Gemeinderat, 4. Sitzung vom 28.01.2016, Wörtliches Protokoll - Seite 33 von 108
gen des Kollegen Ulm konzentrieren, als er völlig zu Recht gesagt hat, dass wir durchaus dafür sind, im Bodensegment betreffend den Bodenpreis nachzudenken, denn – und das ist ja das Schöne an einer wohnpolitischen Diskussion – in diesem Zusammenhang treten ideologische Grundüberlegungen aus dem Bereich der Politik in besonderem Ausmaß in den Vordergrund.
Noch einmal: Die Fakten haben sich noch nicht breit herumgesprochen, aber jene von den Wohnbaugenossenschaften, die auch der ÖVP nahe stehen, wissen das jedenfalls. Wie sieht das Problem aus? – Dadurch, dass Wien bevölkerungsmäßig so stark wächst, wie seit über 100 Jahren nicht, und Boden nicht vermehrbar ist, steigen die Grundkosten enorm an, was ganz wenige sehr reich macht und dazu führt, dass sozialer Wohnbau in breiten Bereichen nicht mehr möglich ist.
Ich will das mit einer Zahl noch einmal untermauern, damit Sie ein bisschen ein Gefühl für die vom sozialen Wohnbau akzeptierten Höchstgrenzen bekommen und wissen, wie viel denn ein Wohnbau kosten darf, damit er als sozialer Wohnbau anerkannt wird. Ich lasse jetzt Zuschläge und alles Mögliche weg. Die Zahl der Errichtungskosten bewegt sich irgendwo zwischen 1.400 EUR, 1.500 EUR und 1.600 EUR/m². Die Grundkosten, die derzeit auf dem Markt verlangt werden, beginnen bei 500 EUR und gehen in Lagen, die nicht 1A-Lagen sind, über 1.000 EUR hinaus.
Ich wiederhole noch einmal: Ich kenne eine Liegenschaft im 7. Bezirk, die im letzten Jahr verkauft wurde. Für diese wurde über 3.000 EUR/m² Nutzfläche gezahlt. Nur dass man also ein Gefühl bekommt: Die Errichtungskosten betragen 1.500 EUR, die Grundkosten bis zu 3.000 EUR. – Das ist jetzt ein Ausreißer, und dem Bauträger geht eh ein bisschen der Reiß, um das auf Wienerisch zu sagen, weil dort eine Eigentumswohnung nicht unter 7.000 EUR zu haben sein wird.
Aber selbst wenn man den Durchschnittswert irgendwo zwischen 500 und 1.000 EUR ansetzt, dann sind wir mit den Grundkosten schon bei über der Hälfte der Herstellungskosten! Und ich wiederhole noch einmal: Daraus abzuleiten, dass jemand, nur weil er historisch die Chance hat, aus welchen Gründen auch immer entlang einer U-Bahn-Strecke eine große Liegenschaft zu besitzen, um einen zweistelligen Millionenbetrag reicher gemacht werden kann, um es dann von jenen bezahlt zu bekommen, die dort leben, das ist ein Thema, das in ganz vielen europäischen Ländern mit Einschränkungen behaftet ist. Ich bringe jetzt nur ein Beispiel, wo das viel strenger gehandhabt wird als im Bodenbeschaffungs-Bundesgesetz vorgesehen, nämlich in Südtirol. Südtirol hat ein extrem strenges Bodenregime, das bei Aufwertungen bis zu zwei Drittel der geschaffenen Wohnfläche unter öffentliche Kuratel stellt und extreme Eingriffe in den Bodenmarkt nimmt. Auch in Holland, dem Land, das in vielen Bereichen deutlich unter dem Meeresspiegel liegt, ist das verständlicherweise besonders heikel und wird auch extrem streng gehandhabt.
All das geschieht also nicht aus Jux und Tollerei, sondern wir haben in Wien tatsächlich ein Problem! Jeder, der Menschen kennt, die eine Wohnung suchen, weiß, dass es schwierig ist, günstige Wohnungen zu bekommen. Und ich gehe sogar ganz bewusst einen Schritt weiter, weil wir damit jetzt wirklich intensiv befasst sind.
Schauen Sie sich nur die Zahlen an! Bis Ende der 80er Jahre ist Wien geschrumpft. Dann gab es Prognosen, dass es pro Jahr um 20.000 Einwohner mehr sein werden. Zunächst gab es eine Balance der Zuzüge und Abzüge, dann gab es einen Zuwachs um 25.000 Einwohner pro Jahr, dann um 30.000 pro Jahr, und in den letzten Jahren ist diese Zahl auf 35.000 pro Jahr gestiegen. Und die jüngsten vorläufigen Zahlen für 2015 zeigen Werte, die mir ein bisschen den Schweiß auf die Stirn treiben.
Das ist nämlich eine enorme Herausforderung für den Bodenmarkt, und da muss ich mich jetzt wirklich fragen, auf welcher Seite ich stehe: Stehe ich auf der Seite jener, die sagen, dass sie mit ihrer Liegenschaft einen ganz großen Schnitt machen, weil die Stadt Wien ihre U-Bahn dankenswerterweise genau dort hingeführt hat? Wir kennen über die Widmung viele davon, und dabei geht es nicht um Transaktionen im einstelligen Millionenbetrag, sondern um Transaktionen im zweistelligen Millionenbetrag für eine ganz kleine Gruppe. Und wer bezahlt das? – Das bezahlen diejenigen, die dann jahrelang dort leben, denn solche Wohnungen sind sowohl im Eigentumssegment als auch im Mietbereich für sehr viele nicht leistbar. Diesbezüglich diskutieren wir nicht darüber, ob die Wohnungen 3 oder 5 EUR kosten, sondern dort ist nichts unter 10 EUR zu haben.
Daher glaube ich, im Namen von wahrscheinlich 95 Prozent der Bevölkerung zu sprechen, die in einem allgemeinen Diskurs darüber, dass sich die Vermögens- und Einkommensverhältnisse total auseinanderentwickeln, sagen, hallo, damit es nicht ausschließlich in Richtung Wohlstand nur für 0,1 Promille, nämlich für jene, die das Glück haben, über große Liegenschaften zu verfügen, sie geerbt haben oder warum auch immer deren Eigentümer sind, geht, muss ein Instrument geprüft werden – da hat der Staat vollkommen recht! –, das im Einklang mit den zivilisatorischen Rahmenbedingungen, die es auf der ganzen Welt gibt, steht, damit wir die enorme Herausforderung bewältigen können, nämlich für 30 bis 40 Menschen – wer weiß denn, wie das weitergeht! – eine je nach Einkommensmöglichkeiten leistbare Wohnung zu schaffen. Im Hinblick darauf müssen wir uns sehr, sehr anstrengen! (Zwischenruf von GR Dr. Wolfgang Ulm.)
Okay, jetzt kommen wir zur Gemeinde. Ja, selbstverständlich hat die Gemeinde Wien - und Lob und Preis den Eltern und Großeltern und auch der Gegenwart - Institutionen, die einen großen Anteil an den berühmten 2,5 Millionen Quadratmetern haben. Aber jetzt sage Ihnen ein Beispiel, was passiert, wenn jemand meint, da gibt es ja eine große Liegenschaft, da bauen wir Wohnungen drauf. Jüngst öffentlich diskutiert wurde Rothneusiedl, das hat der Wohnfonds gekauft - das ist auch durch die Medien gegangen. Jetzt könnten wir sagen, juhu, dort haben wir eine große Liegenschaft, bauen wir etwas! - Nein - und es wundert mich, denn ich schätze
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