Gemeinderat, 17. Sitzung vom 12.12.2016, Wörtliches Protokoll - Seite 5 von 129
Ich verweise seit Jahren darauf: Wir brauchen neue Regeln auf europäischer und nationaler Ebene, die öffentliche Investitionen ermöglichen beziehungsweise - noch mehr - diese fördern sollen.
Dass das nicht nur ein politscher Wunsch der rot-grünen-Regierung ist, zeigt der Aufschrei der OECD. Ich zitiere aus der Tageszeitung „Die Presse“ vom 7.11.2016: „Ángel Gurría, der Chef der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung - OECD hat sich bei einem Arbeitsbesuch in Wien für mehr öffentliche Investitionen in Österreich ausgesprochen. Um die wirtschaftlichen Wachstumsprobleme besser überwinden zu können, sollte die Quote der öffentlichen Ausgaben von derzeit 3 auf 4,5 Prozent des Bruttoinlandsproduktes angehoben werden. So könnte das BIP mittelfristig um 10 Prozent steigen.“ - Zitat Ende.
Kurz gesagt: Alle wollen mehr öffentliche Investitionen. Mehr Flexibilität für öffentliche Ausgaben ist daher notwendig, denn die wirtschaftliche Entwicklung ist nach wie vor sehr verhalten.
Ich darf in Erinnerung rufen: In Österreich gab es im 2. Quartal 2016 ein reales Wachstum von nur 1,2 Prozent. Für das nächste Jahr gehen die Wifo-Experten im Moment von 1,5 Prozent aus.
Selbstverständlich sind wir alle angehalten, sehr streng mit unseren Budgetmitteln umzugehen. Aber gleichzeitig haben wir als Gebietskörperschaften eine Verantwortung für das Funktionieren des Wirtschaftssystems, sehr geehrte Damen und Herren.
All das lässt den Schluss zu, dass wir Maßnahmen im Bereich der städtischen Investitionen weiterhin dringend brauchen. Die Krise ist nunmehr im neunten Jahr, und in dem von uns gesteckten Rahmen haben wir dafür gesorgt, dass Wien von sämtlichen Wirtschaftskennzahlen her nach wie vor stabil dasteht: Das Bruttoregionalprodukt Wiens beträgt prognostiziert für 2017 86,4 Milliarden EUR. Der Schuldenstand Wiens wird damit rund 7,6 Prozent des BRP betragen, und ich wiederhole für alle nochmals: 60 Prozent - 60 Prozent! - wären laut EU die kritische Grenze, ab welcher Gebietskörperschaften Maßnahmen setzten müssten.
Diese Ausgangslage lässt zu, dass die Investitionstätigkeit weiterhin auf sehr hohem Niveau fortgesetzt wird. Im Kernmagistrat sind Investitionen von 1,72 Milliarden EUR vorgesehen. Inklusive der Unternehmungen, der Wiener Stadtwerke und der Wiener Wirtschaftsagentur hat die Stadt Wien vor, Investitionen in der Höhe von 2,7 Milliarden zu tätigen. Insgesamt sind für das Jahr 2017 sogenannte nachfragewirksame Ausgaben in der Höhe von 4,94 Milliarden geplant.
Das Wichtigste aber ist: Wir gestalten die Zukunft dieser Stadt mit unseren Investitionen, denn wir wollen, dass sie für alle Menschen auch in Zukunft gleich lebenswert bleibt, wie sie jetzt ist, sehr geehrte Damen und Herren. (Beifall bei SPÖ und GRÜNEN.)
Ein ganz wichtiger Rahmen für die Finanzgebarung dieser Stadt ist der vor Kurzem neu verhandelte und von der Bundesregierung beschlossene Finanzausgleich, der für die Jahre 2017 bis 2021 gelten wird. Steuermittel in der Höhe von mehr als 80 Milliarden EUR pro Jahr wurden neu verteilt, und Wien, sehr geehrte Damen und Herren, kann mit dem Ergebnis wirklich zufrieden sein! Die Länder und Gemeinden bekommen jährlich 300 Millionen EUR mehr zur Bewältigung ihrer wichtigen Aufgaben. Die Gemeinschaftlichen Bundesabgaben bleiben natürlich weiterhin zu zwei Dritteln beim Bund, ein Drittel bekommen Länder und Gemeinden gemeinsam.
Mit dem neuen Finanzausgleichsgesetz gehen wir einen wichtigen Schritt der Veränderung in Richtung Aufgabenorientierung. Ab 2018 werden Mittel für die Kinderbetreuung teilweise aufgabenorientiert verteilt. Die Kriterien für die Kindergärten gibt es ab September 2017, und diesbezüglich wird es sicherlich noch viele Diskussionen geben. Es soll dabei auf Qualität geachtet werden, natürlich auf Faktoren wie die Anzahl der Kinder und auf Öffnungszeiten, aber auch auf den Anteil von Kindern mit Migrationshintergrund. All das soll berücksichtigt werden, und bei der Nachmittagsbetreuung an Schulen ist ab September 2018 dasselbe Procedere vorgesehen.
Ein besonderer Schwerpunkt bei den Finanzausgleichsverhandlungen war der Bereich Gesundheit und Pflege, dessen Finanzierung für alle Gebietskörperschaften - das ist nun wirklich kein spezielles Wiener Problem! - eine besondere Herausforderung darstellt. Die Bemühungen galten hier einer nachhaltigen Finanzierung und Kostendämpfung.
Der Anstieg der Gesundheitsausgaben wird daher eingebremst: Von derzeit 3,6 Prozent pro Jahr soll die Steigerung auf 3,2 Prozent bis ins Jahr 2021 sozusagen abschmelzen.
Grundsätzlich bemüht man sich - und das ist ganz zentral - um Strukturveränderungen. Für den Ausbau der medizinischen Primärversorgung gibt es eine vertraglich fixe Finanzierungszusage der Länder und Sozialversicherungen gemeinsam im Ausmaß von insgesamt 200 Millionen EUR.
Auch mit einer Novelle des Pflegefondsgesetzes wird ein Ausgabenpfad nach dem Vorbild der Gesundheitsreform eingeführt. Der Kostenanstieg darf nicht mehr als 4,6 Prozent ausmachen, wobei weitere Verhandlungen möglich sind, wenn der Wert nicht zu halten sein sollte, denn in diesem wichtigen Bereich brauchen wir Flexibilität. Der Pflegefonds - und das war ein großer Erfolg der Verhandlungen - wird mit 350 Millionen EUR weitergeführt und ab 2018 mit 4,5 Prozent valorisiert. Für die Erweiterung der Angebote der Hospiz- und Palliativbetreuung - ein ganz, ganz wichtiges Herzensanliegen vieler - werden 18 Millionen EUR pro Jahr bereitgestellt.
Außerdem leistet der Bund für Ausgaben im Zusammenhang mit der Flüchtlingskrise an die Länder und Gemeinden einen pauschalen, wenn auch nur einmaligen Kostenersatz von 125 Millionen EUR. Der Anteil der Länder beträgt 87,5 Millionen EUR, jener der Gemeinden 37,5 Millionen EUR.
Wien kann also, werte Kollegen und Kolleginnen, mit diesem Ergebnis zufrieden sein. Wir haben erreicht, dass es eine faire Mittelverteilung gibt und weiterhin berücksichtigt wird, dass wir als Zentralraum viele Aufgaben für die Region, ja, zum Teil für ganz Österreich wahrneh
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