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Gemeinderat, 2. Sitzung vom 10.12.2020, Wörtliches Protokoll  -  Seite 44 von 106

 

und auch das Thema Arbeitsbedingungen in ihre Kriterien miteinzubauen.

 

Vielleicht darf ich an ein Beispiel aus Wien erinnern, auch ein Beispiel, das die Stadt betrifft. Jetzt, da wir in den letzten Tagen und Wochen gerade auch von Veloce gehört haben, dass es zum Teil verheerende Arbeitsbedingungen gibt, Unklarheiten beim Thema Gehalt, beim Thema Arbeitszeiten oder auch bei der Arbeitsbekleidung, könnte die Stadt Wien über solche sozialen Vergabekriterien auch neue Standards setzen und in Zukunft bei Botendiensten nicht Veloce beauftragen, sondern vielleicht „Die Kümmerei“, die ihrerseits langzeitarbeitslose Menschen beschäftigt.

 

Was braucht also eine zukunftsfähige Arbeitsmarktpolitik? Sie braucht einen Ausbau dieser Unternehmen, Investitionen in Modelle von Arbeiten und Lernen und vor allem auch Qualifizierungsoffensiven für Frauen in wirklich zukunftsträchtigen Branchen, wie Technik und Digitalisierung, aber auch Klima und Ökologisierung. Dieser Ansatz kann bestehenden Ungleichheiten von Frauen am Arbeitsmarkt auch entgegenwirken, Stichwort Gender Pay Gap und Stichwort Gender Pension Gap, der natürlich vor allem Frauen betrifft.

 

Vielleicht noch als allerletzte Frage: Die HeldInnen des Alltagslebens sind ja oft die Stützen der Gesellschaft, sie sind heute auch schon in den Anträgen ein paar Mal erwähnt worden. Mein Vorschlag, neben den ganz konkreten Vorschlägen zur Arbeitsmarktpolitik, zur sozialökologischen Vergabe lautet, dass wir die HeldInnen der Krise, die Pflegekräfte, die Menschen im Sozial- und Gesundheitsbereich, die MitarbeiterInnen der Daseinsvorsorge und Grundversorgung, die heute auch oft genannt wurden, nicht länger HeldInnen nennen, sondern sie als das bezeichnen, was sie eigentlich sind. Sie sind nämlich LeistungsträgerInnen und sie sind Value Makers, also WertschafferInnen, wie die Ökonomin Mariana Mazzucato das bezeichnet. Für ihre Entlohnung braucht es gesellschaftlich festgelegte Kriterien von Leistungsgerechtigkeit, und genau damit sollten wir schon heute beginnen. - Vielen Dank.

 

Vorsitzende GRin Dipl.-Ing. Elisabeth Olischar, BSc: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist GR Grießler, selbstgewählte Redezeit sind zehn Minuten. Ich erteile ihm das Wort.

 

14.08.26

GR Markus Grießler (ÖVP)|: Sehr geehrte Frau Vorsitzende! Sehr geehrter Herr Stadtrat! Werte Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr verehrten Damen und Herren!

 

Auch ich darf heute das erste Mal hier stehen. Gestatten Sie mir zu Beginn vielleicht auch zwei Attribute, die mich, glaube ich, ganz gut beschreiben. Nummer 1: Ich bin Unternehmer durch und durch. Und Nummer 2: Mein Herz schlägt für den Tourismus in Wien. Ich bin seit über 20 Jahren im Tourismus in verschiedenen Unternehmungen tätig und kann Ihnen versichern, der Tourismus liegt mir so sehr am Herzen, dass ich auch dem Tourismus hier meine erste Rede vor Ihnen widmen möchte, nicht nur dem Tourismus im Allgemeinen, sondern der Situation, in der sich der Tourismus derzeit befindet, und das ist eine dramatische Situation.

 

Wir wissen natürlich, die Corona-Krise hat alle Wirtschaftsbereiche erwischt, aber keinen Bereich so stark und so intensiv wie den Tourismus getroffen. In der Hotellerie müssen wir schon das ganze Jahr Einschränkungen hinnehmen, da braucht es gar keinen Lockdown dazu, es reicht natürlich, wenn ein internationaler, ein globaler Markt zusammenbricht und auch die nationalen Märkte nicht mehr funktionieren, dass die Hotellerie auf Umsätze von unter 5 Prozent zurückfällt und sich in einer dramatischen Situation wiederfindet, die nur durch staatliche Hilfen und Überbrückungen überhaupt gestemmt werden kann.

 

Die Gastronomiebetriebe, die Kaffeehäuser, die sind natürlich schon sehr lange vom Lockdown betroffen, auch jetzt ist ihre einzige Möglichkeit, sich mit Take away noch irgendwie über Wasser zu halten, und auch das funktioniert natürlich mehr schlecht als recht. Die Kinos sind geschlossen, aber auch wenn die Kinos nicht geschlossen wären, würde man sehen, wie breit diese Auswirkungen der Pandemie sind, denn selbst wenn die Kinos offen hätten, würde es keinen Content geben, weil nichts Neues produziert wird, und damit eigentlich auch die Kinos vor dem Aus stehen würden.

 

Die Reisebüros, eine der am meisten gebeutelten und geprügelten Branchen, die können im Moment eigentlich nur verschieben und sich überlegen, welche neue Reisen sie anbieten, mit Mitarbeitern, die sie voll bezahlen müssen, ohne in den letzten mehr oder weniger zehn Monaten auch Einnahmen gesehen zu haben. Man sieht, all diese Berufsgruppen, all diese Wirtschaftstreibenden brauchen Hilfen. Hilfen, die in letzter Zeit bei den Unternehmen schon sehr, sehr gut angekommen sind, allen voran der Umsatzersatz. Der Umsatzersatz - sowohl von 80 als auch von 50 Prozent - ist ein Musterbeispiel dafür, wie schnell und unbürokratisch geholfen werden kann. So schnelle und unbürokratische Hilfe wünschen wir uns für die Branche auch in Zukunft.

 

Vergessen wir nicht, hinter jeder Insolvenz und hinter jeder Statistik stehen einzelne Unternehmerinnen und Unternehmer, die für ihr Unternehmen leben. Es stehen Mitarbeiter dahinter, deren Zukunft gesichert werden muss. Wenn wir jetzt ein Stimmungsbild zeichnen, ich durfte in den letzten Wochen und Monaten mit sehr, sehr vielen Unternehmerinnen und Unternehmern und auch den Mitarbeitern sprechen: Die Situation stellt sich dramatisch dar, aber es ist ein sehr, sehr großer Mut in der Unternehmerschaft. Es ist der Mut, nach vorne zu schauen, es ist der Mut, das Licht am Ende des Tunnels zu erkennen. Dafür gebührt allen Unternehmerinnen und Unternehmern in dieser Stadt die allergrößte Hochachtung.

 

Das Licht am Ende des Tunnels zu sehen, ist die eine Seite, das Ende des Tunnels zu erreichen, ist die andere. Dafür müssen wir einfach zusammenstehen, dafür brauchen wir Hilfsmaßnahmen, die direkt, schnell und unbürokratisch bei den Unternehmen ankommen. Der heute schon oft zitierte Gastro-Gutschein war aus meiner Sicht schon eine sehr, sehr gute Sache, aber - und jetzt kommt das große Aber - das kann nicht alles gewesen sein. Der urbane Bereich ist ein Spezialbereich,

 

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