Gemeinderat, 44. Sitzung vom 26.11.2018, Wörtliches Protokoll - Seite 82 von 104
Das bekommen ja alle im Gemeindebau! Oder haben Sie das aufgegeben? Es war ja geplant, das für alle Gemeindebaubewohner zu machen. Oder haben Sie das erfunden, damit Sie sagen können: Es kommt eh nicht?! - Es ist nämlich eine wahnsinnig gute Strategie, anzukündigen, dass man Verschlechterungen macht, und dann selbst dafür zu sorgen, dass die eigens geplanten Verschlechterungen nicht kommen. So kommt man auch zu politischen Erfolgen! Aber ich glaube, der Brief kommt eh, und ich bin gespannt, was dann passiert!
Letztendlich hat Frau Pospischil noch ein Problem. Ich glaube, die Frage müssen wir anders stellen: Muss Frau Pospischil einen Deutschkurs machen? Voraussetzung für bestimmte Dinge ist ja ein Deutschkurs. Frau Pospischil kann natürlich Deutsch, aber sie hat kein Zeugnis. (GR Mag. Wolfgang Jung: Sie wird ja irgendwann einmal in die Schule gegangen sein und ein Zeugnis haben!) Sie hat keines, wirklich nicht, sie hat es verloren! Muss Frau Pospischil jetzt zum Amt gehen, weil sie wegen eines Deutschkurses eine Bestätigung braucht? Braucht sie eine Bestätigung? (GR Wolfgang Seidl: Muss sie ein Zeugnis haben?) Ich habe es ja gesagt: Sie hat kein Zeugnis. Sie behauptet das, kann es aber nicht beweisen. Das kommt vor!
Jetzt müssen Sie nachdenken! Ich kann das Problem nicht lösen, ich habe es ja nicht verursacht! Also geben Sie Frau Pospischil einen Rat. - In diesem Zusammenhang ist heute ein Antrag eingebracht worden, den ich mit großem Interesse gelesen habe, und dieser Antrag macht mir Mut. Kollegin Frühmesser! Sie haben gefordert - ich lese jetzt nicht alles vor -, dass auch Personen, die Sozialhilfe bekommen, was die Mindestsicherung wäre, den Heizkostenzuschuss bekommen. (GR Mag. Wolfgang Jung: Wieder bekommen!) Dass sie ihn wieder bekommen, genau! Was mich dabei freut, ist, dass da nicht drinnensteht, ob das für Aus- oder Inländer ist, sondern das ist für alle, auch für alle 38.000 Bezieher der Bedarfsorientierten Mindestsicherung. Und man muss auch keinen Deutschkurs besuchen, um das bekommen zu können. - Das halte ich, ehrlich gesagt, für einen Fortschritt, denn sonst müsste ich mich über diesen Antrag aufregen!
Meine Damen und Herren! Neun Minuten sind nicht so lang, wie man glaubt! - Entscheidend ist Folgendes: Wir haben in Wien ein hervorragendes soziales System, wofür ich dem Stadtrat noch einmal danke. Auf dieses System können sich die Leute verlassen. Dieses System kostet natürlich viel Geld, doch wir sind, wenn auch nicht freudigen Herzens, aber aus Überzeugung bereit, diese Kosten zu erbringen!
Meine Damen und Herren von der Opposition! Wenn Sie schon nicht mitwirken und das System schlechtreden, dann unterstützen Sie zumindest die Bundesregierung nicht bei der Erschwerung unserer Aufgaben! - Danke schön. (Beifall bei SPÖ und GRÜNEN.)
Vorsitzende GRin Gabriele Mörk: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Dr. Koderhold gemeldet. Redezeit maximal 3 Minuten. - Bitte.
GR Dr. Günter Koderhold (FPÖ): Sehr geehrte Frau Vorsitzende! Sehr geehrter Herr Stadtrat!
Mein sehr geschätzter Vorredner hat das Wort Sozialstaat verwendet, aber höchstwahrscheinlich Wohlfahrtsstaat damit gemeint. Ich erlaube mir eine kurze Definition, weil das auch bezüglich der Migration von Bedeutung ist.
Ein Sozialstaat fußt immer auch auf dem Leistungsprinzip, auf dem Versicherungsprinzip, mit dem wir an sich keine Probleme haben. Wenn sich jemand im Rahmen eines Versicherungsvertrages einbringt, dann steht ihm im Falle von Erkrankung oder Invalidität auch eine entsprechende Leistung zu.
Der Wohlfahrtsstart, und zwar vor allem der Wohlfahrtsstaat skandinavischer Prägung, der ja bei uns umgesetzt wird, geht darüber hinaus und gewährt auch denjenigen Personen eine soziale Unterstützung, die sich nicht im Rahmen einer Versicherungsleistung eingebracht haben.
Der Wohlfahrtsstaat funktioniert durchaus, wenn die Zahl der sogenannten Trittbrettfahrer - das ist ein Terminus und keine Polemik! - durch geschlossene oder fast geschlossene Grenzen gering gehalten wird. Hier liegt jedoch das Problem: Wir haben einerseits den Wunsch nach einem Wohlfahrtsstaat, also nach sozialen Leistungen ohne vorherige Einzahlung, und andererseits offene Grenzen, und das schließt sich gegenseitig aus. - Vielen Dank. (Beifall bei der FPÖ.)
Vorsitzende GRin Gabriele Mörk: Zu einer weiteren tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr GR Florianschütz gemeldet. - Bitte schön.
GR Peter Florianschütz (SPÖ): Vielen Dank, Frau Vorsitzende.
Ich berichtige tatsächlich: Das ist exakt das Problem, mit dem wir konfrontiert sind! Der Gedankengang, dass der Sozialstaat ausschließlich auf dem Versicherungssystem basiert, ist falsch! Wahr ist vielmehr - und das steht auch in der Bundesverfassung -, dass es eine noble Aufgabe ist, das Armenwesen zu betreiben, und das Armenwesen ist bedingungslos.
Das ist auch das Wesen von Heimat: Es wird den Bürgerinnen und Bürgern zugesichert, dass sie, wenn sie arm werden, aufgefangen werden, und zwar bedingungslos und unter würdigen Umständen.
Das ist die Mindestsicherung, das ist das Armenwesen, und dazu stehe ich! (Beifall bei SPÖ und GRÜNEN.)
Vorsitzende GRin Gabriele Mörk: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau GRin Mag. Wehsely. Selbstgewählte Redezeit 4 Minuten. - Bitte.
GRin Mag. (FH) Tanja Wehsely (SPÖ): Sehr geehrte Frau Vorsitzende! Lieber, sehr geehrter Herr Stadtrat! Liebe Kolleginnen und Kollegen!
Ich bin so froh, dass wir uns in den vielen Jahrzehnten, in denen wir hier diese schöne Stadt gestalten können, geeinigt haben beziehungsweise uns nicht nur geeinigt haben, sondern auch gesetzlich festgelegt und ausgestaltet haben, dass wir Menschen unterstützen, befähigen und sozusagen empowern, sie aber jedenfalls nicht individuell richten wollen! Wir wollen sie nicht von Haus aus verurteilen, sondern wir versuchen, Verständ
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