Gemeinderat, 18. Sitzung vom 16.12.2016, Wörtliches Protokoll - Seite 70 von 99
Al-Rawi: Das ist doch nicht das Maß aller Dinge, Frau Stadträtin!)
Und dann kam es natürlich zu einem Prozess, und es kam eine Sondermission von einem Herrn Barbato, Giancarlo Barbato, der sich noch einmal angeschaut hat, wie Sie nämlich - die Stadt Wien, Rot und Grün - umgehen mit dem Weltkulturerbe Innere Stadt als solchem. - So, diesen Herrn Barbato hat man notgedrungen empfangen müssen. Und was die Transparenz betrifft: Es war damals für mich als Bezirksvorsteherin fast nicht möglich, zu erfahren, wo die Herrschaften tagen - es waren Vertreter der Stadt Wien dabei -, wie lange das dauert und ob es überhaupt denkbar ist, dass Vertreter der Bürgerinitiativen daran teilnehmen - und das waren hochkarätige Leute, Architekten von der Architektenvereinigung Wiens, und so weiter, also da waren gute Leute, nicht nur alte, verschmockte Glasperlendamen, sondern Leute, die etwas zu sagen haben und die sehr gute Argumente gehabt haben. Die hat man dann in ein Kammerl in das Akademietheater verbannt, wo kaum die Möglichkeit war, dass man die PowerPoint-Präsentationen entsprechend verfolgen kann.
Und da wurde aber ganz deutlich, worum es in Wirklichkeit geht: Dieses Projekt - und das ist unbestritten - sprengt alle Dimensionen der Proportionalität, nicht nur die Höhenbemessung und nicht nur die historisch wertvolle Sichtachse, sondern es ist ein Eingriff in ein gewordenes, gewachsenes Stadtbild, eine Stadtarchitektur, derentwegen wir überhaupt dieses Weltkulturerbe-Prädikat erhalten haben. Und Herr Bgm Häupl hat, als es im Jahr 2001 so weit war, diesen Weltkulturerbe-Status ausdrücklich als Aufwertung Wiens begrüßt. Ich frage Sie daher: Gilt das jetzt auf einmal nicht?
Sie müssen sich ja bewusst sein, meine Damen und Herren, dass, wenn man auf die Rote Liste gesetzt wird - und das wird im Juli in Krakau bei der nächsten Welterbe-Konferenz passieren -, dann ist der nächste Schritt die Aberkennung des Welterbe-Status. Warum wird er aberkannt? - Weil wir die Welterbe-Konvention, einen zweiseitigen Vertrag der UNESCO mit Österreich, brechen. Und das tut die Republik Österreich, und das tut die Stadt Wien. Das ist Rechtsbruch! Das ist nicht so einfach vom Tisch zu wischen.
Und daher muss man dessen gewärtig sein, dass, sollte es in diesem Fall zu einer Flächenumwidmung kommen und sollten hinsichtlich dieser Flächenumwidmung, sagen wir, in einer Volksabstimmung, wenn diese denn durchgeht - aber ich glaube, das wird Rot-Grün absolut zu verhindern wissen, aber gesetzt den Fall, es kommt dazu -, die Wienerinnen und Wiener entscheiden: Nein, dieses Hochhaus wollen wir nicht; wir wollen das alles schon haben, aber nicht um den Preis der Opferung des Weltkulturerbes, oder aber auch sagen, wir wollen das doch haben und nehmen es in Kauf, dann der nächste Schritt eine Klage ist, eine Klage vor dem Verwaltungsgerichtshof, eine Klage vor dem Verfassungsgerichtshof. - Dessen muss man gewärtig sein. Hier geht es nicht um irgendwas.
Es ist aber auf der anderen Seite auch nicht so wichtig, sage ich Ihnen. Für Österreichs Prestige ist es natürlich nicht gut, dass wir plötzlich in die Rolle eines Vertragsbrechers, in den Ruf einer Rechtlosigkeit kommen, aber der Titel als solcher - ob wir jetzt den Titel haben oder nicht - ist nicht das Problem. Der Rechtsbruch ist das Problem, das Ansehen Österreichs als Vertragspartner ist das Problem. Wir können Wien sicherlich auch ohne dieses Prädikat schön gestalten. Aber: Das hat Folgerungen! Vor allem hat es Folgerungen für die Wirkung danach.
Was bedeutet es? - Bisher war dieses Prädikat Weltkulturerbe eine gewisse Schranke, an die man sich halten konnte. Man konnte nicht einfach willkürlich sagen, ach, jetzt mache ich innerhalb dieses ehemaligen Glacis, am Rande der Ringstraße, dies oder jenes! - Da habe ich ja laut Masterplan Glacis und laut Hochhausrichtlinie einige Möglichkeiten, Hochhausprojekte hinzustellen. Ich habe hier einen Artikel eines wirklichen Fachmanns in einer Zeitschrift - die Sie vielleicht als Feindesblatt erkennen, aber ich würde Ihnen raten, hin und wieder einen Blick hineinzuwerfen -, die „Steine sprechen“ heißt und die Zeitschrift der Österreichischen Gesellschaft für Denkmal- und Ortsbildpflege ist, und daraus geht ganz klar hervor, dass der Masterplan Glacis einen Ring von möglichen Hochhäusern rund um die Innenstadt ermöglicht. Bisher hat man sie halt nur in der Pufferzone gemacht. Aber bei diesem Hochhaus am Stadtpark und Wiener Eislaufverein ist es, bitte, nicht so - wie Sie, Frau StRin Vassilakou, in einem Antwortschreiben zu einer Anfrage geschrieben haben, die ich mit Kollegen gemeinsam eingebracht habe, als ich hier noch Gemeinderätin war -, nämlich dass dieses Projekt in der Randzone oder Pufferzone steht. Nein, es steht in der Kernzone!
Und wissen Sie, woher ich das weiß und woher Fachleute das wissen? - Es gibt 3D-Modelle, die der zuständige Magistrat der Stadt Wien hergestellt hat, denen man genau entnehmen kann, wie weit dieses Gebiet der Kernzone reicht und wie weit nicht. Und das Hochhausprojekt am Wiener Eislaufverein, das dem Welterbe diametral entgegengesetzt ist, steht nicht am Rande der Kernzone, wie Sie mir damals am 30. Mai geantwortet haben, sondern es steht in der Kernzone. Und das wäre ein denkwürdiger Präzedenzfall!
Jetzt verstehe ich natürlich, dass ein Unternehmer, der Geld in die Hand nimmt, sagt, das ist ja eine Katastrophe! - Ich verstehe auch, dass er entsetzt war, als Sie das plötzlich abgedreht haben und gesagt haben, stopp, jetzt machen wir eine Nachdenkpause! - Ein Normalbürger hat sich unter dieser Nachdenkpause vorgestellt, dass man vielleicht eine Möglichkeit sieht, einen anderen Plan zu nehmen. Denn während dieses Wettbewerbs - der allerdings von dem Investor ausgelobt wurde - hat es sehr wohl großartige, moderne städtebauliche Projekte gegeben, die sowohl dem Eislaufplatz das Entsprechende gebracht hätten als auch dem Konzerthaus als auch dem Hotel Intercont, aber es hätte halt von vornherein eine geringere Kubatur bedeutet. Diesen Entwurf hat man aus dem laufenden Wettbewerb ausgeschieden, und es blieb bei dem Hochhausprojekt.
Das heißt also, dass der Unternehmer im Wissen oder mit Wissen oder mit Unterstützung der rot-grünen
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