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Gemeinderat, 34. Sitzung vom 22.03.2018, Wörtliches Protokoll  -  Seite 12 von 97

 

Vorsitzender GR Mag. Dietbert Kowarik: Bitte, Herr Bürgermeister,

 

Bgm Dr. Michael Häupl: Die können Sie auch gleich hören, das ist ja gar keine Frage: Ich halte die Kompetenz für sehr hoch. Das bedeutet nicht, dass man einem anderen in jedem seiner Argumente automatisch recht geben muss. Es tut mir leid, ich bin in verschiedenen Fragen - in nicht sehr vielen, aber doch in verschiedenen Fragen - nicht derselben Meinung wie die Argumentation, die insbesondere auch ICOMOS vorgelegt hat. Denn wir haben von Anfang an, auch schon in der Bewerbung um dieses UNESCO-Weltkulturerbe, gesagt, die Entwicklung der Innenstadt hat zu diesem Status geführt und geht auch in Zukunft weiter. Wir haben von vornherein klargemacht, dass - um in einem gewissen „Glas-Bild“ zu bleiben, das ja offensichtlich in letzter Zeit beliebt zu sein scheint - die Innenstadt nicht unter einem Glassturz steht, sondern selbstverständlich auch einer weiteren Entwicklung unterzogen werden kann. Und dafür stehe ich ein.

 

Und das Zweite, wofür ich einstehe, ist: Ein Investor in Wien muss sich auf bestimmte Dinge verlassen können - nicht darauf, dass er automatisch das machen kann, was er will, aber er muss sich darauf verlassen können, dass, wenn Beschlüsse dieses Kollegialorgans gefasst werden, diese auch eingehalten werden. Wenn wir das nicht tun - und davor kann ich wirklich nur warnen -, wenn wir auf diese Art und Weise internationale Investoren verprellen, dann kann ich nur sagen: Wer immer beschütze die Wiener Wirtschaft! Dann werden wir extreme Schwierigkeiten haben. Und wenn ich mir vorstelle, dass zur Zeit etwa 51 oder 52 Prozent aller in Österreich erfolgenden Auslandsinvestitionen in Wien getätigt werden und wir senden das Signal von ökonomischer und juristischer Unzuverlässigkeit aus - nein, dafür stehe ich nicht, das will ich nicht, denn das würde einen nachhaltigen Schaden letztendlich auch für die Wirtschaft bedeuten.

 

Daher noch einmal: Ja, wir wollen nicht die Aberkennung des Weltkulturerbes, das ist keine Zielsetzung, keine Option. Ja, wir wollen die Erhaltung des Weltkulturerbes für die Wiener Innenstadt, das ist keine Frage. Und wir wollen alles tun - mit Ausnahme dessen, was ich vorhin erwähnt habe, nämlich ein Signal ökonomischer Unzuverlässigkeit aussenden -, im Rahmen vernünftiger Argumentationen dieses Weltkulturerbe auch zu erhalten.

 

Nur eines sage ich schon auch: Argumente, die man ganz offensichtlich falsifizieren kann, wie etwa einen Vergleich mit anderen Bauten in dieser Gegend, halte ich für unkorrekt, halte ich für wirtschaftlich schädlich, und aus beiden Gründen kann ich sie so nicht akzeptieren. Da muss man eben weiterreden, und das tun wir.

 

Vorsitzender GR Mag. Dietbert Kowarik: Die 4. Zusatzfrage wird von Frau GRin Dipl.-Ing. Olischar gestellt. - Bitte.

 

9.58.40

GRin Dipl.-Ing. Elisabeth Olischar, BSc (ÖVP): Vielen Dank, Herr Bürgermeister, für Ihre bisherigen Ausführungen. Jetzt gibt es neben dem Projekt am Heumarkt ja doch einige andere sensible Projekte, unter anderem beispielsweise im Bereich Karlsplatz, wo wir beobachten, dass gerade die beiden Regierungsfraktionen oft nicht einer Meinung sind, was uns dann über die Öffentlichkeit ausgerichtet wird.

 

Vielleicht könnten Sie uns als Opposition einen Einblick geben in den gemeinsamen Meinungsbildungsprozess, der parteiübergreifend zwischen Rot und Grün stattfindet, gerade bei solchen sensiblen Projekten.

 

Vorsitzender GR Mag. Dietbert Kowarik: Herr Bürgermeister, bitte.

 

Bgm Dr. Michael Häupl: Also ich habe nicht die Absicht, jetzt den Zeitrahmen dieser Fragestunde zu sprengen, denn darüber müssten wir uns zweifelsohne etwas länger unterhalten. Aber du meine Güte, dass in einer Koalitionsregierung zwei Parteien sind, das liegt auf der Hand - denn sonst hätte eine Partei eine absolute Mehrheit, und das wollen Sie offensichtlich ja noch weniger, obwohl ich mich in der Vergangenheit sehr gut damit abfinden konnte.

 

Das ändert nichts an der Tatsache, dass auch dann ein Meinungsbildungsprozess stattzufinden hat. Ich darf Ihnen versichern, selbst in Phasen der absoluten Mehrheit der Sozialdemokraten hat es Meinungsfindungsprozesse gegeben, hat es gelegentlich kontroverse Auffassungen zu verschiedenen Projekten gegeben.

 

Ich halte kontroversielle Auffassungen innerhalb einer Partei, aber auch zwischen zwei Regierungsparteien für kein Unglück, da muss man sich eben hinsetzen und das ausdiskutieren. Das ist Demokratie. Dass inhaltliche Diskussionen, die man innerhalb einer Partei oder auch zwischen Regierungsparteien führt, immer wieder zu einem Streit hochstilisiert werden, das ist eine Mediengeschichte, mit der man fertig werden muss.

 

Ich halte eine lebendige Auseinandersetzung über die Einschätzung verschiedener Projekte für etwas Gutes, und genau das tun wir. Dafür gibt es auch so etwas wie einen Konsultationsmechanismus, mit dem man diese Diskussionen entsprechend organisiert führen kann, und das war es. Noch einmal: Nicht jede Diskussion ist ein Streit, sondern eine Diskussion ist das Zeugnis lebendiger Demokratie. (Beifall bei SPÖ und GRÜNEN.)

 

Vorsitzender GR Mag. Dietbert Kowarik: Danke, Herr Bürgermeister.

 

10.01.00†Amtsf. StRin Sandra Frauenberger - Frage|

Wir kommen nunmehr zur 5. Anfrage (FSP-236827-2018-KFP/GM), die von Frau GRin Elisabeth Schmidt gestellt wurde und an Frau Amtsführende Stadträtin der Geschäftsgruppe Soziales, Gesundheit und Frauen gerichtet ist. (Der Praterstern ist seit Jahren ein sozialer Brennpunkt mit vielen Problemen. Tagtäglich frequentieren rund 150.000 Menschen den Praterstern, um zu oder von der Arbeit zu kommen. Eine Anfragebeantwortung des Innenministeriums ergab, dass es im Jahr 2013 zu unglaublichen 44.074 Amtshandlungen, 6.299 Verwaltungsübertretungen und 2.106 Anzeigen wegen strafbarer Handlungen kam. Zu wie vielen Rettungseinsätzen kam es dort im Jahr 2017 sowie in den ersten beiden Monaten des Jahres 2018?)

 

Ich bitte um Beantwortung.

 

Amtsf. StRin Sandra Frauenberger: Sehr geehrte Frau GRin Schmidt!

 

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