Gemeinderat, 2. Sitzung vom 10.12.2015, Wörtliches Protokoll - Seite 81 von 125
Ich muss feststellen, dass wir in der Geschäftsgruppe Wohnen, Wohnbau und Stadterneuerung als einziges Ressort von allen Ressorts einen Budgetrückgang zu verzeichnen haben. Wenn man den Voranschlag 2016 mit jenem von 2015 vergleicht, so geht das Budget von 908 Millionen auf 869 Millionen zurück, die einzige Geschäftsgruppe, die im kommenden Jahr mit weniger Geld auskommen muss. Primär ist das auf den Ansatz 48.30, Förderung der Wohnhaussanierung, zurückzuführen. Hier gehen die budgetierten Mittel von 236 Millionen auf 184 Millionen zurück. Das ist ein Bereich mit besonders viel möglicher Wertschöpfung, ein Bereich, in dem besonders viele Arbeitsplätze geschaffen werden können. Wir haben hier nicht nur Totalsanierungen, wir haben hier Sockelsanierungen, wir haben hier Thewosan-Sanierungen, und vieles andere mehr. Die Stadt wird nicht mehr annähernd so viel Geld in diese Bereiche stecken, wie das in der Vergangenheit der Fall war. Das ist schade.
Ich habe einen ganz konkreten Vorschlag dafür, dass man im Rahmen der Wohnhaussanierung ein neues Förderthema angehen könnte, nämlich die Sanierung der Erdgeschoßzonen. Wir haben große Probleme mit leerstehenden Geschäftslokalen, mit toten Auslagen, mit graffitibeschmierten Fassaden. Die Lebensqualität leidet unter diesen verwahrlosten Erdgeschoßzonen, und es gibt kein Förderinstrumentarium, um etwas gegen die Verwahrlosungstendenzen zu unternehmen. Es gibt die verschiedensten Möglichkeiten. Sehr oft wird man diese Erdgeschoßzonen umbauen müssen. Sehr oft wird man eben das Detailhandelsgeschäft da drinnen nicht mehr vermieten können. Die Nachfrage gibt es nicht. Man kann 100 andere Dinge daraus machen. Man kann eine Garage für Autos, für Fahrräder machen. Man kann einen Tischtennisraum machen. Man kann versuchen, dass man dort Arztordinationen hineinbringt. Freiberufler müssen nicht unbedingt im 4. Stock oder im 5. Stock ihre Kanzlei haben. Das wäre auch für eine Erdgeschoßzone geeignet und wir würden mehrere Fliegen mit einer Klappe schlagen. Ich würde mich also sehr freuen, wenn wir zu solchen Stadtverschönerungsmaßnahmen kommen könnten, sei es im Rahmen der Wohnhaussanierung oder auf anderer gesetzlicher Grundlage. (Beifall bei der ÖVP.)
Nicht der richtige Weg zur Belebung der Erdgeschoßzonen ist, glaube ich, die Leerstandsabgabe. Ich glaube, es hat die SPÖ aus gutem Grund bereits in den 80er Jahren davon Abstand genommen, diese Leerstandsabgabe aufrechterhalten zu wollen. Es hat auch der Verfassungsgerichthof den Wortlaut der damaligen Bestimmung aufgehoben.
Ein großes Anliegen meiner Fraktion schon in den vergangenen Jahren und auch ein Anliegen, das wir in den nächsten Jahren in dieser Periode verfolgen werden, ist die Förderung von Eigentumswohnungen. Wir haben es im geförderten Wohnbau fast ausschließlich mit der Förderung von Mietwohnungen zu tun. Das ist nicht nachvollziehbar. Es ist nämlich nicht wirtschaftlich, ausschließlich Mietwohnungen anzubieten. Die WienerInnen wollen aus nachvollziehbaren Gründen nicht ausschließlich in Mietwohnungen leben, denn sie müssen ganz einfach ihr Leben lang hohe Mieten zahlen und sie würden ganz gerne mal nach 20 oder 30 Jahren nur noch mit den Betriebskosten belastet werden. Im Augenblick ist der Normalfall der, die Jungfamilie geht zu einer Genossenschaft, legt dort einmal 50.000 EUR auf den Tisch, dann zahlt sie durch 30 Jahre hindurch jeden Monat 1.000 EUR und nach den 30 Jahren gehört ihr nichts. Alles gehört der Wohnbaugenossenschaft, alles gehört der öffentlichen Hand, aber nichts dem Ersteher der Wohnung. Das wollen die Wiener nachvollziehbarerweise nicht. Eine große Forderung von uns ist es daher, im Rahmen der bestehenden Wohnbaufördermittel, da braucht man also keinen einzigen Euro mehr zu investieren, auch einen erklecklichen Anteil neben den geförderten Mietwohnungen für geförderte Eigentumswohnungen vorzusehen. (Beifall bei der ÖVP.)
Letzter Punkt, und da darf ich an das anschließen, was schon mein Vorredner von den NEOS gesagt hat, sozialer Wohnbau, Gemeindewohnungen, keine Frage. Selbstverständlich ist der soziale Wohnbau eine historische Errungenschaft, zu der wir uns auch bekennen, aber ohne Frage muss auch an der Treffsicherheit sehr vieles verbessert werden. Ich glaube, dass die Vergabekriterien grundsätzlich überarbeitet werden müssen. Zum einen sind die Vergabekriterien zum Teil zu weit, zum anderen sind sie zu eng. Ich habe erst vor Kurzem einen Besuch in der Gruft absolvieren müssen. Ich habe mich dort erkundigt, wie viele von den Obdachlosen es dort im Jahr schaffen, zu einer Gemeindewohnung zu kommen und habe mich auch gefragt, ob sehr viele Personen wohl nicht wohnfähig seien und die Unterstützung durch Sozialarbeiter brauchen würden. Man hat mir gesagt, die allerwenigsten brauchen diese Unterstützung durch Sozialarbeiter. Mehr als 90 Prozent würden eine Wohnung brauchen, aber sie bekommen diese Wohnung nicht. Sie bekommen diese Wohnung ganz einfach nicht, weil die Vergabekriterien für diese Personen zu streng sind. Es ist nämlich fast nicht möglich, zu einer Gemeindewohnung zu kommen, wenn man a) keine Wohnung hat oder b) in einer Wohnung lebt, die zu teuer für einen ist.
Jetzt lassen Sie mich noch einmal kurz zu den Einkommensgrenzen kommen. Da gibt es doch tatsächlich jetzt als Voraussetzung für die Gemeindewohnung die Limitierung beim Einkommen für eine Person mit 3.140 EUR netto pro Monat. Also ich würde jetzt meinen, ich habe keine genaue Statistik bei mir, aber so über den Daumen meine ich, dass damit 90 Prozent aller Wiener grundsätzlich förderwürdig sind. Vielleicht verdienen in etwa 10 Prozent der Wiener mehr. Aber, sehr geehrte Damen und Herren, ist das wirklich Ihr Anliegen, und da rede ich jetzt nur von den Gemeindewohnungen, da rede ich jetzt gar nicht von den Genossenschaftswohnungen, wollen Sie wirklich diese Sozialwohnungen für 90 Prozent der Wiener Bevölkerung bereithalten? Ist das wirklich eine Sozialpolitik, die wir uns vorstellen? Kann das überhaupt eine treffsichere Sozialpolitik sein? Ich glaube, nein. Ich bin da sehr skeptisch, wenn jemand wie ein
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