Gemeinderat, 3. Sitzung vom 16.12.2020, Wörtliches Protokoll - Seite 76 von 101
gendlichen auch das Werkzeug in die Hand gegeben wird, um eigene Lösungen zu finden, um die zahlreichen Herausforderungen des Lebens auch zu erarbeiten beziehungsweise die Lösungen dazu zu erarbeiten.
Was junge Menschen im Zuge von Jugendarbeit erlernen, ist wirklich wahnsinnig wertvoll. Da geht es um soziale Kompetenz, da geht es um interkulturelle Kompetenz, um persönliche Kompetenzen: Soziales Verhalten und auch den Umgang mit anderen ohne Druck zu erlernen, zu erproben, natürlich immer mit klaren zugrundeliegenden Regeln, allerdings nie mit der Angst, vielleicht ausgelacht, vielleicht ausgespottet zu werden - das ist wirklich eine Sache der Jugendarbeit und daher auch wahnsinnig wichtig.
Vereinfacht ausgedrückt bewirkt Jugendarbeit zwei Dinge: Erstens, sie bietet Raum. Raum für Vereinigung, Aktivität, Aktionen, aber vor allen Dingen auch für Dialog. Und sie bietet Unterstützung, Möglichkeiten und Erfahrungen für junge Menschen, die sich irgendwo zwischen Kindheit und Erwachsenwerden befinden. Im heutigen Europa - und darauf bin ich wirklich sehr stolz - wird sie von den Grundsätzen der Ermächtigung, der Mitwirkung, von Partizipation, von Demokratie und von Toleranz gelenkt und bestimmt. Jugendliche abzuholen, die sich im öffentlichen, halb-öffentlichen Raum befinden, um sie bei einer positiven Persönlichkeitsentwicklung zu begleiten und zu unterstützen, das ist vielleicht eine der Arten von Jugendarbeit.
Aber es gibt verschiedene Formen der Jugendarbeit, die sich an verschiedene junge Menschen richten, verschiedene Methoden benutzen, verschiedene Themen ansprechen und auch in unterschiedlichen Kontexten funktionieren. Es geht jedenfalls nicht nur darum, Zeit totzuschlagen und einfach irgendeine Aktivität zu finden, so wie wir das vielleicht aus den Medien kennen, natürlich geht es auch bis zu einem gewissen Grad darum.
Aber es geht vor allen Dingen auch darum, ein offenes Ohr für Sorgen und Anliegen zu finden, zu spüren, dass man mit seinen Ängsten nicht alleine ist. Und da denke ich jetzt vielleicht nicht unbedingt an die privilegierten Menschen, vielleicht so, wie wir sie auch sind, sondern vor allem an junge Menschen, die zum Beispiel herausfinden, dass sie sich auf Grund ihrer sexuellen Orientierung als anders als ihre Klassenkameraden und Klassenkameradinnen empfinden. Da denke ich an die jungen Menschen, die zu Hause vielleicht nicht die Zuneigung und Wertschätzung erhalten, die sie sich vielleicht erwünschen. Und da denke ich an die jungen Menschen, die in ihrem bisherigen Leben vielleicht bisher nur Mobbing und andere seelische Verletzungen erfahren haben.
Diese Ermutigung, hier einen Ort zu finden, Neues auszuprobieren, sich selbst einbringen zu können, das kann immens aufbauend sein. Die Partizipation junger Menschen an Gestaltungsprozessen, die Förderung der Selbstorganisationsfähigkeit und überhaupt die Möglichkeit, vielleicht das erste Mal etwas zu artikulieren, eigene Interessen auszusprechen und zu artikulieren, das kann eine ganz neue Erfahrung für viele junge Menschen sein. Der nächste Schritt könnte vielleicht sein, dass man seine eigene Identität entwickelt, die den Grundbaustein für das zukünftige Ich schafft, indem die eigene Rolle in der Gesellschaft definiert wird, und, wer weiß, vielleicht auch eine - ist bei vielen passiert - gesellschaftliche Weiterentwicklung erfolgt. Und im letzten Schritt ist es ja auch vielleicht möglich, dass junge Menschen nicht nur für sich, sondern auch für andere Verantwortung übernehmen und damit auch der Zusammenhalt gestärkt wird. Davon haben alle was, glaube ich.
Es braucht auch aus diesen Gründen, die ich gerade hier aufgezählt habe, klare finanzielle Rahmenbedingungen für ganz viele Vereine, über die wir hier heute verhandeln, an die ich auch ein großes Dankeschön aussprechen möchte, weil sie wirklich Unglaubliches leisten, und vor allen Dingen eines tun, nämlich eine qualitätsvolle Arbeit für junge Menschen ermöglichen. Und so, wie ich jetzt gerade ausgeführt habe, nicht nur für die Jugendlichen, nicht nur für die jungen Menschen, sondern, wenn ich es mir eigentlich recht überlege, für uns als gesamte Gesellschaft. - Danke schön.
Vorsitzende GRin Gabriele Mörk: Als Nächster gelangt Herr GR Stadler zu Wort. Ich erteile es ihm. Bitte, Herr Gemeinderat.
GR Felix Stadler, BSc (GRÜNE): Frau Vorsitzende! Sehr geehrter Herr Stadtrat! Liebe Kolleginnen und Kollegen!
Ich möchte in meiner Rede zum Bereich Jugendarbeit heute drei Punkte ansprechen, die mir wichtig sind. Zuerst möchte ich gleich bei der Kollegin Bakos anschließen und ein bisschen allgemein darüber sprechen, was für eine Rolle Jugendarbeit gerade für Schülerinnen und Schüler spielen kann, die es vielleicht daheim nicht so leicht haben, die nicht das Geld haben, um jeden Tag in einen Reitverein oder Sportverein zu gehen, oder die Geigenstunde zu bezahlen. Gerade für diese Kinder, die auch oft an Mittelschulen in Wien sind, ist die Jugendarbeit, wie wir sie haben, enorm wichtig, und ich glaube, es ist sehr gut, dass wir die Jugendarbeit fördern und so ausgebaut haben, wie sie in Wien derzeit ist.
Ebenso auch die Parkbetreuung und die außerschulische Jugendarbeit, die für Kinder da ist, die sich vielleicht daheim das Zimmer mit zwei Geschwistern teilen, nicht den Platz haben. Diese brauchen einen Ort, wo sie aufgefangen werden, wo sie hingehen können, wo sie eine gute Beschäftigung am Nachmittag haben, wo sie eine sinnvolle Beschäftigung haben, und für die ist diese Jugendarbeit extrem wertvoll.
Der zweite Punkt, den ich ansprechen und herausgreifen will, ist ein ganz bestimmter Verein, und zwar „poika“, der gendersensible Jugendarbeit macht. Meine Kollegin Julia Malle wird nachher noch über Geschlechtergerechtigkeit in der Bildung sprechen, aber gerade, weil heute Frauenpolitik ein Schwerpunkt war und es mir auch als Lehrer ein wichtiges Anliegen ist, möchte ich trotzdem ein bisschen über dieses Thema sprechen, das in der Schule vielleicht oft zu kurz kommt.
Warum ist es wichtig? Ich habe in meiner Klasse, wo ich Klassenvorstand war, hinten im Eck einen Wuzzler gehabt. Es gab nicht viele Regeln für den Wuzzler, nur, dass man nur in der Pause spielen darf und ihn wegräu
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