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Gemeinderat, 2. Sitzung vom 10.12.2015, Wörtliches Protokoll  -  Seite 101 von 125

 

Stadt Wien - Wiener Wohnen liegt keine Wortmeldung mehr vor.

 

20.07.50Wir kommen nun zur Beratung der Geschäftsgruppe Frauen, Bildung, Integration, Jugend und Personal. Zum Wort gemeldet ist als erster Redner Herr GR Wiederkehr. - Selbstgewählte Redezeit sind 10 Minuten. - Bitte schön.

 

20.08.06

GR Christoph Wiederkehr, BA (NEOS)|: Herr Vorsitzender! Sehr verehrte Damen und Herren!

 

Zuerst ein herzliches Dankeschön an die Debatte zu Wohnen. Ich fand sie sehr bereichernd und diskursiv ausgeführt, aber dennoch sachlich. Das fand ich bisher die schönste Debatte heute.

 

Aber jetzt zu Bildung, Integration: In dem Bereich haben wir auf jeden Fall große Herausforderungen, im Integrationsbereich einerseits, dass die Zahl der Flüchtlinge natürlich weiter steigen wird und Wien eine sehr große Herausforderung hat und andererseits im Bildungsbereich, wo ein Fünftel der Pflichtschüler mit 15 nicht sinnerfassend lesen kann. Das ist ein katastrophales Zeichen. Da muss entgegengesteuert werden.

 

Prinzipiell zu sagen ist, dass vieles, auch im Koalitionsübereinkommen, auch im Budget, in die richtige Richtung geht, vor allem im Integrations- und Bildungsbereich. Die Zusammenfassung von Bildung und Integration in einem Stadtratsressort finde ich einerseits sinnvoll. Das ist aber auch der stärkere Fokus auf Sprachförderung und zusätzliche Lehrkräfte an den Schulen. Oder auch die Willkommenskultur, die in dieser Stadt gegenüber Flüchtlingen gelebt wird, finde ich toll und unterstützenswert in diesem Bereich. (Beifall bei den NEOS.)

 

Es gibt natürlich viele Bundesverfehlungen im Bildungs- und Integrationsbereich, die in Wien auch zum Zug kommen. Das ist einerseits, was ich sehr alarmierend finde, die Überprüfung überhaupt des rechtlichen Status eines Flüchtlings, der zu uns kommt. Da gibt es eine Verordnung, dass das nur drei Tage dauern sollte. In Wien sind zur Zeit die Verfahren mit mehr als drei Monaten bemessen. Das finde ich inakzeptabel, aber natürlich eine Bundesangelegenheit. Oder auch der Zugang zum Arbeitsmarkt, dass Menschen, die zu uns geflohen sind, sich nicht im Arbeitsmarkt beweisen und dort integrieren können. Das finde ich einen großen Fehler, der langfristig zu sehr großen Integrationsherausforderungen und sozialpolitischen Herausforderungen, vor allem in einer Stadt wie Wien, führen wird. (Beifall bei den NEOS.)

 

Das fände ich auch wichtig, wenn das von Ihnen vielleicht anerkannt wird. Wenn Menschen fliehen, arbeiten wollen und dies nicht dürfen, dass es dann zu Problemen führt, ist wohl mehr als logisch. (GR Armin Blind: Dürfen sie! Zuerst muss man nur den Asylstatus feststellen!)

 

Aber vielleicht zurück zu Wien: In Wien gibt es auch große Herausforderungen, wo noch mehr getan werden muss. Das ist einerseits der Beratungsbedarf für Menschen, die zu uns fliehen. Ich höre auch von sehr vielen Betreuungseinrichtungen, dass man zu wenig Personal hat, zu wenig Menschen, die wirklich Erfahrung, Expertise, vor allem in rechtlichen Fragen, haben. Hier, glaube ich, muss mehr gemacht werden, um wirklich den Flüchtlingen Rechtsklarheit und eine bestmögliche Betreuung zu geben, vor allem, weil mittelfristig das Ehrenamt im Bereich der Flüchtlingshilfe leider wohl zurückgehen wird. Das kann nicht über Jahre hinweg auf so hohem Niveau anhalten. Hier müsste man sich auf Stadtebene sehr wohl überlegen, wohin es mittelfristig geht, wie wir das auch professionalisieren und in diese Stadt hineinholen können. (GR Mag. Wolfgang Jung: Finanziell!)

 

Finanziell? Im Budget ist es zum Beispiel nicht abgebildet, was ich auch problematisch finde, wie der Experte Peter Hacker im „Standard“ letztens gesagt hat. Ich habe die entsprechende Bemessung im Budget von diesen Zusatzausgaben auch nicht gefunden. Da frage ich mich wirklich: Wo sind diese Zusatzausgaben im Budget bemessen? Oder sind sie gar nicht drinnen? Dann finde ich es fahrlässig, weil im Endeffekt wieder im Budgethaushalt nicht ausgeglichen bilanziert wird beziehungsweise weitere Schulden aufgenommen werden müssen, um das zu berappen. Ich fände es ehrlicher, wenn man einfach hineinschreibt, was die Kosten davon sind und dazu auch steht. Aber das wird anscheinend in diesem Bereich nicht getan.

 

Was ich enorm wichtig finde, ist, die besten Chancen für junge Menschen zu bieten und auch für Menschen, die zu uns migrieren. Der beste Schlüssel zur Integration ist einfach Bildung, ist das Bildungssystem. Da habe ich vor allem Sorgen, dass nichtbegleitete minderjährige Flüchtlinge zu kurz kommen. Es gibt ein Projekt in der Stadt Wien, aber wenn man mit 13 oder 14 nach Österreich flieht und eigentlich im schulpflichtigen Alter ist, hat man kaum eine Chance, noch zu einem Bildungsabschluss zu kommen. Hier müsste ein viel stärkerer Fokus darauf gelegt werden, die unbegleiteten minderjährigen Flüchtlinge zu versorgen und sie auch zu einem Bildungsabschluss zu bekommen, weil nur durch den Bildungsabschluss können die Menschen dann auch bei uns integriert werden.

 

Was ich enorm schade finde, ist, dass die Bildungsreform auf Bundesebene so grandios gescheitert ist und dadurch auch viele Vorhaben im Wiener Koalitionsübereinkommen gar nicht umzusetzen sind. Da ist mir vor allem der Bereich Autonomie ein Herzensanliegen. Es kann nicht sein, dass in Volksschulen nur 5 Prozent oder in anderen Schulen 15 Prozent Autonomie zugesprochen werden. Das ist viel zu wenig für einen modernen Ansatz im Bildungssystem. (Beifall bei den NEOS.)

 

Da sind sich alle Experten einig, dass man mehr Autonomie braucht, dass man den Schulen die Freiheiten lässt, auch nach ihren Bedürfnissen zu arbeiten. Das sind für uns vor allem die pädagogische, die finanzielle und die personelle Autonomie.

 

Finanziell, dass die Schule wirklich selber aussuchen kann, was sie mit dem Budget macht, weil eine Schule im 1. Bezirk einfach anders ist als eine Schule in Simmering oder Ottakring. Hier brauchen wir die Freiheiten der Schulen, die Finanzmittel dementsprechend einzusetzen.

 

Pädagogische Autonomie, dass es endlich eine Gleichberechtigung gibt von verschiedenen pädagogischen Ansätzen und wirklich am Standort Schwerpunkte auch gesetzt werden. Hier sind die Schulen noch immer

 

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