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Gemeinderat, 68. Sitzung vom 29.06.2015, Wörtliches Protokoll  -  Seite 81 von 140

 

wenn andere Staaten sagen, wir definieren uns nicht vorwiegend als Sozialstaaten, wir haben amerikanisch-liberale Systeme, bei uns gibt es die Sozialleistungen nicht. Das sind ja viele osteuropäische Staaten, die sich nach diesem System organisiert haben. Dorthin wird nichts exportiert, deswegen geht ja auch dort niemand freiwillig hin. Jeder, der dort war, reist sofort weiter, weil es eben dort diese Sozialleistungen nicht gibt.

 

Aber ob wir dann diejenigen sein müssen, die an alles und jeden die Sozialleistungen exportieren, das müsste man wirklich einmal einer kritischen Debatte unterziehen. Die Debatte ist ja im Gange, und sie kommt nicht von der FPÖ, sondern sie kommt vom österreichischen Außenminister; und der greift auch nur Vorschläge auf, die schon seit Langem auf dem Tisch liegen.

 

Wenn man heute sagt, man möchte sich nicht fremd in der eigenen Stadt und im eigenen Land fühlen, dann hat das mit Fremdenfeindlichkeit und mit Verhetzung überhaupt nichts zu tun. Aber gerade diese Geschäftsgruppe, die jetzt zur Debatte ansteht, sollte ja verschiedene Aspekte miteinander verbinden. Da geht es auch und vor allem um Frauenpolitik, und eigentlich sehe ich nicht ein, warum wir uns heute, im Jahr 2015, in Wien mit Menschen auseinandersetzen müssen, denen man klar machen muss, dass die Frau Doktor genauso viel kann wie der Herr Doktor, dass die Frau Lehrerin genauso viel kann wie der Herr Lehrer, dass Qualifikation einfach nichts mit dem Geschlecht zu tun hat und dass Männer und Frauen gleichberechtigt sind.

 

Da müssen wir viel Geld ausgeben, dass wir das Menschen beibringen, die von außerhalb unseres Kulturkreises - ja, ich verwende das Wort Kulturkreis ganz bewusst -, unseres christlich-abendländischen Kulturkreises kommen und damit nichts anfangen können. Das ist bedauerlich, aber die Frage, ob wir das wirklich haben wollen, sollten wir uns stellen - gerade, wenn Sie aus der ganz feministischen und Transgender-Ecke kommen! Ich möchte nicht wissen, was man mit gleichgeschlechtlichen Ampelpärchen in anderen Teilen dieser Welt machen würde. Ja, die Debatte können Sie dann in den eigenen Reihen führen.

 

Aber wir haben hier große Probleme, wir wollen uns nicht als Fremde im eigenen Land fühlen. Wir sind eine sehr großzügige Gesellschaft, das zeigt sich auch darin, dass wir sehr großzügig Rechtsanwälte bezahlen, die Asylverfahren durchführen, verzögern, verschleppen, Abschiebungen verzögern und verschleppen. Abschiebungen finden ja de facto ohnehin kaum mehr statt. Dublin ist mehr oder weniger de facto schon nicht mehr in Kraft, denn jeder, der bei uns landet, bleibt letztendlich auch bei uns.

 

Mir ist da etwas zugespielt worden, eine Zeitung „Südwind - Internationale Politik, Kultur und Entwicklung – Magazin“, gesponsert von der Österreichischen Entwicklungszusammenarbeit: 2015 - Europäisches Jahr für Entwicklung. Wenn man dort ein bisschen weiterblättert, bekommt man eine genaue Anleitung, wie man die wenigen stattfindenden Abschiebungen verhindert. Wie geht das?

 

„Abschiebung verhindern: Viele Abschiebungen von Menschen ohne Aufenthaltsstatus aus Österreich finden auf dem Luftweg statt“, da die Leute von weit her kommen. Die kommen ja nicht aus der Nachbarschaft, wo das Asylrecht seine Berechtigung hätte. Asyl im historischen Sinn heißt, im ersten sicheren Land, wo ich - Wienerisch gesprochen - im Leo bin, dort suche ich um Asyl an, nicht tausende Kilometer entfernt, wo mich eine Schlepperorganisation hinbringt.

 

Also: „Viele Abschiebungen von Menschen ohne Aufenthaltsstatus aus Österreich finden auf dem Luftweg statt. Was kann man tun, wenn man im selben Flugzeug sitzt, in dem ein Mensch deportiert werden soll?“ Also eine rechtsstaatlich x-fach geprüfte Abschiebung wird in einem von der Österreichischen Entwicklungszusammenarbeit gesponserten Pamphlet als „Deportation“ dargestellt. (GR Johann Herzog: ... auch gesagt!)

 

Das muss man sich wirklich einmal vorstellen: Eine rechtsstaatliche Abschiebung, die von den teuersten Anwälten ohnehin bis zum Letzten mehrfach bekämpft wird, ist eine Deportation! Also die Menschen, die das schreiben - ich hoffe, dass es nicht viele in diesem Saal gibt, am besten gar niemanden, der auch meint, dass unsere Abschiebungen Deportationen sind. Das ist einmal schon ein Thema für sich.

 

Dann wird genau geschildert, wie man hier vorzugehen hat: dass man Lärm schlagen soll, dass man die Flugbegleiterinnen entsprechend verunsichern soll. Am Schluss schmeißt natürlich der Pilot die Nerven weg und sagt: „Ich fliege nicht.“ Ich würde auch nicht fliegen. Eine Deportation ist genauso ein staatlicher - eine Abschiebung ist genauso ein staatlicher Zwangsakt (Heiterkeit bei den GRÜNEN.) wie eine Verhaftung. Das ist ein Zwangsakt, und es werden ja bei uns auch nicht Straftäter in der U-Bahn herumgeführt und spazieren geführt. Die werden auch in gesonderten Fahrzeugen geführt.

 

Deswegen ist es ganz wesentlich, dass wir nicht zum End- und Zielpunkt aller Schlepperrouten dieser Welt werden - denn das können wir uns schlichtweg nicht leisten, das wollen wir auch nicht - und dass wir unseren Rechtsstaat ernst nehmen. Der wird ohnehin ausgedehnt und über Gebühr beansprucht. Aber dann kann es nicht sein, dass mit Geldern des Steuerzahlers - es wird ja leider immer gesagt, wir haben so wenig Entwicklungshilfe. Man müsste alle Leistungen an jene Menschen, die aus Entwicklungsländern zu uns kommen, in die Entwicklungshilfe hineinrechnen. Wenn man diese hineinrechnet, dann brauchen wir in Österreich uns bei Gott nicht zu verstecken! (Beifall bei der FPÖ. - Zwischenrufe bei den GRÜNEN.)

 

Es wird hier also genau geschildert, und es wird ja auch gemacht. Natürlich finden dann keine Abschiebungen statt, und so weiter. Man fragt sich wirklich, was man sagen würde, wenn in der ÖAMTC-Zeitschrift ein vom Verkehrsministerium gesponsertes Inserat erscheint, was man macht, um eine Verkehrskontrolle zu verhindern: indem man dort hinfährt, herumhupt, Lärm schlägt und die Polizisten an der Arbeit hindert. Im Prinzip ist das ein Wahnsinn!

 

Sie dürfen sich nicht wundern, dass die Abstimmung mit den Füßen genau so stattfindet, wie sie stattfindet:

 

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