«  1  »

 

Gemeinderat, 25. Sitzung vom 27.06.2017, Wörtliches Protokoll  -  Seite 70 von 78

 

Amtsf. StR Mag. Jürgen Czernohorszky|: Sehr geehrter Herr Vorsitzender! Meine Damen und Herren!

 

Zuerst einmal möchte ich mich für die angeregte Debatte bedanken, auch für die vielen angeregten Debatten und die Zusammenarbeit in den letzten Monaten. Ich möchte aber auch explizit Danke dafür sagen, dass es eine über weite Strecken sehr sachliche Debatte war. Das ist fast allen gelungen, ich weiß, das gelingt nicht immer. Ich möchte es jetzt aber explizit und auch in Hinblick auf meine Geschäftsgruppe sagen. Ich bin kein Kind der Traurigkeit und habe großes Verständnis dafür, dass man seine Anliegen mediengerecht und zugespitzt in der Diskussion formulieren muss, aber Voraussetzung dafür ist, zumindest ist das meine Meinung, dass man ein Anliegen hat, das über die persönliche Profilierung und das Gejohle und das Ausrichten von jemandem anderen hinausgeht.

 

Das eigentliche Anliegen, liebe Kolleginnen und Kollegen, das sollten die Menschen in unserer Stadt sein. Und wenn man das einmal gesagt hat, dann muss man zu diesem A auch B sagen. Dieses B ist, man muss ein offenes Auge für große Herausforderungen haben, die diese Stadt hat, die jede dynamische Millionenstadt hat. Man muss diese Herausforderungen benennen, man muss sagen, was ist, aber man muss sich nicht genieren dafür, dass man in einer Millionenstadt lebt und dass wir diese Herausforderungen, die sich uns stellen, auch bearbeiten.

 

Man muss handeln, nicht johlen, man muss die Hand ausstrecken und nicht mit dem Finger zeigen. Das sind meiner Meinung nach die Grundsätze, auf die die Menschen ein Recht haben. Die Menschen haben ein Recht auf gute Politik, und gute Politik ist nicht dazu da, dass sie den Leuten erklärt, was sie für Probleme haben, auch nicht dafür da, dass sie den Leuten erklärt, wer schuld an den Problemen ist. Gute Politik ist dazu da, die Probleme zu lösen. (Beifall bei SPÖ und GRÜNEN.)

 

Und wenn es einen roten Faden durch unser Ressort gibt, dann ist es das und dann ist es die Tatsache, dass im Mittelpunkt nicht Probleme, die jemand in den Raum stellt, stehen, sondern das gemeinsame Lösen von Herausforderungen. Im Mittelpunkt, meine Damen und Herren, stehen Menschen und nicht die Schlagzeile.

 

Fangen wir beim Thema Bildung, fangen wir beim Thema Jugend, fangen wir beim Thema Kinder an: Was treibt uns nun? - Sie haben es erraten, im Mittelpunkt steht auch da der lernende Mensch. Es sind zwei zentrale Grundsätze, erstens: Chancen, Bildungschancen, Chancen, in der Gesellschaft mitzutun, mitzuspielen bei dem Spiel, das Gesellschaft heißt, die sollen nicht vom Geldbörsel der Eltern und vom Elternhaus abhängig sein.

 

Der zweite Grundsatz ist: Jedes Kind, jeder junge Mensch hat das Recht, sein Potenzial entfalten zu können und mit Freude und Begeisterung zu lernen, egal, woher er kommt und egal, wie er oder sie ausschaut. Dafür sind Investitionen in die Bildung gut, und ich würde sagen, das ist der große Schwerpunkt der Geschäftsgruppe, und das sind Investitionen in die Zukunft. Wie lernen die Menschen am besten? Was brauchen sie dafür? - Zuerst einmal - das ist ein bisschen untergegangen - braucht es dafür ausreichend gute, hochwertige Ausbildungs- und Betreuungs- und Bildungsplätze. Wien wächst ziemlich, umgelegt auf Kinder bedeutet das 2.500 Kinder jedes Jahr. Das ist eine Herkulesaufgabe, und ich möchte ein riesengroßes Dankeschön und meinen großen Respekt an alle sagen, die in dieser Stadt daran mittun, dass wir es schaffen, für diese 2.500 Kinder mehr großartige Bildungsplätze zu schaffen. (Beifall bei SPÖ und GRÜNEN.)

 

771 Millionen EUR in den Kindergarten, 105.000 Plätze in Kindergärten und Horten, 71 Prozent der Plätze für 1- bis 3-Jährige - übrigens ein Bereich, wo in ganz Österreich 20.000 Plätze fehlen, damit überhaupt nur 33 Prozent erreicht werden - und 106 Prozent für 3- bis 6-Jährige. Das lässt sich fortführen bis zu den Schulen - da nur eine Zahl -, 75 Klassen mehr in diesem Jahr, auf das wir zurückschauen. Das ist eine großartige Bilanz.

 

Meine vorige Tätigkeit hat mir schon im letzten Jahr die Chance gegeben, viele dieser neuen Bildungsbauten zu besuchen, wie zum Beispiel die Zubauten in der Rohrwassergasse, in der Erlaaer Schleife oder die neuen Schulen, wie in der Piquetgasse.

 

Was braucht Bildung, die Menschen im Mittelpunkt hat, noch? - Die Förderung jedes einzelnen Kindes, und das braucht ein Benennen der Herausforderungen. Das ist heute ein paar Mal gekommen, ein Mal im Zusammenhang mit einer Aussage von der Frau Kollegin Kugler: Warum braucht es den Hilfeschrei einer Lehrerin? - Ich sage Ihnen ganz offen, den Hilfeschrei braucht es nicht, ich schreie mit dieser Lehrerin mit. Denn was hat diese Lehrerin gesagt? - Sie hat auf ein Thema hingewiesen, das Realität in Wien ist. Eine Lehrerin in Wien hat, so wie eine Lehrerin in einer anderen Millionenstadt, alle Herausforderungen, die diese Gesellschaft mit sich bringt, vor sich. Das sind extrem viele - im Vergleich zu Österreich - AkademikerInnenkinder, das sind aber auch Kinder, die keine Schere halten können, Kinder, die in der Früh die Einzigen sind, die aufstehen, Kinder, die nicht genug Deutsch können. Das an sich ist nicht das Problem der Lehrerin, die Frage ist: Wie viel Unterstützung braucht die Lehrerin? - Und da gibt es eine große Ungerechtigkeit in dieser Republik, wir kennen nur eine Form der Ressourcenzuteilung, und das ist die Gießkanne. Das ist eine Ungerechtigkeit. Es darf nicht sein, dass in einer Stadt wie Wien, wo 56 Prozent der Kinder in einer Schule sind, in der die Herausforderungen groß und sehr groß sind, mit der gleichen Gießkanne bedacht wird wie zum Beispiel im Burgenland, wo 0 Prozent der Kinder in so eine Schule gehen.

 

Das ist ein Thema - ich kann das abkürzen -, das der Herr GR Vettermann mit dem Chancenindex umschrieben hat. Was ist der Chancenindex? - Eine Kurzzusammenfassung für mehr Ressourcen dort, wo die Herausforderungen groß sind. Wir haben das sehr intensiv gefordert. Wir haben uns auch in vielen Dingen durchgesetzt. Im Integrationspaket hat die Bildungsministerin zum ersten Mal zusätzliche Mittel für die Integration von Kindern zur Verfügung gestellt, zum Beispiel 150 Sprachlehrerinnen und Sprachlehrer.

 

«  1  »

Verantwortlich für diese Seite:
Stadt Wien | Geschäftsstelle Landtag, Gemeinderat, Landesregierung und Stadtsenat (Magistratsdirektion)
Kontaktformular