Gemeinderat, 44. Sitzung vom 26.11.2018, Wörtliches Protokoll - Seite 88 von 104
nungen möglich. Sie machen es einfach nicht. Für diese Unterlassung tragen Sie natürlich schon die Verantwortung, denn Sie könnten im eigenen Bereich im sozialen Wohnbau ausreichend Bauland und Wohnungen zur Verfügung stellen.
Zu Wiener Wohnen muss man natürlich schon sagen, dass da nicht nur die Kapazität ausgeschöpft wird, was neue Wohnungen auf bestehenden Plätzen in der Nachverdichtung betrifft, sondern dass wir da auch viel zu viele leerstehende Wohnungen haben. Leerstehende Wohnungen, die nicht notwendig wären, wo man den Eindruck hat, dass nicht konsequent genug und professionell genug agiert wird. Immer wieder gibt es Hinweise darauf, dass Wohnungen leerstehen, dass zwar der Mietzins bezahlt wird, dass aber da in Wahrheit niemand drinnen wohnt, dass die Wohnung gehortet wird oder dass sie untervermietet wird. Eine Wienerin schickte mir da eine Information, eine Frau S., die ich nicht näher bezeichnen möchte, und jemand, der im Gemeindebau wohnt, ein gewisser Herr K., den ich nicht näher bezeichnen möchte. Das Ganze spielt sich in Simmering ab. Es gibt da eine Forderung gegen den Gemeindebaumieter und wie das so in einem Exekutionsverfahren ist, wird ein Gerichtsvollzieher hingeschickt, der feststellt: Das Postkasterl ist aufgebrochen, Post ist keine vorzufinden, die Parteien kennen die Person nicht. Das findet einmal am 30. November 2015 statt, und das findet dann noch einmal am 9. Juli 2018 statt: Pfändung wird nicht vollzogen, Postkasten ist aufgebrochen, Namensschild nicht vorhanden, Parteien kennen den Mieter nicht, es ist davon auszugehen, dass die verpflichtende Partei dort gar nicht wohnt. Frau S. wendet sich an Wiener Wohnen und sagt: Bitte, ich habe da jetzt von einem Organ des Gerichts die Mitteilung, da wohnt hier gar niemand. Was sagen Sie dazu? Wollen Sie diesen nicht kündigen? Wollen Sie die Wohnung nicht jemandem anderen geben? - Die sagen: Na, wissen Sie, das ist sehr schwer, alleine mit den Aussagen eines Gerichtsvollziehers kommen wir da nicht weiter, und die anderen Mieter sagen sehr ungern als Zeugen aus, da haben wir größte Schwierigkeiten.
Sehr geehrte Frau Stadträtin, mit dieser Einstellung wird es nicht gehen. Ich habe ein zweites Beispiel dafür, Gemeindebau in Liesing, Kolbegasse/Jochen-Rindt-Straße: Da habe ich in der „Kronen Zeitung“ die Aussage einer Mitarbeiterin von Wiener Wohnen, die sagt: Uns ist es gesetzlich verboten, die Mietgegenstände zwecks Routinekontrolle einfach so zu betreten. - Ja selbstverständlich hat der Vermieter das Recht, sich regelmäßig das Mietobjekt anzuschauen, das würde ein Privater auch nicht anders machen. Sie haben schon die Verantwortung dafür, Wiener Wohnen in erster Linie, aber Sie als Stadträtin auch, dass man professionell diese 200.000 Wohnungen bewirtschaftet, denn es geht ja darum, dass die Richtigen in diese Gemeindewohnungen hineinkommen.
Sozialer Wohnbau besteht nicht nur aus Gemeindewohnungen und aus geförderten Mietwohnungen, sozialer Wohnbau sollte auch aus geförderten Eigentumswohnungen bestehen, leider Gottes nicht in Wien. In Wien ist der soziale Wohnbau, der geförderte Wohnbau amputiert, Sie bieten ganz einfach keine geförderten Eigentumswohnungen an, und das, obwohl es großen Bedarf danach gibt.
Die Menschen wollen im geförderten Eigentum leben, es ist die einzige Möglichkeit, zu einem gewissen Vermögen zu kommen. Das wirkt sich natürlich aus. Das wirkt sich aus, und man kann es im jüngsten OECD-Bericht nachlesen. Wien ist im Wohlstandsranking auf Rang 104 zurückgefallen. Die Wiener sind weniger wohlhabend als andere internationale Regionen. Das muss auch der Wiener Reichtumsbericht aus dem Jahr 2012 feststellen, den die damalige Sozialstadträtin Wehsely vor mittlerweile fünf, sechs Jahren in Auftrag gegeben hat. Dieser Bericht sagt uns auch, dass es mit dem Vermögen der Wiener schlechter bestellt ist als in anderen Bundesländern. Der Bericht sagt, dass die obersten 20 Prozent der Haushalte ein Vermögen in der Größenordnung von durchschnittlich 650.000 EUR besitzen, die 60 Prozent der Haushalte in der Mitte ein Vermögen von durchschnittlich 50.000 EUR. Das ist weit weniger als an Vermögen in anderen Bundesländern vorhanden ist. Frau StRin Wehsely hat das in diesem Bericht auch ganz ungeschminkt geschrieben und gesagt. Sie sagt, erstens, es ist richtig, die Wiener verfügen über weniger Vermögen als der Durchschnitt der Österreicher, zweitens, vor allem das Sachvermögen ist in Wien weniger ausgeprägt als in den Bundesländern, und drittens, die Verteilung des Vermögens ist in Wien noch gleicher als in Restösterreich. Es wird auch gleich die Erklärung dafür gegeben, warum das so ist: Das liegt nämlich in erster Linie an der unterschiedlichen Eigentumsquote am Hauptwohnsitz. Da man in Wien nur zu knapp 20 Prozent im Eigentum lebt, ist natürlich auch das Vermögen in Wien geringer. Das ist nicht nur keine gute Wohnungspolitik, sondern das ist auch keine gute Sozialpolitik, weil das Thema Wohlstand etwas ist, wovon sich die Politik nicht verabschieden sollte. (Beifall bei der ÖVP.)
Ich darf unsere drei wichtigsten Punkte mit drei Anträgen unterstützen. Der erste betrifft die Mobilisierung von baureifen Grundstücken, der zweite die Nachverdichtung im Gemeindebau, und der dritte Antrag betrifft die Wohnbauförderung für Eigentumswohnungen.
Sehr geehrte Damen und Herren, geben Sie sich einen Ruck, ändern Sie Ihre Wohnungspolitik in dieser Stadt! (Beifall bei der ÖVP.)
Vorsitzender GR Mag. Dietbert Kowarik: Herr Ulm hat 10 Minuten Redezeit in Anspruch genommen. Die Restredezeit der ÖVP beträgt noch 15 Minuten. Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Mag. Chorherr. Selbstgewählte Redezeit 10 Minuten. - Sie haben das Wort.
GR Mag. Christoph Chorherr (GRÜNE): Meine sehr geehrten Damen und Herren!
Ich möchte mit dem letzten Satz des Herrn Kollegen Ulm beginnen: Meine Damen und Herren, ändern Sie die Wohnungspolitik in dieser Stadt! - Wir denken nicht daran, sicher nicht! (Heiterkeit bei der SPÖ.) Ich meine es überhaupt nicht zynisch, aber es gefällt mir immer, nach dem Kollegen Ulm zu reden, denn das sind wirklich zwei
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