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Gemeinderat, 27. Sitzung vom 28.09.2017, Wörtliches Protokoll  -  Seite 74 von 102

 

agiert er? - Zum Beispiel gab es am Freitag vor zwei Wochen eine Menschenkette für den Frieden von der großen Moschee bis zur nächsten Nachbarkirche, und er hat - als einziger Politiker - daran teilgenommen! Also das ist ja auch gelebte Praxis, gelebter interreligiöser Dialog, gelebtes Verständnis und gelebte Friedensarbeit. Und dafür steht der Kollege Omar Al-Rawi, und daher weise ich alle diese wirklich verleumderischen Angriffe aufs Schärfste zurück. (Beifall bei der SPÖ.)

 

Ein paar Dinge, die wir in Wien tatsächlich machen, sollen auch noch gesagt sein, in aller Kürze, aber doch, weil nämlich die Frage angesprochen worden ist: Na, warum macht ihr da eigene Kurse, jetzt wo es endlich einmal etwas vom Bund gibt? - Dies übrigens auf unser Drängen und auch nur acht Wochen, und, und, und. - Ja, unsere Info-Module gibt es seit 2008. Seit 2015 haben wir sie für Flüchtlinge erweitert. Die sind natürlich wesentlich umfangreicher als diese Acht-Wochen-Wertekurse, weil sie dialogisch aufgebaut sind und nicht in Form eines Frontalvortrags abgehalten werden. Wenn ich wirklich die Herzen, die Hirne und die Sicht auf die Welt verändern will, dann ist ja klar, dass ich dafür einen längeren Zeitraum brauche, dass ich mich mehr damit auseinandersetzen muss und nicht nur sagen kann: Also Toleranz heißt Folgendes, Frauenrechte heißt Folgendes - drei Absätze, Prüfung, auswendig gelernt, super, zack bum, erledigt! - Also dieser Acht-Wochen-Kurs ist besser als nichts, aber der Wiener Kurs ist besser. Und deshalb machen wir ihn gerne weiter, weil er eben auch inhaltlich entsprechend etwas bringt. Zum Beispiel bei unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen und überhaupt für Jugendliche gibt es auch eigene Module, die eben Themen wie Liebe, Sex und so, Zusammenleben extra in jugendgerechter Sprache aufarbeiten, mit Beispielen, wenn man so will, versehen, durcharbeiten, um da auch im Inneren entsprechende Grundlagen zu schaffen. Rund 11.000 TeilnehmerInnen gab es seit 2015.

 

Also alles in allem muss ich sagen, das zeigt ja, wie es Wien macht, dass wir die Dinge ernst nehmen und dementsprechend da auch für Lösungen kämpfen. Und natürlich soll man alle Vereine prüfen - alle, sage ich, denn nicht jede Schlechtigkeit, die bei einer Kindergruppe oder bei einem Kindergarten vorgekommen ist, hat direkt etwas mit dem Islam zu tun. Ich nenne ein einzige Beispiel, das wir ja alle kennen: „Alt Wien“ - Ausbau der Villa für die Schwiegermutter, et cetera, also wo es dann abwärts gegangen ist. Wir haben eine strenge Prüfung für alle Vereine - ich bin auch dafür -, und für die, die neu dazukommen - das wurde ohnedies schon vom Bürgermeister gesagt -, gilt: Businessplan, das pädagogische Konzept, MA 10 und MA 11 überprüfen sie, es gibt diesen neuen Leitfaden für Religion beziehungsweise Ethik im Kindergarten - dazu sage ich dann ganz kurz auch noch etwas. Aber verantwortlich für die Prüfung im Sicherheitsbereich ist natürlich das Innenministerium. Das ist ja ganz klar. Wenn die Staatssicherheit sagt, bei diesem Verein passt alles, dann wird man es schwer haben, zu sagen, na ja, aber wir glauben es nicht, wir haben eine ganz eigene Einschätzung der Welt und betreffend die Frage, was gefährlich ist und was nicht. - Deshalb werden alle Auflagen nur dann funktionieren, wenn auch das Innenministerium und die Staatssicherheit hier entsprechend gut und richtig arbeiten. Wir haben aber sichergestellt, dass wir die Informationen von Anfang an bekommen, dass es hier keine Informationslücke gibt.

 

Und was ja auch gelungen ist und was zeigt, wie es Wien wirklich macht, ist, dass wir es eben gemeinsam machen, dass wir es gemeinsam mit allen Religionsgemeinschaften zum Beispiel machen: Ethik im Kindergarten, Weltanschauung und Religionen, auch nichtreligiöse Anschauungen, gleichberechtigt dargeboten, nicht nur eine Religion, selbst wenn du als Trägerverein sozusagen einer Religion angehörst - Ergänzung zum Wiener Bildungsplan, denn den Bildungsplan musst du ja sowieso akzeptieren, aber das ist eben jetzt als Ergänzung dazugekommen -; und dieser Leitfaden, das habe ich schon gesagt, wurde in Kooperation mit allen Religionsgesellschaften konzipiert. Jeglicher Zwang ist dabei verboten, in welcher Form auch immer, und im Kindergarten hat das auch nichts verloren. Und was natürlich auch gelungen ist: das Netzwerk Deradikalisierung. Das gibt es ja auch schon wesentlich länger als diese Diskussion im Zusammenhang mit der Flüchtlingswelle, und natürlich erst recht länger als Ihre Angriffe, die ja vor allem dem Wahlkampf geschuldet sind.

 

Aber dass wir hier mit der Kinder- und Jugendanwaltschaft etwas Tolles geschafft haben, dass da jetzt endlich auch der Bund aufspringt, dass wir von Anfang an bei der Ausbildung von LehrerInnen, von JugendarbeiterInnen eigentlich die Ersten waren, noch bevor Probleme überhaupt aufgetreten sind - ich sage jetzt nicht, dass es keine Probleme gibt, aber dass hier dagegen gearbeitet wurde -, dass wir versucht haben, von Anfang an zu deradikalisieren, weil wir es eben gerade durch die Jugendarbeit vor Ort schon vorher bemerkt und gewusst haben, das ist ja ebenfalls ein Faktum. Und hier wird durchaus erfolgreich gearbeitet, übrigens auch in einer sehr guten Zusammenarbeit mit der Polizei, die uns immer wieder bestärkt und in diesen ganzen Foren ja auch fordert, dass wir die Prävention als erstes Mittel einsetzen. Die wollen nicht hauptsächlich polizeilich arbeiten - das ist ja aus polizeilicher Sicht auch ganz klar, und jeder, der mitdenkt, wird ja verstehen, dass die Polizei selbst das ebenfalls nicht anstrebt.

 

Das bedeutet also, dass wir in Wien eigentlich der Aufklärung verpflichtet sind und verpflichtet bleiben wollen. Religion ist Privatsache, und sie soll das auch bleiben und hat daher in den Kindergärten nichts und, so gesehen, in den Schulen zwar im Religionsunterricht, aber nicht direkt in den Inhalten etwas verloren. Was wir aber ablehnen, und zu Recht ablehnen, ist eine pauschale Verurteilung, weil es eben in der Sache nicht stimmt.

 

Wir setzen uns inhaltlich auseinander und wir werden gemeinsam vorgehen, eben ohne falsche Toleranz, gegen rassistische, gegen islamistische und gegen sonstige antidemokratische Hassprediger, die unsere Gesellschaft gefährden und zerstören. Hinschauen statt hinhauen, Lösungen bringen, Probleme lösen, nicht Hass schüren, gemeinsam für Wien - das ist ein erfolgreiches Modell! - Vielen Dank. (Beifall bei SPÖ und GRÜNEN.)

 

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