Gemeinderat, 59. Sitzung vom 19.11.2019, Wörtliches Protokoll - Seite 6 von 55
Danke für die Information. Ich bin sehr froh, dass die Versorgung der Obdachlosen in Wien so gut funktioniert. Aber abgesehen von den Obdachlosen, kommt der Winter und er kommt bestimmt. Es geht mir natürlich auch um jene Menschen, die unbedingt einen Heizkostenzuschuss brauchen würden. Wir haben bis 2013 einen Heizkostenzuschuss gehabt - übrigens haben alle anderen Bundesländer einen Heizkostenzuschuss -, damals wurde er abgeschafft, und das Argument war, dass man eben eine Energieversorgung gemacht hat, was grundsätzlich ja positiv zu bewerten ist. Das ist ja eine sehr gute Aktion, es trifft allerdings andere Menschen. Wir haben immer wieder gefordert: Das eine tun und das andere nicht lassen! Immerhin waren es ungefähr 60.000 Bürgerinnen und Bürger, die den Heizkostenzuschuss bekommen haben, und in etwa waren das 6 Millionen EUR, die da ausgegeben wurden.
Meine Frage also: Denken Sie daran, den Heizkostenzuschuss wieder einzuführen?
Vorsitzender GR Mag. Thomas Reindl: Herr Stadtrat, bitte.
Amtsf. StR Peter Hacker: Das ist an sich eine andere Debatte, wie Sie selbst in Ihrer Frage formuliert haben, weil es beim Heizkostenzuschuss logischerweise nicht um Menschen mit Wohnungslosigkeit gehen kann. Wir haben, glaube ich, mit sehr guten Argumenten und Überlegungen den Heizkostenzuschuss weiterentwickelt. Wir haben ihn nicht einfach ersatzlos abgeschafft, sondern ihn einfach weiterentwickelt, weil wir tiefer in die Problemstellung von Menschen, die am Rande der Armutsgrenze leben müssen, hineingegangen sind und herausgefunden haben, dass wir nur mit Geld alleine keine große Wirkung erzielen. Das ist der Grund, warum wir die Wiener Energieunterstützung geschaffen haben.
Wir haben gesehen, dass es gerade Menschen an der Armutsgrenze sind, die sich schwer tun, ihre teuren Kühlgeräte, Kühlschränke, manchmal auch ihre sehr teuren Heizungsmethoden überhaupt finanzieren zu können. Daher haben wir versucht, mit der Energieunterstützung diese Spirale, nämlich besonders teure energieverschwendende Geräte versus kein Geld zur Verfügung zu haben, einfach zu durchbrechen, indem wir gemeinsam mit Wien Energie, gemeinsam mit Energieberatern in die Wohnungen gehen und schauen, wieso eigentlich die Energiekosten - meistens sind es die Stromkosten - so hoch sind, dass eine hohe Unterstützung notwendig ist.
Ich habe das in einer anderen Anfrage schon beantwortet, ich weiß jetzt die Zahlen nicht auswendig und möchte daher jetzt auch keine nennen, weil ich keine falschen Zahlen zitieren möchte, aber wir konnten jedenfalls eine sehr, sehr hohe Anzahl von Menschen unterstützen, indem wir ihnen energieschonendere Geräte aus den Mitteln der Energieunterstützung zur Verfügung gestellt haben. Genauso wie wir bei Energiezahlungen helfen, weil es noch immer besser ist, die Leute haben eine Heizung im Winter, als sie haben keine Heizung im Winter. Aber wenn gerade Sie diese Frage stellen, dann muss es mir gestattet sein, darauf hinzuweisen, dass das umso weniger verständlich ist … Ich verstehe Ihre Forderung, ich verstehe auch Ihre politische Forderung, und ich finde das auch legitim, dass man sagt, man muss sich bei den Armen auch darum kümmern, dass sie sich Strom, Gas, Wasser und Heizung leisten können. Aber wenn gerade Sie mir diese Frage stellen, muss ich schon darauf hinweisen, dass es Ihre Partei war, die ein Sozialhilfe-Grundsatzgesetz im Parlament mit der genau gegenteiligen Intention eingebracht hat, nämlich dahin gehend, die Menschen, die arm sind, in noch größere Armut zu bringen. Also so gesehen verstehe ich den politischen Kontext nicht ganz.
Vorsitzender GR Mag. Thomas Reindl: Die 3. Zusatzfrage kommt von den Grünen. - Frau GRin Mag. Berner, bitte.
GRin Mag. Ursula Berner, MA (GRÜNE): Herr Hacker, Sie haben jetzt schon einige Sachen gut beantwortet. In den letzten Jahren hat sich die Wohnungslosenhilfe stark entwickelt. Neben Notunterkünften und Winterhilfe setzen wir auch auf mehr Selbstständigkeit von Wohnungslosen, zum Beispiel mit dem Projekt Housing First, bei dem von Anfang an Wohnraum zur Verfügung gestellt wird und das auch sozial unterstützt wird, damit der Wohnraum auch behalten werden kann.
Wie viele dieser innovativen Wohnlösungen gibt es derzeit in Wien? Und sozusagen die Zusatzfrage zur Zusatzfrage: Welche anderen Angebote zur nachhaltigen Stabilisierung von prekären Wohnsituationen, zum Beispiel für Familien, bietet die Stadt darüber hinaus?
Vorsitzender GR Mag. Thomas Reindl: Herr Stadtrat, bitte.
Amtsf. StR Peter Hacker: Ja, danke vielmals für diese Zusatzfrage. Ich denke, es ist eine Frage, bei der man ein bisschen die gesamte strategische Zielsetzung der Wohnungslosenhilfe darstellen muss, damit der Kontext in Verbindung mit der Frage, wo da das Thema Housing First im Kontext der gesamten Wohnungslosenhilfepolitik steht, ordentlich dargestellt werden kann.
Zunächst einmal: Was ist die strategische Zielsetzung der Wohnungslosenhilfe in Wien? - Die strategische Zielsetzung ist, wir wollen nicht wohnungslose Wohnungslosenhilfeeinrichtungen haben, sondern die zentrale Zielsetzung ist, so rasch wie möglich den Menschen zu helfen, wieder selbstständig zu wohnen. Das ist ja auch der Kontext zu Housing First, weil genau in diesem Zusammenhang hat Housing First ja auch eine klare Definition. Wir wissen aus wissenschaftlichen Studien und aus diversen Arbeiten aus der Sozialwissenschaft, dass Nachtquartiere und Übergangswohnangebote an sich nicht die besten aller Ideen sind, um langfristig Wohnungslosigkeit zu bekämpfen. Wir haben auch negative Effekte in solchen Einrichtungen, klarerweise, das nennt man dann in der Fachsprache Hospitalisierung. Wir sehen in der Familienobdachlosigkeit, dass wir teilweise mit dem Generationenproblem kämpfen, weil die Kinder lernen, in der Wohnungslosenhilfe zu leben und lernen, dass das ihr Normalzustand ist. Daher gilt es, in der Wohnungslosenhilfe diese Logiken, die an sich unlogisch sind, aber aus der Wahrnehmung der Betroffenen eben logisch sind, zu durchbrechen. Daher ist das zent
Stadt Wien | Geschäftsstelle Landtag, Gemeinderat, Landesregierung und Stadtsenat (Magistratsdirektion)
Kontaktformular