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Gemeinderat, 5. Sitzung vom 23.02.2016, Wörtliches Protokoll  -  Seite 86 von 114

 

vorsieht, bewerten Höchstgerichte das Eigentumsrecht extrem hoch. Würde also heute jemand das gesamte Areal im Eigentum erwerben, können wir jetzt oft „ÖZ“ oder „öffentlicher Durchgang“ reinschreiben. Wenn es hart auf hart geht – hätte ich jetzt mehr Zeit, könnte ich Ihnen Beispiele in Wien nennen –, schlägt das Eigentumsrecht über Jahrzehnte alles. Beim Baurecht kannst du sagen: Nütze dieses Gebäude! Dieses Baurecht kann ich mit Zwecken versehen und kann gleichzeitig als Eigentümer der Freiflächen über die Zeit, wo die Gemeinde Eigentümer bleibt, genau diese Freiflächen weiter schützen. Deswegen ist aus unserer Sicht die Einzelfallprüfung, die Kollege Stürzenbecher richtigerweise verlangt, die auch so im Regierungsübereinkommen steht, der Punkt. (GR Ing. Udo Guggenbichler, MSc: Warum habt ihr es nicht gemacht?) – Ja, ich sage Ihnen ganz ehrlich als Christoph Chorherr, könnte ich heute noch einmal über das Semmelweis-Areal abstimmen, würde ich mit heutigen Informationen – und da haben wir daraus gelernt – von Anfang an auf Baurecht gehen. Vor allen, die in ihrem Leben immer alles richtig gemacht haben, verbeuge ich mich jetzt ganz tief und sage, super habt ihr das gemacht, mir ist diese Gnade nicht anheimgefallen. Man kann auch lernen und sagen, so, gehen wir an die Einzelvorprüfung. Das sage ich auch Richtung Sozialdemokratie. Deswegen stimmen wir auch vielen – der Kollege Stürzenbecher weiß das – Kleingarten-, Einfamilienhäuser-Verkäufen zu. Nicht, weil wir finden, dass das unbedingt sein muss, sondern weil das im Einzelfall wahrscheinlich eine schlauere Lösung ist. Aber dort, wo es um zusammenhängende Areale geht, besonders bei dem hohen Freiflächenqualitätsangebot, ist das, weil es nicht uns hier im Gemeinderat gehört, sondern den Wienerinnen und Wiener gehört. Im Übrigen, das hat der Herr Bürgermeister auch richtig gesagt, es gehört nicht nur den Anrainern. Oft sagen Anrainer, geht, sperrt es ab und schreibt drauf „Nur für Anrainer“. (GR Ing. Udo Guggenbichler, MSc: So wie bei at home! Bei at home gibt es den Schranken!) – Nein, das gehört allen Wienerinnen und Wienern. Und da halten wir jetzt eine Baurechtsvariante für die schlaueste aus einer Einzelvorprüfung heraus und nicht eine öffentliche Feilbietung. Ich sage Ihnen, da bekommen Sie viel mehr dazu, und das ist notwendig.

 

Trotzdem will ich jetzt noch einmal das Abschiedsargument sagen mit den Finanzkreisläufen: Ja, wenn man verkauft, kriegt man gleich das Geld. Ja, wenn man Baurecht kriegt, kann man es auch vertraglich so gestalten, dass man sofort das Geld bekommt. Also auch hier ist der Kreislauf gegeben. Die Frage ist: Gebe ich ein Baurecht für Höchstpreisige? – Ich kann auch für Luxuswohnungen ein Baurecht vergeben. Dann bekomme ich den Baurechtzins, den ich mir aber auch vorweg auszahlen lassen kann. Wenn ich aber qualitative oder soziale Argumente bringe, dann mindert sich der Kaufpreis. Was wir nicht haben können, ist beides. Und da kritisiere ich sehr wohl den Rechnungshof, der zum Beispiel dem Verteidigungsministerium vorwirft, seine Liegenschaften nicht bestmöglich verkauft zu haben. Da stehe ich oft auf der anderen Seite und versuche zu argumentieren, dass es doch eine Perversion ist, wenn eine Bundesregierung in derselben Klausur, bei der sie sagt, leistbares Wohnen ist zu schaffen, gleichzeitig sagt, sie verkauft ihre Kasernenareale zu Höchstpreisen, womit ich gleichzeitig soziales Wohnen ausschließen kann. Darum kämpfen wir jetzt und führen sehr wohl auch Gespräche mit dem Verteidigungsressort, dass der Preis so weit gedeckelt ist, damit auch leistbares Wohnen gegeben ist. Beides kann ich nicht haben. Ich kann nicht höchstmögliche finanzielle Einkünfte mit sozialen und ökologischen Kriterien verbinden. Um hier vernünftige Kompromisse zu erzielen und für die Zukunft der Stadt vernünftige Dinge zu erzielen, deswegen gibt es Rot-Grün in Wien. Wir werden auch in diesem Fall der zukünftigen Nutzung des Semmelweis-Areals einen guten Kompromiss erzielen. (Beifall bei GRÜNEN und SPÖ.)

 

Vorsitzende GRin Gabriele Mörk: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr GR Mag. Dr. Wansch. Ich erteile es ihm.

 

17.59.24

GR Mag. Dr. Alfred Wansch (FPÖ)|: Sehr geehrte Frau Vorsitzende! Sehr geehrter Herr Bürgermeister!

 

Sie sind nicht hier im Saal, aber vielleicht hören Sie sich die Aufzeichnungen des Internet-Livestreams auf „www.fpoe-wien.at“ an. Es geht immerhin um eine Dringliche Anfrage, die Sie betrifft, die an Sie gerichtet ist und die eine Angelegenheit betrifft, in der Sie einer der Hauptmitspieler sind.

 

Meine sehr geehrten Damen und Herren hier im Saal und vor den Bildschirmen! Viele Umstände der Causa Semmelweis-Areal sind hier bereits beleuchtet worden. Es ist aufgefallen, dass die Nerven bei der SPÖ und auch bei den GRÜNEN blank liegen, wie die Wortmeldungen ihrer Gemeinderäte beweisen. Das Ungeheure an dieser Angelegenheit ist ja die Vielschichtigkeit und die Dimension der vorliegenden Missstandshäufungen.

 

Meine Damen und Herren, es geht hier nicht um eine Raubersgeschichte, sehr geehrter Herr Bürgermeister, sehr geehrte Frau Kollegin Kickert, sondern es geht um Fakten. Der Begriff Raubersgeschichte ist der gescheiterte Versuch einer Verniedlichung dieser Angelegenheit, und dieselbe Verniedlichung versucht Kollege Stürzenbecher, wenn er zur Anfrage zu diesem Thema über die Mercer-Studie plaudert. Eines muss ich schon sagen, ich habe das noch nie erlebt, Herr Kollege Stürzenbecher, dass Sie derartig die Nerven verlieren. Offensichtlich liegt es am Thema, denn wenn Sie zu einem Gemeinderatskollegen sagen, Ihr Grinsen ist erbärmlich, dann werte ich das, da ich weiß, dass das sonst nicht Ihre Art ist, als Zeichen der Nervosität. (Beifall bei der FPÖ.)

 

Aber bereits in der heutigen Fragestunde hätten Herr Bgm Häupl und Herr StR Ludwig Antwort geben sollen zu kritischen Fragen des FPÖ-Gemeinderates Udo Guggenbichler und anderer Kolleginnen und Kollegen. Es ist aber nur bei einem gut gemeinten Versuch von Antworten geblieben, da die drängendsten Fragen und die meisten Fragen noch immer unbeantwortet im Raum stehen.

 

Sehr geehrter Herr Bürgermeister, an dieser Stelle einen Hinweis auf einen Widerspruch Ihrer Aussage von heute Vormittag zu den Aussagen Ihrer umstrittenen

 

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