Gemeinderat, 64. Sitzung vom 30.01.2020, Wörtliches Protokoll - Seite 27 von 55
rungsprogramm mit 93,18 Prozent abgesegnet. Auch bei uns gab es ganz, ganz massive Zustimmung zu diesem Regierungsprogramm, und ich kann auch persönlich wirklich mit offenem Herzen hier stehen und sagen: Ja, das ist zu unterschreiben, das ist sinnvoll. - Kanzler Kurz hat davon gesprochen, es sei das Beste aus zwei Welten - ja, ich weiß, was er meint, und wenn ich daran denke, wie sich die anderen Parteien nach diesem Wahlsonntag verhalten haben, kann ich nur sagen: Regieren ist ein verdammt harter Job, aber irgendjemand muss es ja tun. - Insofern: Gut, dass es diese türkis-grüne Bundesregierung gibt, meine Damen und Herren. (Beifall bei der ÖVP. - StR Maximilian Krauss, auf die GRÜNEN weisend: Nicht einmal da klatschen sie!)
Man muss aber ganz offen auch die Frage stellen: Was heißt das für Wien? Wie sieht es bei den Oppositionsparteien aus? - Die „Krone“ hat beispielsweise vor zwei Tagen getitelt, und das ist schon eine recht treffende Überschrift: Die Roten quält die Richtung, die Blauen quält der Ex-Chef. - Da muss man jetzt den Blauen zu Gute halten, dass diese wenigstens wissen, wo sie hin wollen. Wenn ich mir aber ansehe, wie die Sozialdemokraten, gerade Herrschaften, die dem burgenländischen Landeshauptmann gegenüber immer sehr kritisch agiert haben, jetzt plötzlich vom großen Sieg der Sozialdemokratie reden, so sei dies zwar unbestritten, es wird aber nichts daran vorbeiführen, dass wesentliche politische Fragen innerhalb der Sozialdemokratie zu klären sein werden.
Ich kann mich noch gut erinnern: Als Bgm Ludwig neu in sein Amt kam, da gab es einige Ankündigungen. Auch die Landesgeschäftsführerin Barbara Novak ist beispielsweise hier und hat uns in einem ihrer ersten Interviews erklärt, dass sie ein Kopftuchverbot für sinnvoll erachtet. Dann war nie wieder etwas davon zu hören. Ich denke, die Sozialdemokratie muss sich hier klar werden, in welche Richtung sie geht. Damit meine ich jetzt nicht, dass ich mich innerparteilich einbringen möchte. Wäre die Sozialdemokratie weiter irgendwo im Blindflug, es könnte mir gleichgültig sein, wäre sie nicht Bürgermeisterpartei in dieser Stadt - denn ich denke, Wien hat sich schon verdient, dass man weiß, wohin die Reise geht. Ich finde es eigentlich durchaus überraschend - und ja, ich muss sagen, fast ein bisschen keck -, dass man am Beginn eines Wahljahres inhaltlich-thematisch so sehr schwimmt - im wahrsten Sinne des Wortes -, wie das die Sozialdemokratie tut. (GR Dr. Kurt Stürzenbecher: Das stimmt ja alles nicht!)
Na ja, ich nenne Ihnen einige Punkte - ich kann Ihnen dann, wenn wir die Rede noch ein bisschen verlängern wollen, auch die diversen divergierenden Zitate dazu vorlesen -: etwa die Sicherungshaft. Sie kennen wahrscheinlich zumindest genauso gut wie ich die Wortmeldungen von Kollegen Doskozil, die Wortmeldungen des Linzer Bürgermeisters, und Sie kennen auch andere in der SPÖ. Also da von einer Richtung zu sprechen, Herr Kollege Stürzenbecher, wird selbst für Sie schwierig werden. (Beifall bei der ÖVP. - Ruf bei der SPÖ: Sie haben auch das …)
Ähnlich ist es beim Kopftuchverbot. Ich habe das Interview von Kollegin Novak nur als Beispiel gebracht. Ich darf dazu beispielsweise auch den burgenländischen Landeshauptmann zitieren, aus einem Interview, das wenige Tage alt ist: „Im Sinne einer europäischen und aus meiner Sicht auch sozialdemokratischen Wertehaltung ist ein Kopftuchverbot bis 14 in Schulen durchaus zu unterstützen.“ - Hans Peter Doskozil. Oder im gleichen Interview am 16. Jänner in der Tageszeitung „Die Presse“: „Das Kreuz in der Klasse würde ich jedenfalls belassen.“ - Oder, auch ganz klar, die Positionierung von Hans Peter Doskozil (GR Mag. Josef Taucher: Ein richtiger Dosko-Fan! - „Dosko! Dosko!“ - Er ist ein Dosko-Fan!) zum Thema Wahlrecht für Drittstaatsangehörige - ganz im Gegensatz zur Wiener Sozialdemokratie, Herr Kollege Stürzenbecher, das wissen Sie! (GR Dr. Kurt Stürzenbecher: Haben Sie bei meiner Rede nicht zugehört?) Da gibt es ganz massive Unterschiede (GR Dr. Kurt Stürzenbecher: Sie haben nicht zugehört, was ich gesagt habe vorher!), und es könnte mir wie gesagt gleichgültig sein, aber ich will wissen: Wohin steuert diese Regierung in Wien?, und ich glaube, der Wähler will es auch wissen. (Beifall bei der ÖVP.)
Genau aus diesem Grund werden wir vier Anträge einbringen, die uns durchaus am Herzen liegen, nämlich betreffend die Sicherungshaft zum Schutz der Allgemeinheit, die Ausweitung des Kopftuchverbots bis zur Vollendung des 14. Lebensjahres und - diese beiden Anträge sind für mich besonders wichtig - das Kreuz in den Klassenzimmern und Wahlrecht als Staatsbürgerrecht.
Meine Damen und Herren! Ich darf zum Abschluss Kollegen Mahdalik, den ich an und für sich sehr schätze, noch geringfügig korrigieren: Sebastian Kurz kann nicht übers Wasser gehen, aber er hat ein sehr gutes und ausgeprägtes Gefühl für die Wünsche und Bedürfnisse der Menschen in dieser Stadt, und er wird dieses Land wunderbar führen. - Herzlichen Dank. (Beifall bei der ÖVP.)
Vorsitzende GRin Gabriele Mörk: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr GR Peter Kraus. - Bitte, Herr Gemeinderat.
GR Peter Kraus, BSc (GRÜNE): Frau Vorsitzende! Liebe Kolleginnen und Kollegen, Zuhörinnen und Zuhörer!
Ich möchte mich in meiner Rede auf das Thema Klima, Klimaschutz konzentrieren, worüber ja im Regierungsprogramm einiges enthalten ist, und ich möchte dann auch noch kurz etwas zum Thema Wohnen sagen, weil ich glaube, dass das zwei sehr zentrale Punkte sind, die Wien in eine Situation bringen, wo wir durchaus Rückenwind verspüren können.
Ich beginne beim Klimaschutz und bei dem vorher schon angesprochenen Punkt der ökosozialen Steuerreform. Ich glaube tatsächlich - und da bin ich ganz einer Meinung mit Kollegen Gara -, wenn wir unsere Klimaschutzziele quer über alle Bereiche erreichen wollen, dann sind die ökosoziale Steuerreform und die Bepreisung des CO2 eine Grundvoraussetzung. Wir sehen es ja auch schon in dem Bereich, in dem es einen CO2-
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