Gemeinderat, 42. Sitzung vom 27.09.2018, Wörtliches Protokoll - Seite 40 von 92
Problem des SPÖ-Systems, und meine Vorredner haben ja schon einige Argumentationspunkte angeführt. Ich werde mich daher auf einen Punkt konzentrieren, den ich ganz besonders interessant finde. Wir hatten jetzt bei der Untersuchungskommission schon einige Zeugen und einige Sitzungen, ein Name ist aber bisher kaum gefallen, und das ist bemerkenswerterweise jener des ehemaligen Bürgermeisters Michael Häupl. Warum ist das erstaunlich? Nun, der Bürgermeister verfügt über das sogenannte Arrogierungsrecht. Das bedeutet, er kann Geschäftsstücke „an sich ziehen“ und unter seine persönliche Verantwortung stellen. Justament beim Akt des Krankenhauses Nord ist das aber nicht passiert. Auch an der Kommunikation scheint es gescheitert zu sein. Die Frau StRin Brauner hat im Jahr 2006 in einer Anfragebeantwortung mitgeteilt, dass die Kosten für das Krankenhaus Nord 450 Millionen EUR wahrscheinlich nicht übersteigen werden, wiewohl das, soweit ich weiß, bei geringerer Bettenanzahl war. Sie ist, wie gesagt, von 450 Millionen EUR ausgegangen, doch haben sich im Laufe der nächsten 10 Jahre die Skandale, das Organisationschaos und die Kostensteigerungen aneinandergereiht. Trotzdem hat der Herr Bgm Häupl dieses große und teure Bauprojekt nicht unter seine Verantwortung gezogen, was er meines Erachtens hätte tun müssen.
Auch die Finanzstadträtin Brauner hätte wesentlich mehr involviert sein müssen. Sie hat uns in der Untersuchungskommission erzählt, dass es - interessanterweise trotz dieser Kostenexplosion - ihrerseits niemals Besprechungen mit der Frau StRin Wehsely gab. Die Frau StRin Brauner hat auch gesagt, es gab niemals Gespräche mit dem Bgm Häupl bezüglich des Projekts. Auch das finde ich hochinteressant, da dürfte einiges an der Kommunikation innerhalb des SPÖ-Systems nicht funktionieren.
Insgesamt geht es jetzt darum, Schadensbegrenzung zu betreiben. Ich habe zwei Anträge mitgebracht. Einer betrifft das Nachnutzungskonzept der Wiener Krankenanstalten. Hier geht es darum, dass wir bis heute leider nicht in Erfahrung bringen konnten, wie sich die Stadt den lukrativen Verkauf der im Zusammenhang mit dem Bau des Krankenhauses Nord aufgelassenen Areale vorstellt. Wir fordern daher Folgendes, ich lese vor:
„Der Gemeinderat spricht sich für die Offenlegung beziehungsweise Schaffung eines Nachnutzungskonzepts bezüglich der im Zuge des Krankenhauses Nord aufgelassenen Grundstücke aus. Das Nachnutzungskonzept soll in der Folge im Gemeinderatsausschuss für Soziales, Gesundheit und Sport behandelt und diskutiert werden.“ (Beifall bei der ÖVP.)
Auch das Spitalskonzept 2030 wurde bereits angesprochen, auch wir haben dazu einen Antrag mitgebracht. Es hat sich gezeigt, besonders auf Grund der verspäteten Inbetriebnahme des Krankenhauses Nords, dass einige Stationen aufrechterhalten werden müssen, die laut Spitalskonzept bereits längst hätten geschlossen werden sollen. Bei der letzten Gemeinderatssitzung haben wir uns auch über die gestiegene Geburtenrate unterhalten, die im Spitalskonzept 2030 noch nicht enthalten ist. Wir fordern daher die Einsetzung eines Runden Tisches bezüglich einer Neuaufstellung des Spitalskonzeptes 2030, damit wir über all diese Aktualitäten mit allen Stakeholdern diskutieren können. (Beifall bei der ÖVP.)
Einen Antrag habe ich noch mitgebracht, zu einem aktuellen Thema, und zwar zu der Drogeneinrichtung jedmayer in Mariahilf. Wir werden da dem FPÖ-Antrag nicht zustimmen, weil wir der Ansicht sind, dass es ein gesamtes stimmiges Konzept unter Einbeziehung aller Stakeholder geben soll. Zur Erarbeitung dieses Konzepts habe ich folgenden Antrag mitgebracht:
„Der Wiener Gemeinderat spricht sich für die Erarbeitung eines neuen stadtweiten Suchthilfekonzeptes aus, um die Situation entlang der bekannten Hot Spots und insbesondere rund um den jedmayer zu entschärfen. Der zuständige Amtsführende Stadtrat für Soziales, Gesundheit und Sport wird ersucht, diesbezüglich einen Runden Tisch einzuberufen und gemeinsam mit Vertretern der betroffenen Bezirke, der Exekutive sowie der Sucht- und Drogenberatungseinrichtungen für die Wiener Bevölkerung und insbesondere die betroffenen Anrainer akzeptable Lösungen zu finden.“ (Beifall bei der ÖVP.)
Ganz zum Schluss möchte ich noch ein Wort an Herrn StR Hacker richten. Ich denke, er ist da. (Amtsf. StR Peter Hacker steht im hinteren Teil des Sitzungssaals.) Er spricht nicht mehr. (GR Mag. Wolfgang Jung: Er spricht nicht mehr mit uns! - Ruf: Auftauchen!) Herr Stadtrat, vielleicht hören Sie ein wenig zu, was sich parlamentarisch hier abspielt. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.) Ich freue mich, ich freue mich jetzt sehr über Ihre Aufmerksamkeit. Ich habe Ihnen heute nämlich ein Geschenk mitgebracht. Ja, wirklich. Sie haben nämlich bei einem „Kurier“-Interview im Juli, und das war ein viel diskutiertes und viel beachtetes „Kurier“-Interview, gesagt, es gibt keine Parallelgesellschaften in Wien. Mehr noch, Sie haben gesagt, ich zitiere: „Das ist eine bewusste und sträfliche Überzeichnung“ und sei „boshaft“, ständig darüber zu diskutieren.
Herr Stadtrat, ich habe Ihnen heute ein Buch von einer Wiener Lehrerin mitgebracht, die genau das Thema Parallelgesellschaften in Wien aus ihrer Lebenserfahrung, aus ihrer tagtäglichen beruflichen Erfahrung thematisiert. (Die Rednerin hält das Buch „Kulturkampf im Klassenzimmer. Wie der Islam die Schulen verändert. Bericht einer Lehrerin“ von Susanne Wiesinger und Jan Thies in die Höhe.) Herr Stadtrat, ich habe die Hoffnung, dass Sie dieses Buch lesen und vielleicht zu einer geänderten Einstellung kommen, denn meines Erachtens ist eine realistische Situationsbeurteilung sehr, sehr hilfreich bei einem Menschen in Ihrer Position. Danke schön. (Beifall bei ÖVP und FPÖ. - GRin Mag. Caroline Hungerländer legt das von ihr zuvor genannte Buch auf das Pult von Amtsf. StR Peter Hacker. - GR Mag. Wolfgang Jung - heiter -: Das ist unbefugte Geschenkannahme!)
Vorsitzender GR Mag. Gerald Ebinger: Als Nächste ist Frau GRin Hebein zu Wort gemeldet.
GRin Birgit Hebein (GRÜNE): Werter Herr Vorsitzender! Geschätzte Präsidentin! Geschätzte Kollegen und Kolleginnen!
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