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Gemeinderat, 48. Sitzung vom 27.02.2019, Wörtliches Protokoll  -  Seite 31 von 100

 

Das gibt’s ja überhaupt nicht, das kann sich ja nicht rechnen! - Nein, und jetzt nicht nur sozusagen die Wohnungspolitik im Allgemeinen, sondern wenn Politik etwas will, sind wir nicht internationalen Konzernen ausgeliefert. Ja, die sind stark, aber ob das jetzt die Steuerpolitik ist oder ob das die Immobilienleute sind, den Rahmen setzt die Demokratie, setzt letztendlich dieses Haus. Und dort, wo die Politik mutig ist, kann sie sehr vieles erreichen. (Beifall bei GRÜNEN und SPÖ sowie von StRin Ursula Schweiger-Stenzel und GR Mag. (FH) Alexander Pawkowicz.)

 

Ich will bei meiner letzten Rede keinen Ordnungsruf bekommen, auch keinen überbrückten, darum sage ich Ihnen nicht, wie man das noch anders sagen kann, aber: Fürchte dich nicht! - Das sagt man in Wien anders, aber wie, das sage ich heute nicht. Man darf sich nicht davor fürchten, auch in einen Konflikt hineinzugehen. Und ja, irgendwann kommt ein Höchstgericht und wird das so betrachten oder anders betrachten. Man muss aber auch den Leuten sagen: Nein, wir kämpfen darum, ob das jetzt aktuell Airbnb ist oder vor allem das leistbare Wohnen.

 

Jetzt sage ich noch etwas, bevor ich zum zweiten wirklich großen Thema komme, nämlich warum ich das leistbare Wohnen für so wichtig halte. Was ist der größte Schatz einer Stadt? Das sind die Leute, die herkommen wollen, hier leben und ihren Beitrag zu dieser Stadt leisten. Und man sieht bereits rund um Silicon Valley, was passiert, wenn die Wohnungskosten durch die Decke gehen. Junge Leute können es sich nicht mehr leisten, dort zu wohnen, und es wird in 5, 10, 15 Jahren, das sieht man jetzt bereits, nicht mehr Innovationszentrum sein, weil ihm die interessanten Leute ausgehen, aber nicht nur die interessanten Leute. Wir werden morgen in München diskutieren. Was heißt eine Stadt, wenn der Polizist nicht mehr in der Stadt wohnen kann, wenn die Krankenschwester nicht mehr in der Stadt wohnen kann, weil es nicht mehr möglich ist? Was heißt das für die Sicherheit?

 

Man hat das Gefühl, das ist unsere Aufgabe. Und ja, diese Widmungskategorie war und ist umstritten. Das ist ein fundamentaler Eingriff und nicht alles daran ist nur super, aber es gibt keine Reform, bei der alles nur super ist. Jede große Änderung hat ihre Vorteile und Nachteile. Und Politik heißt abzuwägen: Sind die Vorteile größer als die Nachteile und halten wir die Nachteile aus? Wir erzählen mehr über die Vorteile und weniger über die Nachteile, und richtigerweise muss die Opposition mehr über die Nachteile als über die Vorteile streiten.

 

Aber das große Ding ist, dass die Grundstückspreise runtergehen und dass wir jetzt signifikant mehr bauen, und alle stellen sich jetzt brav an und sagen, okay, jetzt müssen wir halt mehr im sozialen Wohnbau machen. Das ist, glaube ich, eine wirklich große Sache.

 

Ich will jetzt kurz über das Politikersein sprechen, wie das so ist. Es ist ja interessant, als medialer Figur wird ja über einen, egal, welcher Regierung man angehört, sehr viel Negatives und wenig Positives berichtet. Das ist so, als würde man junge Leute so erziehen, dass man Schülern jeden Tag nur erklärt, was sie alles schlecht machen, aber loben darf man sie nicht. Es ist so, Medien haben primär zu kontrollieren. Aber eines ist nicht möglich - und das sage ich bewusst als jemand, der Twitter und dieses ganze Kommunikationszeug intensiv nutzt -: Demokratie lässt sich nicht beliebig beschleunigen.

 

Und oft wird angerufen: Ja, was ist jetzt, zack, zack, zack, wo ist die Lösung? Wo ist die Lösung? - Du kannst schon schnelle Lösungen bringen, aber ich glaube, dass wir uns einen Raum behalten sollen, in dem man nachdenkt, und manche Kompromisse brauchen eben Zeit.

 

Und jetzt kommt das Zweite, der Kompromiss: So sehr ich jetzt sage, wir müssen radikaler sein, gerade bei der Umwelt und dem Klima - da komme ich auch noch dazu -, ist trotzdem am Schluss nicht das Wesentliche, dass sich einer durchsetzt, sondern dass man mit allen einen Weg findet, bei dem am Schluss alle gleich unzufrieden sind. Das Traurige ist ja, dass beim Kompromiss immer gleich der faule Kompromiss mithüpft. Nein, ein Kompromiss strahlt nie, der ist nie klar, der hatscht immer ein bisschen, weil man da auf den oder auf die Rücksicht nehmen muss. Aber die Alternative ist fatal, und wir sehen es überall auf der Welt, was die Alternative zum Kompromiss ist, nämlich eine nicht heroisch zivilisierte Demokratie, die manchmal ein bisschen fad ist und manchmal ein bisschen bürokratisch, gegenüber einer aufgeheizten plebiszitären Demokratie. Da rede ich nicht über Wien, sondern das sehen wir in Großbritannien an dem, was da passiert. Ich bin also ein ganz großer Anhänger des Kompromisses und der Entschleunigung.

 

Ein kleines Detail: Ich hatte neulich eine Diskussion mit jungen Menschen, die sich überlegen, in die Politik zu gehen, und was ich immer total verteidige, ist, dass ich sage: Behaltet euch einen halben Finger in einer beruflichen Tätigkeit außerhalb der Politik - es wird auch medial immer gesagt: Ah, Nebentätigkeiten, wie schlimm! -, behaltet euch Nebentätigkeiten! Nicht ganz abhängig - ich sage es in dieser Härte - von Politik zu sein und das Gefühl zu haben, wenn es mir nicht mehr passt, kann ich gehen, halte ich für eine ganz wesentliche Geschichte. Es ist wichtig, dass es Berufspolitikerinnen und Berufspolitiker gibt, aber Demokratie heißt, alle vier, fünf Jahren zu wählen, und gewählt werden heißt eben auch, einmal nicht gewählt zu werden. Oder man kann zu einem richtigen Zeitpunkt sagen: Es ist genug, ich mache etwas Neues. Außerdem lernt man aus der sozusagen nicht politischen Geschichte noch sehr viel Neues.

 

Zwei Themen, ein wirklich großes Thema und dann ein zweites (Allgemeine Heiterkeit.), aber kein drittes, nur zwei habe ich noch.

 

Das wirklich große Thema treibt mich und uns alle seit Jahrzehnten um, das ist die große Klimafrage, die viel mehr ist als eine Klimafrage, man muss nur ein bisschen wissenschaftliche Dinge lesen. Ich will jetzt niemanden blamen, ich will zu uns allen laut sagen: Wir werden in 20 Jahren gefragt werden: Habt ihr das alles gewusst? Denn die Verschlechterung nimmt dramatisch zu - aber Achtung!, nicht für das Klima. Dem Klima ist es wurscht, ob es vier oder fünf Grad heißer ist, denn auf der Welt war es ja in der Tat schon viel heißer und der Meeresspiegel war schon einmal 100 m höher. Dem

 

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