bedingt, die auf Grund der erhöhten Preise und der Plausibilitätsgründe zwingend notwendig war. Diese wurden aber von den Bietern selbst verschuldet, würde ich einmal sagen, und wenn die Bieter das selbst verschulden, dann muss man das machen, denn sonst würde man der Stadt immens schaden, und dafür stehen wir sicherlich nicht zur Verfügung!
Dann ist natürlich als zweiter Grund auch noch Corona dazugekommen, und daher kam es zu der sogenannten Verzögerung, die aber, wie gesagt, in keinster Weise von uns verschuldet ist.
Zweitens kann jetzt nicht mit einer Kostenüberschreitung - wie auch schon ausgeführt wurde - argumentiert werden, weil es derzeit noch gar keine Kostenschätzung geben kann. Das muss man einfach wissen! Bekanntlich haben wir jetzt eben ein Verhandlungsverfahren und kein offenes Verfahren, und in einem Verhandlungsverfahren stehen eben die Kosten - wie mein Vorredner auch bereits ausgeführt hat, in keiner Weise fest.
Wenn Kollege Wiederkehr da wäre, würde er vielleicht davon profitieren, wenn wir ihm einmal erklären, wie die Planung einer U-Bahn abläuft: Zuerst gibt es einmal die politische Grundsatzentscheidung. Dann plant die MA 18 das generelle Projekt. Vielleicht gibt die MA 5 eine unverbindliche Schätzung ab, aber die ist zu diesem Zeitpunkt noch sehr, sehr unverbindlich und kann nicht als Grundlage für die Beurteilung herangezogen werden, ob etwas überschritten wird oder nicht.
Dann machen die Magistratsdirektion und Baudirektion das Audit zur Freigabe der generellen Planung. Dann gibt es die Detailplanung der Wiener Linien. Dann macht die MD-BD als Kompetenzzentrum technische Infrastruktur die Detailplanung, bei der die Wiener Linien einbezogen werden und alle Schnittstellen zwischen Magistrat und Wiener Linien koordiniert werden. Dann wird für den magistratischen Teil die sogenannte Realisierungsfreigabe für die Oberfläche gegeben. Dann gibt es die Freigabe der Detailplanung durch die Wiener Linien. Und dann erst kommen die Ausschreibung und die Ermittlung der tatsächlichen Kosten, also die derzeitige Phase im Hinblick auf U2/U5.
Das ist das Ganze, und man kann nicht bei den ersten von acht Punkten schon eine Kostenschätzung einfordern, die es erst nach dem achten Punkt gibt. Das wäre höchst unseriös. Es kann von keiner Kostenexplosion die Rede sein, weil die Kosten noch in keiner Weise feststehen. - Das sei Ihnen bitte ins Stammbuch geschrieben.
Damit haben wir einmal zwei Vorwürfe widerlegt.
Außerdem ist auch das mit der mangelnden Transparenz vollkommen falsch. Es ist ja Tatsache, dass es über viele Jahre eine andauernde BürgerInnenbeteiligung, sowohl in der Grobplanung der MA 18 als auch in der Detailplanung der Wiener Linien gegeben hat. Die MA 18 hat Bezirksinformationen und Analysen von Verkehrsströmen gemacht, es gibt Ausstellungen und Flugblätter, bis überhaupt einmal eine Trasse grob festgelegt wird. Und dann informieren die Wiener Linien über Infocenter und Grätzeltermine. Auch diesbezüglich hat Kollege Auer-Stüger zu Margareten schon erzählt, wie es abgelaufen ist. Ich kann das auch vom Elterleinplatz in Hernals erzählen. Es hat da sehr viele Diskussionen gegeben. All das ist an den NEOS aber offenbar spurlos vorübergegangen!
Unter Einbindung der dortigen Bevölkerung sind auch noch beträchtliche Änderungen im Planungsprozess geschehen. Es ist nämlich auch wichtig, dass man nicht nur informiert, sondern auch diese Einbindung erfolgt. Auf Grund der Informationen oder Wünsche, die die Bürger liefern, werden die Planungen auch geändert. Das ist sozusagen eine wirkliche demokratische Planung, und deshalb weise ich den Vorwurf der mangelnden Transparenz als absolut unseriös zurück.
Wie eben schon ausgeführt wurde, sind wir zum Schluss bei sehr vielen Projekten billiger gefahren, als
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