Gemeinderat, 69. Sitzung vom 01.07.2015, Wörtliches Protokoll - Seite 11 von 94
Amtsf StRin Sandra Frauenberger: Zuerst einmal zu dieser Geschichte mit der Feuerwache: Ich glaube, unsere Leute haben das Ziel, uns hier bestmöglich zu beschützen. Das haben sie auch am Montag bewiesen und auch am Montag getan. Unser Gemeinderatsvorsitzender hat sich in unser aller Namen bei der Feuerwache für ihren Einsatz bedankt. Das ist keine leichte Aufgabe, die erfordert natürlich Sensibilität. Aber ich denke mir, wenn gerade so ein aktionistisches, zum Teil wirklich auch aggressives Verhalten an den Tag gelegt wird, dann hat der Kollege in unser aller Interesse und zu unser aller Schutz aus meiner Sicht richtig gehandelt.
Deswegen bin ich auch unserem Gemeinderatsvorsitzenden sehr, sehr dankbar, dass er gleich reagiert hat und gleich unseren Dank im Haus diesem Kollegen und eigentlich dem ganzen Team ausgesprochen hat. Ich schließe mich als Personalstadträtin diesem Dank auch sehr gerne noch einmal an.
Was das Thema von Gewalt und von diskriminierenden, aggressiven Übergriffen bei Transgender-Personen oder bei gleichgeschlechtlich lebenden Personen betrifft, darf ich auf unsere neueste Studie hinweisen, wo wir zum Teil wirklich erschreckende Zahlen registrieren mussten: deshalb, weil eigentlich fast 70 Prozent der Menschen, die eben trans- oder intersexuell oder homosexuell in dieser Stadt leben, Diskriminierung erfahren, oft Gewalt erfahren, aggressive Gewalt erfahren, und da in allererster Linie im öffentlich Raum und am Arbeitsplatz. Deshalb haben wir uns diese Studie auch in der Wiener Antidiskriminierungsstelle wirklich gut angesehen und werden jetzt natürlich auch in diesem Bereich Sensibilisierungsmaßnahmen treffen.
Ich habe vorhin schon gesagt, Gewalt an Frauen, aber natürlich auch aggressive Übergriffe zum Beispiel auf behinderte Frauen oder auf Transgender-Frauen, das sind schon besondere Phänomene. Gerade in diesen Bereichen, wo es oft solche multiplen Diskriminierungserfahrungen gibt, ist eben die sexualisierte Gewalt schon ein Thema, aber im Besonderen eben auch die physische, und da jetzt das neue Phänomen psychische Gewalt.
Diese permanente Erniedrigung auf Grund dessen, wie man in seinem Geschlecht lebt, ist sicher ein ganz schlimmer Faktor, dem wir auch entsprechend begegnen müssen. Deswegen finde ich es ganz richtig und wichtig, dass wir eben diese psychische Gewalt als Straftatbestand in unser Gesetz aufnehmen. (Beifall bei SPÖ und GRÜNEN.)
Vorsitzender GR Godwin Schuster: Ich sage etwas dazu. Es steht mir zwar nicht zu, dass ich da jetzt etwas sage, aber ich sage es trotzdem.
Nicht jede Meldung, die in einer Zeitung steht, ist eine richtige Meldung. Das beweist diese Meldung heute sehr! Ich habe mich heute in der Früh bei der Rathauswache erkundigt: Der Kollege ist im Dienst. (Allgemeiner Beifall.)
Die nächste Zusatzfrage stellt GRin Bluma. - Bitte.
GRin Susanne Bluma (Sozialdemokratische Fraktion des Wiener Landtages und Gemeinderates): Guten Morgen, Frau Stadträtin, und vielen Dank für die umfassende Beantwortung meiner Anfrage!
Ich möchte doch folgende Zusatzfrage stellen, und zwar: Wie sehen Sie die Bedeutung der Arbeit mit den Täterinnen und Tätern im Rahmen des Gewaltschutzes?
Vorsitzender GR Godwin Schuster: Bitte, Frau Stadträtin.
Amtsf StRin Sandra Frauenberger: Nun, das ist auch auf Grund des aktuellen tragischen Anlasses in Graz wieder eine starke Diskussion. Es ist gut, dass wir diese Diskussion führen, denn unsere Erfahrung hier in Wien ist, dass wir von 4 000 Wegweisungen in Wirklichkeit nur 100 Täter haben, die tatsächlich das Trainingsprogramm in Anspruch nehmen.
Das ist aus meiner Sicht eine erschütternde Zahl, und das schreit eigentlich förmlich danach, dass man das verpflichtend macht. Denn die Zahlen, wiederum aus den Evaluierungen von den Tätertrainings, geben uns da vollkommen recht: Wenn ein Täter ein Training absolviert hat - und das ist ja mehr als eine Gesprächstherapie -, wenn so ein Täter so ein Training absolviert hat, dann ist seine Rückfallquote, wieder gewalttätig zu sein, 30 Prozent. Täter, die das nicht getan haben - allein in Wien eben 3 900 -, haben eine 70-prozentige Quote, wieder rückfällig zu werden.
Was wir auch wissen aus den Erfahrungen des Wiener Frauenhauses, ist, dass viele Frauen in die Schutzeinrichtung des Frauenhauses gehen, dann aber wieder zum Partner zurückkehren und ganz, ganz oft ein weiteres Mal Opfer von Gewalt werden - leider! - und eben wieder aus dieser Gewaltspirale heraustreten müssen, eben deshalb, weil die Täter rückfällig werden. Deshalb kann das nicht ein freiwilliger Akt sein, wenn ich Gewalttäter bin und weggewiesen werde, ob ich mich so einem Training unterziehe oder nicht. Das muss eine verpflichtende Geschichte werden.
Wir werden das heute ja auch in unserem Antrag aufnehmen - einmal mehr aufnehmen, ich weiß, wir haben das schon einmal beschlossen. Aber ich denke mir, es ist ein guter Zeitpunkt, eine gute Gelegenheit, auch das noch einmal zu fordern und dafür einzutreten. - Ja, lassen wir es damit einmal gut sein.
Vorsitzender GR Godwin Schuster: Ich danke für die Beantwortung der 3. Frage.
Wir kommen nun zur 4. Frage (FSP - 02044-2015/0001 - KU/GM). Sie wurde von Herrn GR Dr Aigner gestellt und ist an die Frau amtsführende Stadträtin der Geschäftsgruppe Umwelt gerichtet. [Die Vermarktung der Wiener Donauinsel hat seit 2013 der „Verein der Freunde der Donauinsel“ auf Grund eines Pachtvertrages mit der Stadt Wien inne. Die Vermarktung über einen (stadtnahen) Verein sollte den Veranstaltern bei der Organisation von Events die Arbeit erleichtern. Die Einnahmen des Vereines sollen in den Erhalt der Donauinsel fließen. Andererseits gibt es Kritik, dass Aufgaben der Stadt - wie in anderen Bereichen auch - nicht durch die Stadt Wien selbst erledigt werden, sondern durch nahestehende Vereine. Wie bewerten Sie auf Basis der bisherigen Erfahrungen die Vorteile dieser Konstruktion aus der Sicht der Wiener Steuerzahler?]
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