Gemeinderat, 18. Sitzung vom 16.12.2016, Wörtliches Protokoll - Seite 72 von 99
derstand, und zwar den zunehmend wütenden Widerstand haben.
Jetzt zu dem Projekt selber, zum Heumarkt selber. Ich habe das auch schon ein paar Mal getwittert oder auf Facebook oder auch in diversen Statements gesagt: Ich glaube - und das muss auch gesagt werden -, der Kardinalfehler ist, von Anfang an keine oder nur sehr vage Richtlinien vorzugeben, keine verbindlichen Richtlinien vorzugeben. Mein Verständnis von Politik, von Stadtplanung, von Stadtgestaltung und auch von der politischen Gestaltungsmacht einer Stadt ist es, Rahmenbedingungen vorzugeben, die verbindlich sind, die dann aber auch für jede Person gelten, unabhängig vom Status, unabhängig von der Geldbörse und unabhängig vom Ansehen dieser Person. (Beifall bei den NEOS.)
Das haben Sie nicht gemacht. Das Hochhauskonzept weicht in der Verbindlichkeit sogar hinter das frühere Hochhauskonzept zurück.
Jetzt kann man hier auch einmal die Frage stellen, warum man das so macht. Jedenfalls ist klar, dass damit Einzelprojekte immer zum Spielball, zum Gezerre der Parteipolitik werden. Ich halte das nicht für wünschenswert. Ich halte es auch nicht für wünschenswert aus der Sicht eines Investors, der vor allem eines braucht, nämlich Rechtssicherheit. Ich kann mich erinnern: Als ich begonnen habe, mich mit Wiener Politik zu beschäftigen - wie Sie ja wissen, sind wir NEOS neu hier im Wiener Gemeinderat, und als wir damals in den Nationalrat eingezogen sind, habe ich sehr schnell gesagt, ich werde Wien auch für mich politisch zum Projekt machen, und habe begonnen, mich damit zu beschäftigen -, bin ich natürlich sehr schnell mit dem Projekt Heumarkt konfrontiert worden. Ich habe damals durchaus auch mit dem Investor beziehungsweise mit seinen ProjektkommunikatorInnen gesagt, na, das werde ich mir einmal anschauen, wie das funktionieren wird! Ich habe damals gesagt, so wie ich das Gezerre in dieser Stadt kenne, wird eines passieren: Es wird weniger hoch gebaut werden, dafür breiter.
Das ist nicht die Sinnhaftigkeit, auch nicht und schon gar nicht die eines Architekturwettbewerbs. Das muss ich an dieser Stelle sagen. Wenn ich einen Wettbewerb mache, dann möchte ich, dass der Rahmen dafür klar ist: wo kann ich mich bewegen. Und dann einen Architekten einen Entwurf machen zu lassen, der dann nach monatelanger Reiberei eh nicht so kommt, wie er geplant war, und daher in den Proportionen möglicherweise auch nicht dem entspricht, was sich da einer einmal gedacht hat, das halte ich auch aus sozusagen künstlerischer, architektonischer Perspektive für problematisch. Und es war vorhersehbar, es war absolut vorhersehbar. Ich glaube, dass ein verbindlicherer Rahmen - und den brauchen wir ganz dringend - Rechtssicherheit schafft, auch für Investoren.
Und gut, man kann jetzt darüber diskutieren - und ich halte das durchaus für legitim -, ob der Status des Weltkulturerbes in der jetzigen Form für Wien notwendig ist - wie auch immer man jetzt „notwendig“ sieht: als letzte Schranke, als Bekenntnis zur Bewahrung eines kulturellen Erbes. Darüber kann man reden. Man kann darüber reden, dass in einer lebendigen Stadt Stadtplanung und Stadtgestaltung sozusagen nicht so passieren sollen, dass man etwas unter eine Glaskuppel stellt. Man kann darüber reden, dass ein Blick wie der Canaletto-Blick nicht Leitbild sein darf für eine moderne Stadt, die lebendig ist und vielleicht auch architektonische Landmarks der Neuzeit, der Moderne braucht. Darüber kann man reden - und meine Fraktion ist durchaus der Meinung, darüber soll man reden.
Aber Sie können nicht, und das meine ich sehr im Ernst, im Vorübergehen, quasi als Nebeneffekt, ohne darüber den Diskurs zu führen, diesen Weltkulturerbe-Status einfach so abschaffen oder aufs Spiel setzen. Das halte ich für, gelinde gesagt, feig, weil Sie nicht mit den Bürgerinnen und Bürgern darüber reden. Ich halte es auch für problematisch, weil es sozusagen an der eigentlichen Diskussion, die geführt werden soll, vorübergeht. Ich verstehe auch überhaupt nicht, wieso der Einzige, den ich heute bis jetzt gehört habe, außerhalb dieses Raums, der Herr Kettner ist, der seine Sicht aus der Perspektive des Stadttourismus dazu darlegen muss, der sozusagen hier vorgeschickt wird.
Bitte reden wir darüber! Reden wir über die Frage: Ist der Status des Weltkulturerbes - immerhin ein völkerrechtlicher Vertrag, wie meine Vorrednerin zu Recht darauf hingewiesen hat - heutzutage notwendig, richtig und wichtig? Die Diskussionen der letzten Tage - nicht nur der letzten Tage, sondern auch schon der letzten Monate - haben gezeigt, dass das ein Thema ist, das die Wienerinnen und Wiener durchaus auch emotional auf der einen oder auf der anderen Seite berührt. Ich habe mir die Foren durchgelesen. Ich würde sagen, es ist ein sehr komplexes, diverses Bild der unterschiedlichsten Meinungen und auch Sachargumente, die da gebracht werden. Aber reden wir darüber!
Und deshalb bringen wir diesen Antrag ein: Weil ich es, ehrlich gesagt, nicht verstehe, dass wir hier über ein Projekt abstimmen werden und das sozusagen als Nebeneffekt „passiert“. Das ist nicht meine Art des Politikverständnisses. Ich bin der Meinung, es gibt ein Primat der Politik, wenn es um Stadtgestaltung und Stadtplanung geht, aber mit verbindlichen Rahmenbedingungen - und zwar, das wiederhole ich, völlig unabhängig vom Status der Person, die da jetzt das jeweilige Projekt vorstellt. Und da stelle ich schon einmal die Frage in den Raum. Aber ich bin auch der Meinung, dass wir den Mut haben müssen, über die Dinge, nämlich in diesem Fall den Status des Weltkulturerbes, mit den Bürgerinnen und Bürgern zu sprechen.
Daher heute unser Antrag, denn: Wenn das Weltkulturerbe hier droht, aberkannt zu werden, dann sind wir der Meinung, dass eine Volksabstimmung darüber abgehalten werden soll. (Beifall bei den NEOS.)
Und ja, direkt-demokratische Elemente gibt es in dieser Stadtverfassung. Und wo, wenn nicht hier, wäre ein Anwendungsfall? Nennen Sie mir bitte ein anderes Beispiel, das prädestinierter dafür wäre, die Bürgerinnen und Bürger, die Wienerinnen und Wiener darüber abzustimmen zu lassen! Nicht über das Projekt an sich - das
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