Gemeinderat, 68. Sitzung vom 30.06.2015, Wörtliches Protokoll - Seite 66 von 90
muss, um nur einen Hauch eines Gewinnes zu machen, 6 500 EUR pro Quadratmeter verlangen. Wenn man jetzt die Mehrwertsteuer dazurechnet, sind das für eine 90-m²-Wohnung mehr als eine halbe Million Euro. Und das bei einem Medianeinkommen von 18 000 EUR. Was ich noch sagen will: Es muss das auch geben, es muss das für besser Verdienende in einer gemischten Stadt auch geben
Der Bodenpreis läuft Amok. Und – das sage ich jetzt ganz laut und deutlich in Richtung Sozialdemokratie – das ist nichts, was man jetzt in einer Rede löst, aber vor dieser prinzipiellen Frage kann man nicht zurückschrecken. Es würde mich, ehrlich gesagt, auch interessieren, was kluge Menschen in der ÖVP sagen, die eine soziale Ader haben, die die Grenzen des Marktes kennen, die auch die potenzielle Kraft der Marktwirtschaft erkennen, aber auch erkennen, wo der Markt nicht Nutzen stiftet, das tut er sehr oft, sondern wo er Schaden stiftet. Das heißt, vor dieser Frage, vor dieser ganz großen Frage stehen wir, wie gehen wir in einer wachsenden Stadt mit Grund und Boden um, überlassen wir das den Marktkräften oder trauen wir uns, mit all den Gefahren, die darin liegen und nicht nur Gefahren, sondern auch Schwierigkeiten, hier Eingriffe zu machen, sagen wir, ein Gesetz wie unter dem sozialistischen Bundeskanzler Bruno Kreisky 1973. Da gab es ein Gesetz mit drei Seiten, das auch für einen Nichtjuristen lesbar war. Man muss auch ein Gesetz so schreiben können, dass man, wenn man es liest, versteht, worum es geht. Wenn man heute Gesetze liest – da nehme ich uns dazu –, braucht man zumindest vier Anwälte und Respirat, um zu erklären, was damit gemeint ist.
Solche Schritte sollen wir gehen. Diese Diskussion müssen wir führen, und vielleicht ist der Wahlkampf nicht nur ein Ort, einen Scheinkampf Häupl – Strache zu inszenieren, wo die Gladiatoren mit möglichst derben Sprüchen ihr Publikum unterhalten, wofür die Medien was übrig haben, sondern vielleicht ist das auch der Ort, auf einem Nebenschauplatz ein bisschen darüber zu diskutieren, wie leistbares Wohnen in dieser Stadt möglich ist.
Diese zwei Punkte wollte ich heute einbringen: Was machen wir mit abgeschriebenen Genossenschaftswohnungen? Was machen wir mit Grund und Boden? Die Verantwortlichen wollte ich bitten, hier Antworten zu bringen. Fünf Jahre ist eine hervorragende Arbeit geleistet worden, und die nächsten fünf Jahre haben wir Herausforderungen, aber die werden wir mutig bewältigen. – Danke schön. (Beifall bei den GRÜNEN und von GR Dr Kurt Stürzenbecher.)
Vorsitzender GR Mag Dietbert Kowarik: Zu Wort gemeldet ist nunmehr Herr GR Dr Eisenstein. Ich erteile ihm das Wort.
GR Univ-Prof Dr Herbert Eisenstein (Klub der Wiener Freiheitlichen): Sehr geehrter Herr Stadtrat! Sehr geehrter Herr Vorsitzender! Herr Berichterstatter! Meine Damen und Herren!
Rechnungsabschluss ist immer die Möglichkeit, eine Reihe von Themen aus dem Bereich, den wir gerade besprechen, also Wohnen, Wohnbau, aufzugreifen. Ich werde heute einmal nicht über die Pseudoaktion mit dem Neubau von Gemeindewohnungen sprechen, die ja gar keine Gemeindewohnungen sind – ich bin ja darauf schon eingegangen – und die in viel zu geringer Zahl errichtet werden, ich werde auch nicht über Wien wächst sprechen. Ich persönlich bin der Meinung, dass Wien genug gewachsen ist, wir müssten uns sehr, sehr gut überlegen, ob wir wollen, dass Wien weiterhin uferlos wächst. Manches, was mein Vorredner gesagt hat, würde sich durch ein Nichtwachstum der Stadt auch relativieren. Ich werde auch nicht auf die Vorschläge der Grünen eingehen, insbesondere der zweite Teil erscheint mir ja durchaus von marxistischer Ideologie geprägt (Ironische Heiterkeit bei der SPÖ.), und ich denke, das hat sich ohnehin nach den Wahlen im Oktober dann von selber erledigt. (Beifall bei der FPÖ.) Ich werde auch nicht über leistbares Wohnen im Allgemeinen sprechen. Da hat ja die SPÖ gezeigt – und das ist auch von meinem Vorredner schon angesprochen worden –, dass sie sehr wohl leistbares Wohnen bieten kann, zwar nur in wenigen Fällen, aber immerhin, es gibt einige Fälle. Ein Fall ist ja vor Kurzem bekannt geworden, ein sozialistischer Gewerkschaftsfunktionär, für den eine sehr leicht leistbare Wohnung gefunden worden ist. Das Thema SPÖ und leistbares Wohnen hat damit eine neue, gute Dimension erreicht. (GR Dr Kurt Stürzenbecher: Das hat Chorherr schon abgehandelt!) Das macht nichts. Ich bin nicht der Chorherr. Das bin ich nicht, Gott sei Dank bin ich das nicht. (GR Mag Christoph Chorherr: Gott sei Dank!) Da sind wir uns absolut einig, Herr Chorherr. Ich hoffe, dass sich viele WienerInnen in Zukunft auch eine solch leistbare Genossenschaftswohnung aneignen können oder sie verliehen bekommen (GR Dr Kurt Stürzenbecher: So geht das nicht!), dann wären wenigstens alle gleich, und das ist ja das, was die SPÖ ohnehin will. Aber wie der Bürgermeister sagt: „Schauen wir einmal!“
Sprechen wir über die Wohnungsvergabe. Es ist schon bemerkenswert, welche Blüten der Wahlkampf und die drohende Wahlniederlage der Regierungspartei SPÖ treiben. Jetzt soll endlich ein faireres Vergabesystem installiert werden. Wie sich dann das Wiener-Wohnen-Ticket und die Zusammenziehung von Gemeindebau und Genossenschaftswohnungen bei der Vergabe auswirken werden, wissen wir ja noch nicht. Das bleibt offen und bleibt abzuwarten, insbesondere natürlich die Frage, ob es sich wirklich bewähren wird. Das werden wir alles sehen. Aber dass die angestammte Wiener Bevölkerung, die dringend wohnbedürftig ist, jetzt eher zum Zug kommen soll, dass Migranten nicht mehr so leicht vorgereiht werden sollen, auch Migrantinnen nicht, das ist unbedingt zu begrüßen. Es ist erfreulich, dass die SPÖ hier zur Einsicht gekommen ist und dass eine freiheitliche Forderung aufgegriffen wird, die wir schon sehr lange gestellt haben (Beifall bei der FPÖ.), auch wenn es, wie gesagt, offenbar – oder doch vielleicht, ich weiß es nicht – nicht aus Überzeugung geschieht, sondern um ein drohendes Wahldebakel doch in Grenzen zu halten.
Die neue Regelung soll ja ab morgen gelten, ab 1.7., wobei aber bisher nicht geklärt ist – zumindest weiß ich nichts darüber –, ob auch die bisher schon auf eine Ge
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