Gemeinderat, 32. Sitzung vom 25.01.2018, Wörtliches Protokoll - Seite 83 von 102
tagskompetenzen. Das ist etwas, das dazu hinführt, ein eigenständiges und selbstständiges Leben führen zu können. Diese Wohngemeinschaft für junge Frauen gibt es bereits seit 1996, seit 2004 mit Unterstützung der Stadt Wien. Es gibt da, wie bereits erwähnt, 6 Wohnplätze. 2016 haben 15 junge Frauen in der Wohngemeinschaft wohnen können. Ich möchte kurz die Elemente anführen, um die es hier geht, das, was im Projekt besonders berücksichtigt wird, weil ich glaube, dass es essenziell ist, um zu verstehen, wie Wohnen einen Beitrag leistet im Bereich der Integration, im Miteinander und in der sozialen Integration.
Es geht einerseits um die Stabilisierung der Lebenssituation insgesamt. Es geht um Menschen, die sich in Notlagen befinden oder in einer akuten Gewaltsituation, eine Traumatisierung erlebt haben beziehungsweise sich insgesamt in einer schwierigen Situation befinden. Hier wird angestrebt, über Hilfe zur Selbsthilfe eine Existenzsicherung zu ermöglichen. Es wird dabei Begleitung angeboten, also eine Unterstützung im rechtlichen Bereich, im Bereich Aus- und Weiterbildung, aber auch bei der Suche nach einem Arbeitsplatz. Es gibt dabei auch gemeinsame Freizeit- oder Sportaktivitäten, also es ist durchaus auch im sozialen Bereich sehr viel da, das ein Miteinander herstellt.
Was in diesem gemeinsamen Tun passiert, ist eine Kenntnisvermittlung der Rechte in diesem Land, der Sprache, aber auch der Landeskunde, der Politik, der Kunst und Kultur. Das geschieht in diesem Miteinander, wo das eigentliche Angebot auf der Ebene einer Wohngemeinschaft besteht oder eines Wohnraumes, der miteinander geteilt wird, aber dahinterliegend geht es darum, die Würde wieder zu erlangen und einen Platz in der Gesellschaft zu finden.
Das ist der Beitrag von Wohnen zur sozialen Integration. Hier stellt sich wirklich größer die Frage: Wie wollen wir miteinander leben, welches Menschenbild haben wir voneinander, und was bedeutet Integration für uns in unserem Verständnis? Wir haben in Wien die Situation, dass im Bereich Wohnen und Integration insbesondere seit dem Jahr 2015 der private Sektor eine große Verantwortung übernommen hat. Es sind tausende ehrenamtlich engagierte Menschen, die ihre Türen geöffnet haben und Menschen bei sich und in ihrem Leben aufgenommen haben. Hier gibt es jetzt Pläne von der FPÖ, herzugehen und die Menschen, die ein neues Zuhause gefunden haben, herauszureißen aus diesem Verband und zwangsweise in Massenlagern am Stadtrand oder in Industriegebieten unterzubringen. Da sagen wir in aller Deutlichkeit: Wir lehnen das strikt ab! Wir stehen für so eine Politik der Segregation und der Spaltens nicht zur Verfügung! (Beifall bei GRÜNEN und SPÖ.)
Die Mehrheit der Asylwerbenden in Wien wohnt bereits privat. Das sind zirka 13.000 Personen, 68 Prozent, die in unterschiedlichen privaten Unterkünften, in Wohngemeinschaften, bei Familien, in privaten Wohnmöglichkeiten untergekommen sind. Das bringt, wie Sie am Beispiel des Kolping Wohnprojektes für junge Frauen sehen, viele Vorteile mit sich im Bereich der Integration. Wenn es Ihnen um Integration geht, dann wäre das ein Ansatz, den Sie unterstützen und ausbauen müssten. Und in aller Deutlichkeit: Private Unterkünfte sind ein wichtiger Schritt zur Integration. Der Austausch zwischen neu zugewanderten Menschen und Menschen, die schon länger hier leben, findet tatsächlich im Privaten statt, und hier ist das, was an Gemeinschaft entstehen kann, besonders deutlich.
Die private Unterbringung ist eine zutiefst integrative Maßnahme, nicht zuletzt auf der Ebene des Spracherwerbs. Dieses Lernen voneinander und miteinander zu unterbinden, bedeutet, direkt den Ausschluss von geflüchteten Menschen aus der Gesellschaft hier bewusst und aktiv herbeizuführen und gleichzeitig auch den engagierten Einsatz von Tausenden von Freiwilligen für eine gelingende Integration zu unterbinden und zunichte zu machen. Das ist das, was Ihr Vorstoß und Ihr Vorhaben bewirken würden. Eine private Unterbringung ist auch ein erster Schritt in ein selbstständiges Leben mit Privatsphäre und mit Familienleben. Auch das ist ein Menschenrecht, das wir in der Menschenrechtsstadt Wien umsetzen, umsetzen werden und wozu wir auch stehen. Wir sind nicht zu haben für eine Zweiklassengesellschaft, die manchen dieses Recht zugesteht und anderen nicht.
Über die finanziellen Aspekte möchte ich mich erst gar nicht auslassen. Sie wissen ganz genau, dass die Unterbringung in Großquartieren oder in Massenlagern, wie Sie es wollen, mehr als doppelt so viel kostet als die private Unterbringung. (GR Mag. Wolfgang Jung: Also ich glaube nicht, dass die Unterbringung in Massenquartieren doppelt so viel kostet wie in privater Unterkunft!) Es gibt auch schon mehrere Rechnungshofberichte, die deswegen mehr private Quartiere für Geflüchtete empfehlen. Im besten Fall dauert ein Asylverfahren heute immer noch ein Jahr. Statt untätig warten zu müssen, kann und soll diese Zeit auch sinnvoll genutzt werden, nämlich zum Aufbau von persönlichen und beruflichen Netzwerken, zum Aufbau und Ausbau von Kompetenzen, für persönliche und berufliche Weiterbildungen und Perspektiven. Das geschieht am besten in einem vielfältigen Umfeld, in dem die Gepflogenheiten hier auch gelernt, verstanden werden und gelebt werden, und das am besten miteinander, wo es auch die Möglichkeit gibt, über nachbarschaftliche Hilfestellungen den Alltag zu bewältigen. Dieses friedliche und gemeinschaftliche Zusammenleben verschiedener sozialer Gruppen in Wien, das ist das Prinzip der Menschenrechtsstadt Wien und das das ist das Prinzip der Sozialpolitik, die wir in Wien durchführen. (Beifall bei GRÜNEN und SPÖ.)
Das betrifft selbstverständlich auch den Umgang mit geflüchteten Menschen. Wir, noch einmal, stehen nicht zur Verfügung für eine Politik der Segregation, wir stehen nicht zur Verfügung für die Politik des Spaltens, wir stehen nicht zur Verfügung für eine Zweiklassengesellschaft. Daher bringe ich heute folgenden rot-grünen Antrag ein:
„Der Wiener Gemeinderat lehnt die verpflichtende Unterbringung von Asylwerbenden in neuen, vom Bund geführten, Massenquartieren ab. Der Wiener Gemeinderat fordert die Bundesregierung auf, im Sinne einer ge
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