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Gemeinderat, 5. Sitzung vom 23.02.2016, Wörtliches Protokoll  -  Seite 15 von 114

 

Zur Geschichte der Privatisierung des Gemeindebaus in der Hockegasse, die so dargestellt wird, dass das damals alles so harmonisch und schön war, sage ich Ihnen nur so viel: Diese Sanierungen haben nicht stattgefunden, die Privatisierung des Gemeindebaus war zum Nachteil der Mieter, und das wird uns heute noch beschäftigen. (GR Mag. Christoph Chorherr: Die FPÖ hat zugestimmt!)

 

Aber zurück zur gegenständlichen Anfrage, ich möchte dazu vielleicht noch erwähnen: Wir reden hier von Kaufverträgen, Kollege Chorherr schwärmt von Baurechtsverträgen, und ich sage, wir haben sehr viele abschreckende Beispiele in den letzten Jahren erlebt, wie Baurechtskonstrukte von der rot-grünen Stadtregierung durchgeführt werden. Ich erinnere an die Baurechtsverträge mit den Siedlern, womit den Siedlern Baurechtskonditionen auferlegt wurden, die nicht leistbar sind. – Das sind abschreckende Beispiele! Und auch die Transaktion betreffend Otto-Wagner-Spital ist genauso ein abschreckendes Beispiel für Baurechtskonstrukte.

 

Aber es ist ja allgemein bekannt beziehungsweise wird immer mehr bekannt, dass die Liegenschaftstransaktionen, wie ich einmal vorsichtig sage, unter auffälligen Umständen stattfinden. Diese Umstände beschreiben sich so, dass auf Zuruf eines Interessenten die Liegenschaftstransaktion durchgeführt wird, lediglich gestützt auf ein Sachverständigengutachten. (Bgm Dr. Michael Häupl: Da spricht der Experte!)

 

Die Causa Scotia, Sachverständiger Reithofer, wird uns heute noch beschäftigen. Das geschieht ohne jedes Verfahren zur Suche weiterer Interessenten und ohne jedes Verfahren zur Optimierung der Konditionen, und im Hinblick darauf ist es wiederum egal, Kollege Chorherr, ob in Form von Baurechtsverträgen oder in Form von Kaufverträgen verschleudert wird: Der Missstand der Verschleuderung bleibt tatsächlich derselbe! (Zwischenruf von Amtsf. StRin Mag. Sonja Wehsely. – Zwischenrufe bei den GRÜNEN.)

 

Meine Frage an Sie, Herr Stadtrat, lautet: Welche Maßnahmen werden Sie angesichts dieser Missstände setzen, damit Liegenschaftstransaktionen der Stadt Wien in Zukunft in transparenten und offenen Verfahren unter Einbeziehung und voller Information - ich betone: voller Information - des Gemeinderates stattfinden werden.

 

Vorsitzender GR Mag. Thomas Reindl: Herr Stadtrat.

 

Amtsf. StR Dr. Michael Ludwig: Bevor ich zur unmittelbaren Beantwortung komme, vielleicht noch einige Bemerkungen zu Ihrer doch etwas längeren, sehr polemischen Einleitung. Zum einen - und das wurde ja schon besprochen - war das eine Transaktion, die damals auch mit Zustimmung der FPÖ erfolgt ist. Zum Zweiten handelt es sich dabei nicht um einen Gemeindebau, sondern um ein ehemaliges Kinderheim, das dann für Wohnzwecke verwendet worden ist - nur damit wir auch bei der richtigen Terminologie bleiben und nicht Dinge miteinander vermischen, um sie polemisch dann auch zum Ausdruck zu bringen. Zum Dritten: Die Baurechtszinse wurden von der Stadt Wien deshalb angehoben, da diese über 60, 80, zum Teil 90 Jahre nicht angehoben worden sind. Ich bin damals vom Rechnungshof - und den Präsidenten des Rechnungshofes kennen Sie auch ganz gut - aufgefordert worden, die Baurechtszinse anzuheben, da das natürlich eine Frage der Einnahmen der Stadt Wien ist. Und man muss sich schon entscheiden, was man jetzt auch politisch möchte: Möchte man für die Stadt Wien mehr Einnahmen lukrieren, oder möchte man keine Vertragspartner zusätzlich belasten? Beides wird nicht gehen.

 

Was wir versucht haben, ist, einen Mittelweg zu finden, dass wir sozial verträglich die Baurechtsnehmerinnen und Baurechtsnehmer nicht über Gebühr belasten, trotzdem aber der Aufforderung des Rechnungshofes gerecht werden. Das ist uns, wie ich meine, gut gelungen, und ich glaube, es war auch nach Darstellung der Lebenssituation der meisten Baurechtsnehmer durchaus verständlich - wir haben das auch in vielen Diskussionen mit den Baurechtsnehmern argumentiert -, dass auf Grund der sehr hohen Lebensqualität, die die Baurechtsnehmer an sehr attraktiven Standorten in unserer Stadt haben, die schrittweise und sozial angepasste Erhöhung der Baurechtszinse durchaus auch akzeptiert worden ist. Der Rechnungshof hätte da noch viel mehr an Erhöhungen vorgesehen. Wir haben als Stadt also hier wirklich mit sozialem Augenmaß agiert.

 

Zu Ihrer eigentlichen Frage: Ja, es gibt im Wesentlichen zwei Möglichkeiten, wie man ein Grundstück veräußern kann. Zum einen gibt es die Möglichkeit, ein Sachverständigengutachten einzuholen, die zweite Möglichkeit ist, auch eine Ausschreibung ohne Bedingungen vorzunehmen. Wir haben uns im konkreten Fall für eine Variante entschieden, dass wir den Anrainerinnen und Anrainern entgegenkommen. Es hat ja starke Wünsche gegeben, wie zum Beispiel die Durchwegung des gesamten Areals. Es war natürlich von Beginn an vorgesehen, dass dieser Standort auch in Zukunft für bestimmte Zwecke erhalten bleiben soll. Von daher hat es eine Bindung gegeben, die wir auch ganz bewusst vorgesehen haben. Eine solche Bindung ist immer wertmindernd, das muss einem auch bewusst sein, und von daher gibt es nur zwei Möglichkeiten: Entweder man lukriert möglichst viel Geld – ja, das ist möglich -, dann muss man aber auf bestimmte Vorgaben, die wir als Stadt im Sinne der Anrainerinnen und Anrainer durchführen wollen, verzichten. Beides geht nicht. Wir haben versucht, auch hier einen Mittelweg zu gehen, bestimmte Bindungen vorzuschreiben, aber trotzdem möglichst viel Geld zu lukrieren und auch darauf zu verzichten, ein sehr baufälliges Grundstück selbst aus eigenem Budget heraus zu sanieren.

 

Vorsitzender GR Mag. Thomas Reindl: Die 4. Zusatzfrage stellt Herr GR Dipl.-Ing. Dr. Gara.

 

10.04.01

GR Dipl.-Ing. Dr. Stefan Gara (NEOS): Sehr geehrter Herr Stadtrat!

 

Vielen Dank für Ihre Ausführungen. Sie haben es ja angesprochen, es gibt unterschiedliche Eigentümer. Ich würde sagen, es gibt unterschiedliche Ressorts, natürlich rechtlich zugeordnet, in Wirklichkeit sind die Eigentümer ja die BürgerInnen dieser Stadt. Insofern, denke ich, ist ein gebündeltes Immobilienmanagement schon extrem wichtig, und ich sage sozusagen auch aus der Sicht des

 

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