Gemeinderat, 19. Sitzung vom 26.01.2017, Wörtliches Protokoll - Seite 71 von 125
Autobahn über die Elbe, da wurde Dresden das Welterbe-Prädikat aberkannt. Das andere war Oman, da hat man in einer Gegend Öl gebohrt, die auch ein Naturwelterbe ist. Und als drittes Beispiel kommen dann schon wir dran. Na, ich gratuliere!
Wir kommen mit der Aberkennung des Welterbe-Prädikats ausgerechnet in einem Jahr dran, das die Europäische Kommission, unterstützt vom Europäischen Parlament, von anderen Institutionen der EU plus dem Europarat zum Europäischen Welterbe-Jahr erklärt hat: World Heritage Year 2018. Das ist die Morgengabe von Ihnen, Frau Vassilakou, das ist die Morgengabe von Herrn Bgm Dr. Michael Häupl an dieses Europäische Welterbe-Jahr.
Warum glauben Sie, hat man dieses Europäische Welterbe-Jahr ausgerufen? - Weil man auch innerhalb der UNESCO, bei der man sich um den Erhalt von Welterbe bemüht, international, auch mit Strafandrohungen beim Menschengerichtshof in Den Haag, ein Zeichen setzen will, dass auch Europa ein ganz wertvolles Welterbe besitzt, das es teilen soll. Es heißt in diesem Beschluss zum Welterbe-Jahr 2018 gemäß seinem Motto „share heritage“, Europa soll sein Kulturerbe mit den anderen teilen!
Wenn wir so weitermachen, meine Damen und Herren, werden wir bald nichts mehr zum Teilen haben, was das Welterbe in Wien betrifft. Und das alles für den schnöden Mammon, für eine wirkliche Fehlplanung, für das bewusste Inkaufnehmen eines Vertragsbruches. Es ist ein Vertragsbruch, den Wien hier riskiert, das Land Wien und die Republik. Der neue Herr Bundespräsident wird sich sicherlich mit dieser Frage auseinandersetzen müssen, genauso wie sich der Herr Außenminister damit auseinandersetzt und auch der Kulturminister, der das Land Wien und den Bürgermeister in einem Schriftstück bei einer Anfrage im Parlament darauf hingewiesen hat, dass Wien alles unternehmen soll, um diesem Vertrag gerecht zu werden und seiner Verantwortung gerecht zu werden.
Das hat aber bisher auch nichts genützt, wie gesagt, ich bin gespannt, wie die UNESCO jetzt reagieren wird. In Krakau ist damit zu rechnen, dass wir auf die Rote Liste der gefährdeten Welterbe-Stätten kommen werden. Und der nächste Schritt, wenn Sie den Flächenumwidmungsplan hier im Gemeinderat durchpeitschen wollen, ist dann natürlich die Aberkennung. Aber das ist Ihnen offenbar ein Wunschziel und das Kulturerbe ist Ihnen ziemlich egal, denn es hat natürlich einen imperialen Charakter, das ist lästig, nicht wahr? - Deshalb baut man ja auch auf dem Heldenplatz jetzt diese provisorischen Unterkünfte für die Parlamentarier. Genauso gut hätte man hier andere Lösungen finden können, die vielleicht weltkulturerbekonformer gewesen wären. Das tut man aber nicht, der Herr Haselsteiner hat was davon, und dann macht man noch einige andere Dinge, die dem Weltkulturerbe eigentlich entgegenstehen. Das mit vollem Bewusstsein und aus voller Überzeugung, und alle anderen werden als hoffnungslose Nostalgiker abgetan. Sind sie aber nicht.
Glauben Sie mir eines: Sollte dieses Projekt so kommen, in dieser Form, und sollte man nicht noch einmal innehalten und doch eine andere Lösung anstreben, dann ist das natürlich ein Verlust, auch für das Image Wiens, ist es ein Verlust für das Image der Republik Österreich, ist es ein Kulturverlust, ist es genau genommen eine Kulturschande. (Beifall bei der FPÖ.)
Vorsitzender GR Mag. Dietbert Kowarik: Nächster Redner ist Herr GR Dr. Gara. Ich erteile ihm das Wort.
GR Dipl.-Ing. Dr. Stefan Gara (NEOS): Sehr geehrter Herr Vorsitzender! Sehr geehrte Frau Vizebürgermeisterin! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen in den doch teilweise sehr verwaisten Bänken!
Das ist schon ein wichtiges Thema, über das wir hier diskutieren. Frau Stenzel hat zuvor auch das Beispiel Dresden angesprochen, und ich denke, ja, Dresden kann ein Beispiel sein. Das ist letztendlich auch das, was wir in der letzten Gemeinderatssitzung auch gefordert haben. Dort haben die Menschen entschieden, wir wollen das Weltkulturerbe nicht, und wir entscheiden uns für eine alternative Lösung für diese Brücke.
Ich glaube, es ist auch ganz wichtig, auf diese Metaebene zu kommen. Denn was können wir letztendlich aus dieser ganzen Diskussion lernen, auch für die Zukunft der Planungspolitik in Wien? Es ist kein Zufall, dass dieses Projekt ein Mal mehr für Aufregung sorgt, dass wir wieder die Diskussion führen müssen, ob Wien das Weltkulturerbe verliert oder nicht. Ich glaube, das hat damit zu tun, dass einfach gewisse Dinge nicht eingehalten werden, denn es sind wieder Transparenz und klare Spielregeln, die wir in diesem Fall vermissen. (Beifall bei den NEOS.)
Wir NEOS machen auch keinen Hehl daraus, dass wir sagen, ja, grundsätzlich erachten wir dieses Vorhaben auch für sinnvoll, denn abseits der blumigen Beschreibungen der Vergangenheit muss man sich auch der Realität stellen. Die Realität am Heumarkt sieht nicht unbedingt sehr rosig aus, die Realität am Heumarkt ist schon ein bisschen verstaubt, und es braucht tatsächlich städtebaulich eine Entwicklung. Die ist notwendig. Es braucht auch tatsächlich eine Zukunft für eine wichtige Wiener Institution, den Wiener Eislaufverein. Und auch die ist wichtig, denn das ist auch etwas, was den Wienerinnen und Wienern ein besonderes Anliegen ist. Das ist letztendlich ein Grund, warum wir sagen, ja, wir halten einen solchen Vorschlag für durchaus sinnvoll und können dem auch einiges abgewinnen.
Das politische Problem, und um das geht es ja letztendlich, ist, dass die Stadtregierung hier versucht, sich rund um dieses Weltkulturerbe durchzuschwindeln. Aber dieses Durchschwindeln ist letztendlich ein Bumerang. Diesen Bumerang haben wir jetzt und deshalb führen wir diese Diskussion, die eigentlich so nicht notwendig wäre. Denn auch das haben wir letztes Mal gesagt: Auch die Nachdenkpause war gut. Wir haben uns letztendlich erwartet, dass man in so einer Nachdenkpause wahrscheinlich auch mit der UNESCO einen Kompromiss finden wird.
Sehr überrascht waren wir eigentlich, dass nach Bekanntgabe der Nachdenkpause und interessanterweise
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