Gemeinderat, 48. Sitzung vom 27.02.2019, Wörtliches Protokoll - Seite 34 von 100
kommen. Ich weiß, was Sie verdienen, ich verdiene es ja noch immer, und da kann man sich schon einen guten Kaffee leisten, und ein Brot auch. Kommen Sie vorbei, weil schärfer als die schärfste Kritik ist die konkrete Alternative. - Danke schön. (Heiterkeit und langanhaltender, stehend dargebrachter Beifall bei GRÜNEN und SPÖ sowie Beifall bei FPÖ, ÖVP und NEOS. - GR Mag. Christoph Chorherr wird von GRin Birgit Hebein ein Blumenstrauß überreicht.)
Vorsitzender GR Mag. Gerald Ebinger: Während die Zeremonie da noch weitergeht, möchte ich zwischendurch die Vertreter des Kulturrings Brigittenau auf unserer Galerie herzlich begrüßen. (Allgemeiner Beifall.)
Und dann möchte ich auch gerne ein paar Worte über Kollegen Chorherr sagen. Ja, was soll ich machen? Ich meine, ich bin jetzt Vorsitzender. Ich habe mich auch noch ganz kurz im Internet informiert. In Wikipedia sind Sie ja schon weg, da steht schon: „war bis 27.“, also Wikipedia ist sehr gut informiert. (GR Mag. Christoph Chorherr: Das ist falsch, bis 28.!) Ich weiß nicht, wer das dort eingibt, aber da steht: „war“. Mitten in der Rede, glaube ich, wollten Sie irgendetwas mit einem Ordnungsruf, aber das kann ich heute nicht machen, ja, es ist viel schlimmer, ich muss etwas Lobendes sagen (Allgemeine Heiterkeit.), also als Vorsitzender ist es nicht schlimm.
Es ist übrigens schon eine sehr lange Zeit, seit 1991 - manche überleben ja lange den Klimawandel -, aber das Lobende, und das muss man neidlos anerkennen, ist, Sie haben Volkswirtschaftslehre und Umweltökonomie studiert und das auch gelebt, und man muss sagen, über alle Parteigrenzen hinweg. Der Name Chorherr ist, wenn es um Planung und Politik geht, überall positiv bekannt. Kompetent und auch visionär: das mit den Klimabauordnungen, was wir bei den Bezirken planen, wo mehr Sonneneinstrahlung ist, was man dort für Heizungen macht, habe ich mir erklären lassen - ich bin nicht im Bauausschuss, ich hoffe, das stimmt jetzt auch so -, ist einzigartig. Das muss man auch ehrlicherweise anerkennen, und es wird dem Gemeinderat jemand mit dieser Kompetenz auch mit Sicherheit fehlen.
In diesem Sinne wünsche ich Ihnen im Namen des Gemeinderates alles Gute für die nächste Karriere, mit 58 kann man ein Start-up ja noch locker machen. Ich habe gerne Joseph-Brot und Gragger-Brot, ich hoffe, es ist dann irgendetwas in diese Richtung. Wir werden das über alle Parteigrenzen hinweg auch verkosten - mit Registrierkasse, das ist klar (Allgemeine Heiterkeit.), das muss ich als Finanzjurist sagen. Herzlichen Dank, wir waren nicht immer alle Parteien einverstanden, aber, wie gesagt, ich bin froh, wenn es Politiker gibt, die sich so visionär und so kompetent einsetzen. - Viel Glück für Ihren weiteren Lebensweg! (Allgemeiner Beifall.)
Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau StRin Schweiger-Stenzel.
StRin Ursula Schweiger-Stenzel: Sehr geehrter Herr Vorsitzender! Sehr geschätzter Christoph Chorherr!
Er ist jetzt gerade beim Fotoshooting, das muss natürlich bei einer Verabschiedung sein, das ist ganz wichtig. Sie haben es mir heute schwer gemacht. Ich habe mich ja auch sehr auf diese Rede vorbereitet, notgedrungenermaßen, und ich werde auch den Rat berücksichtigen, nichts zu sagen, was mir einen Ordnungsruf eintragen könnte. Ich nehme das sehr ernst. Einem scheidenden Mandatar, auch von diesem Gewicht eines Christoph Chorherr, schmeißt man keine Steine nach, sondern man hat Anerkennung und Respekt vor seinem Wirken, das ist ja überhaupt keine Frage.
Ich glaube, es ist sicher ein großer Verlust vor allem für die GRÜNEN, dass er jetzt sein politisches Mandat faktisch aufgegeben hat, denn er war 27 Jahre auf dem grünen Ticket aktiv. Er hat sogar mit mir, kurz nur, glaube ich, das Schicksal eines Stadtrates ohne Portefeuille geteilt. Man sieht also, man kann es dann zu einem - nein, Portefeuille haben Sie nie geschafft, aber Sie waren Klub, oder? (GR Mag. Christoph Chorherr nickt.) - Genau; also wie gesagt, eine kleine Gemeinsamkeit.
Ich erinnere mich natürlich auch gerne an unser erstes Zusammentreffen in der Wiener Innenstadt im Bezirk, wo Sie mir vor allem die Radfahrpolitik der GRÜNEN schmackhaft machen wollten und mussten. Frau StRin Vassilakou hat ihn offensichtlich gebeten, hier als Brückenglied zwischen der bürgerlichen Ursula Stenzel als Bezirksvorsteherin von Wien 1 und den fortschrittlichen radfahraffinen GRÜNEN zu fungieren. Ich muss sagen, ich habe dieses Gespräch damals mit Ihnen sehr geschätzt, aber es war trotzdem nicht einfach, vor allem bei der Bevölkerung, das Feeling für noch und noch Radwege und noch einmal Ringweg und dann Bäume weg, im Zuge dessen Parkplätze weg, dieses Feeling zu haben. Und es ist ja nach wie vor so, Sie haben es selbst in einem Ihrer vielen Interviews jetzt vor Ihrem starken Abgang gesagt, Sie wollten, dass die Radfahrer in Wien insgesamt viel mehr werden. Sie haben sich, glaube ich, nur von 4 Prozent auf 7 Prozent gesteigert. Man muss sagen, es ist auch nicht alles vernünftig, was hier mit Radwegen geschieht. Das muss man auch sagen. In einer Großstadt tut man sich ab einem gewissen Alter, davon kann ich sprechen, schwer im Verkehr, ob mit, ob ohne Radweg, zu fahren. Es ist nicht ungefährlich. Man muss auch nicht unbedingt am Zentralfriedhof entlang der Simmeringer Hauptstraße mit dem Rad zum Friedhof fahren, aber ich verstehe, es ist gut, es ist für jüngere Leute gut. Aber man darf, und das darf ich hier schon für Sie auch kritisch anmerken, insgesamt die Autofahrer nicht nur diskriminieren. Auch das Auto ist ein wichtiges Mittel.
Ich habe mit Wohlwollen eines Ihrer letzten Interviews in den sozialen Medien zur Kenntnis genommen, wo Sie sich faktisch dafür loben, dass Sie auch bei den Neubauprojekten dafür sorgen, dass es genügend Ladestationen für E-Autos gibt, denn selbst wenn man umsteigt, Auto ist Auto und Auto ist auch ein Instrument der persönlichen Freiheit und nicht nur ein CO2-ausstoßendes Ungetüm. Da würde ich mir immer einen großen Realitätsbezug wünschen, den Sie haben, aber den nicht unbedingt die GRÜNEN haben.
Und dass Sie jetzt dieses Haus verlassen, Ihre langjährige Wirkungsstätte, ist natürlich nicht nur positiv zu sehen. Es ist schon auch ein Symptom für die schwere Krise, in der sich die GRÜNEN befinden. Hier gibt es
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