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Gemeinderat, 1. Sitzung vom 24.11.2020, Wörtliches Protokoll  -  Seite 3 von 45

 

(Beginn um 9 Uhr.)

 

9.00.40

Bgm Dr. Michael Ludwig|: Sehr geehrte Mitglieder der Stadtregierung! Hochgeschätzte Mitglieder des Wiener Gemeinderates! Sehr geehrte Zuseherinnen und Zuseher!

 

Ich möchte Sie ganz herzlich zur 1. Sitzung des neugewählten Gemeinderates willkommen heißen, in einem völlig anderen, neuen Rahmen, nicht wie gewohnt im Gemeinderatssitzungssaal, sondern hier im Festsaal, denn Corona-bedingt müssen wir räumliche, aber nicht soziale Distanz halten. Ich freue mich sehr, dass alle gewählten Mitglieder des Wiener Gemeinderates heute hier sind, auch gesund sind, und dass der Gemeinderat heute vollzählig zusammengekommen ist.

 

Ich möchte am Beginn unserer Sitzung zweier Mandatare gedenken, die seit unserer letzten Gemeinderatssitzung von uns gegangen sind und lange Zeit auch in unserem Rahmen gewirkt haben.

 

Es ist dies zum einen Johann, Hans, Wimmer. Er ist am 2. Oktober im 83. Lebensjahr verstorben. Er war von 1983 bis 1988 Abgeordneter des Wiener Landtages und des Wiener Gemeinderates und anschließend bis 1995 Bezirksvorsteher von Liesing. Er hat schon in seiner Funktion als Wiener Gemeinderat viele Maßnahmen gesetzt, die er dann als Bezirksvorsteher weiter fortführen und auch umsetzen konnte. Ich möchte exemplarisch nur einige wenige erwähnen, wie zum Beispiel die Verlängerung der U6 bis Siebenhirten oder - ein besonderes Lieblingsprojekt von ihm - die Neugestaltung des Liesingbachtales. Er hat sich vor allem für Verkehrsfragen und Umweltfragen engagiert, vor allem auch der Einsatz für das Landschaftsschutzgebiet Liesing war ihm besonders wichtig.

 

Als er 1988 vom Gemeinderat in die Bezirksvorstehung Liesing gewechselt ist, hat er auch ein Projekt mitgenommen, an dem wir weiterarbeiten, nämlich an der Dezentralisierung. Es ist die Frage, inwieweit Projekte, die wir in der Stadt im Gemeinderat beschließen, in den Bezirken umgesetzt werden können und inwieweit sich die Dezentralisierung vor allem in die Richtung entwickelt, dass die Bezirke auch auf Grund ihrer Nähe zu den Bürgerinnen und Bürgern Möglichkeiten haben, Projekte umzusetzen. Hansi Wimmer war ein besonderer Vorkämpfer für diese Dezentralisierung.

 

Und ich möchte an einen zweiten Mandatar erinnern, der auch in der Wiener Kommunalpolitik besonders viele Spuren hinterlassen hat, nämlich an Senator Prof. KommR Walter Nettig. Wie es üblich ist, wenn ein Mitglied der Stadtregierung von uns geht, ist auch ein Bild der Erinnerung hier aufgestellt.

 

Walter Nettig ist in seiner Jugend sehr viel unterwegs gewesen, war Feldarbeiter in Australien, hat eine zweijährige Ausbildung in den USA genossen. Als er 1958 zurückgekehrt ist, hat er im damaligen Flüchtlingslager Traiskirchen Passfotos von Flüchtlingen gemacht. Wir erinnern uns an die Ungarnkrise1956: Viele geflüchtete Menschen waren in Traiskirchen aufhältig, und er hat sich mit diesem Thema besonders beschäftigt.

 

Ab 1970 war Walter Nettig in der Fachgruppe des Fotohandels in der Wirtschaftskammer Wien tätig, und er hat dort sehr erfolgreich viele Karriereschritte durchlaufen. Er war von 1992 bis 2005 Präsident der Wiener Wirtschaftskammer und von 1987 bis 1996 Landtagsabgeordneter und Wiener Gemeinderat der ÖVP. Er war nicht amtsführender Stadtrat, anschließend wieder Gemeinderat und ab 1996 in einer Sonderfunktion tätig, nämlich als Sonderbeauftragter für Außenwirtschaft der Stadt Wien.

 

Er ist für diese Tätigkeiten auch mit den höchsten Auszeichnungen der Republik und der Stadt Wien gewürdigt worden, mit dem Großen Silbernen Ehrenzeichen mit dem Stern für Verdienste um die Republik Österreich, 2004 wurde er zum Bürger der Stadt Wien, die höchste Würdigung, die wir als Stadt verleihen können.

 

Er war aber auch in vielen Bereichen der Zivilgesellschaft tätig, wie zum Beispiel als Präsident des Wiener Fußballvereins Vienna und als Präsident der Wiener Sängerknaben, einer Funktion, die er von 2008 bis 2013 ausgeübt hat, auch auf Grund seiner Erfahrungen aus der Kindheit und Jugend, die er selbst bei den Wiener Sängerknaben verbracht hat. In diese seine Amtszeit ist auch die Eröffnung des Konzertsaals der Wiener Sängerknaben am Augartenspitz, des MuTh, gefallen. Wir erinnern uns daran, das war damals nicht unumstritten, und er hat das doch mit großer Verve durchgesetzt.

 

Walter Nettig war nicht nur ein hervorragender Mandatar, sondern ein wirklicher Freund der Stadt Wien und auch ein besonderer Verfechter der Sozialpartnerschaft. Ich habe deshalb seinen Tod auch besonders bedauert, weil er als Symbol für diese Sozialpartnerschaft ein lebendiger Beweis war, wie sinnvoll und gut es ist, wenn die Wiener Wirtschaft mit der Stadt Wien gut kooperiert. Das hat nicht nur in Wirtschaftsprojekten seinen Niederschlag gefunden, sondern auch durchaus in geselligen Veranstaltungen, wenn ich an das Fußballturnier Nettig-Häupl erinnern kann und an viele gemeinsame Aktivitäten, die sehr oft den Start in die Wirtschaftssaison, wie zum Beispiel den Schanigarten und vieles andere, bedeutet haben. Das sind Projekte, die wir - abgeändert, aber doch - auch bis in die Gegenwart fortgesetzt haben.

 

Ich möchte, wenn wir dieser beiden Mandatare gedenken, ersuchen, dass wir in diesen Minuten auch an jene vier Menschen denken, die gestern vor drei Wochen durch einen brutalen Terroranschlag ihr Leben verloren haben, an die vielen Menschen, die durch diesen Terroranschlag verletzt worden sind. Ich war in der Nacht im Krisenstab und habe erlebt, wie die Stadt Wien, eine der sichersten Metropolen weltweit, durch diesen Terrorakt aufgerüttelt worden ist. Ich habe aber auch erlebt, wie eng die Einrichtungen der Wiener Polizei mit den Einrichtungen der Stadt Wien kooperiert haben, wie sehr sich die Polizistinnen und Polizisten eingesetzt haben, viele Menschen aus der Zivilgesellschaft, die ohne Rücksicht auf ihre Gesundheit, auf ihr Leben dafür eingetreten sind, dass sie andere Menschen retten konnten, aber auch viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Stadt Wien, zum Beispiel der Wiener Linien, die ohne Rücksicht auf ihre Gesundheit viele Tausende Menschen aus der Gefahrenzone gebracht haben. Man wusste lange Zeit nicht, ob nicht weitere Terroristen in der Stadt unterwegs

 

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