Gemeinderat, 12. Sitzung vom 29.09.2016, Wörtliches Protokoll - Seite 83 von 98
Dann hat sich irgendwie die Einstellung hervorgetan, dass Sachleistungen etwas Abschätziges, fast etwas Menschenrechtswidriges sind, deshalb machen wir daraus eine generelle Geldleistung. Und jetzt müssen wir diskutieren, wie wir wieder zum Sachleistungsprinzip zurückkommen. Gerade dieses letzte soziale Netz ist aus guten Gründen seinerzeit eher eine Sach- und weniger eine Geldleistung gewesen, weil man gerade in diesem Bereich vielfach mit Geld gar nicht viel bewirken kann. Es kostet zwar viel, löst aber nicht die sozialen Probleme. Das sage ich als jemand, der ganz in der Nähe von der Meldemannstraße und Globus Verlag und dem Männerheim, und so weiter war. Wenn man seinerzeit den Insassen oder den Heimbewohnern nur Geld gegeben hätte, dann hätte man sich ausrechnen können, dass das Ganze dann sehr schnell in Dinge, die nicht so nachhaltig sind, investiert worden wäre. Das war eigentlich der Ursprung des Ganzen, die Sozialhilfe bestand großteils aus Sachleistungen, in Ausnahmefällen gab es eine Geldleistung. Dann kam die Mindestsicherung, wobei man wirklich die Befürchtung haben musste - da war ja auch damals, glaube ich, die ÖVP ein bisschen zu blauäugig, weil viele Befürchtungen, die man jetzt kritisiert, hat man damals schon gehabt -, dass aus der Mindestsicherung genau das wird, was es jetzt geworden ist: ein bedingungsloses Grundeinkommen in einer Quantität, die man gar nicht mehr kontrollieren kann. Das muss man ja auch sagen, es sind so viele Fälle, bei denen man nicht mehr sicherstellen kann, ob das treffsicher ist oder nicht.
Daher wäre es wichtig, dass gerade die Sozialstadträtin aus Wien, wo wir nachgewiesenermaßen die größten Probleme, die größte Kostenexplosion haben, nicht Vorkämpferin für ein System ist, das eigentlich auch weite Teile der Experten, auch jener, die sozial engagiert sind, als eine Fehlentwicklung erkannt haben. Diesen Vorwurf kann ich Ihnen nicht ganz ersparen, denn Sie tauchen immer als diejenige auf, für die jede Kürzung oder jede Umwandlung bei der Mindestsicherung ein Anschlag auf den sozialen Frieden ist; und dem ist nicht so.
Es liegt ein Fehler im System vor, und diesen müssen wir möglichst rasch beheben, damit wir jenen, die Hilfe wirklich benötigen, auch diese noch weiter leisten können. Dazu gehört auch, dass man sich natürlich auch die Frage stellen muss: Brauche ich hier nicht auch einen zeitlichen Bezug zwischen jenen, die diese Hilfeleistungen bekommen und der Aufenthaltsdauer in unserem Land? Es kann nicht so sein, dass jeder, der irgendwie legal oder halblegal herkommt, hier unbefristet diese Leistungen bekommt. Das ist völlig undenkbar. Es ist auch ganz klar, dass bei der Kinderstaffelung nicht auf Großfamilien mit sechs, sieben, acht oder noch mehr Kindern Bezug genommen wurde. Das ist ja nicht der Durchschnitt in Österreich. Das gibt es bei uns ja gar nicht, das ist schlichtweg nicht möglich. Es darf aus der Mindestsicherung nicht das werden, was es im Kindergartenbereich geworden ist, nämlich für manche ein lukratives Geschäftsmodell, meine Damen und Herren. Und das ist es leider Gottes vielfach geworden. Wenn Großfamilien ein paar Tausend Euro im Monat nachgewiesenerweise bekommen, ja, warum sollen diese arbeiten, denn das kann man sich in einer normalen Erwerbsarbeit schlichtweg nicht erarbeiten?! Hier stimmt etwas im System nicht.
Daher ist es traurig und schade, dass gerade Wien ein Bremser ist und dass gerade Sie in Ihrer Person das so auch mit Ihrem Schicksal verknüpfen, anstelle dass man hergeht und sagt, die Situation heute, nicht zuletzt auf Grund der Masseneinwanderung, ist eine ganz andere als seinerzeit, es haben sich die Voraussetzungen geändert. Wie können wir jetzt dazu kommen, ein System zu entwickeln, das einerseits finanzierbar ist, das berechtigten sozialen Anforderungen auch Genüge leistet, das aber auch den Bezug zwischen Empfängern und der finanzierenden Gemeinschaft nicht völlig loslöst? Denn es kann nicht sein, dass letztendlich wir den Pincode für unser ohnehin schon überlastetes Sozialsystem an die halbe Welt weitergeben und wir dann in eine Situation kommen, in der wir auch dort nicht mehr helfen können, wo wir eigentlich auch die Verpflichtung dazu hätten.
In diesem Sinne meine ich auch, ohne jetzt Polemik betreiben zu wollen, in der Sache wäre es gut, wenn es einen Neustart im Gesundheits- und Sozialressort gibt. Eigentlich müsste eine Regierung selber in der Lage sein, einen notwendigen Neustart zu gewährleisten oder in Angriff zu nehmen. Das gelingt auch in vielen Sportvereinen, denn nach ein paar Niederlagen ist es oft das Präsidium, das sagt, wir brauchen einen Neustart. Ich glaube, wir brauchen den ganz wirklich. Ermöglichen Sie uns, wenn es von Ihnen aus nicht geht, gemeinsam diesen Neustart in diesem wichtigen Ressort! (Beifall bei der FPÖ.)
Vorsitzender GR Mag. Dietbert Kowarik: Zu Wort ist niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen. Der Herr Berichterstatter hat das Schlusswort.
Berichterstatter GR Kurt Wagner: Danke, Herr Vorsitzender. Nachdem ich ja weiß, dass Sie sehr auf die Wahl- und die Geschäftsordnung bedacht sind, werde ich jetzt nicht auf die Debattenbeiträge, weil ich das als Berichterstatter auch gar nicht darf, eingehen, aber nur für alle, die im Prinzip sehr interessiert die Diskussionen, statistisches Material und Zahlen mitverfolgen: Nachdem ich weiß, dass fast jeder von uns einen Laptop besitzt, darf ich Sie einladen, sich die ungeschönten Zahlen der Wartezeiten in den Wiener KAV-Spitälern anzusehen, was wir in aller Schnelligkeit jetzt getan haben. (GR Mag. Wolfgang Jung: Hüftoperationen?) Da werden Sie nämlich draufkommen, im AKH beträgt die Wartezeit für eine Hüftoperation 133 Tage, das sind 4 Monate, im SMZ-Ost 154 Tage, das sind 5 Monate, in Gersthof 106 Tage, das sind 3,5 Monate und im OWS 212 Tage, da sind es mehr, da sind es 7 Monate. Ich weiß nicht, mit welchem Arzt jemand redet - ohne dass ich darauf eingehen möchte -, es ist möglich, dass man mit einem Arzt aus Speising geredet hat. Das sind die offiziellen, ungeschönten Zahlen, diese werden von den Operateuren und Ärzten geliefert. Ich nehme ja nicht an, dass uns alle Ärzte, denen ich auch großes Lob für ihre Tätigkeit aus
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