Gemeinderat, 2. Sitzung vom 10.12.2015, Wörtliches Protokoll - Seite 49 von 125
darum kümmern! Aber wenn ein Einzelunternehmer einen ganzen Tag der Woche nur mit Informationspflichten verbringt, von welchen sehr viele auch auf Wien-Ebene geregelt sind, dann sage ich, das ist ineffizient!
Um die Wirtschaft anzukurbeln, muss man hier ansetzen, Verordnungen reduzieren, Gesetze, die sinnlos sind, abschaffen, um mehr unternehmerische Freiheit zu ermöglichen. Das wäre für mich ein wirtschaftspolitisches Konzept, und ich wünsche mir auch von dir, dass du nicht nur sagst, dass der Bund zuständig ist, sondern dass wir uns jedes Gesetz und jede Verordnung anschauen, ob das wirklich notwendig ist. Ich kann dir 100 nennen, die nicht notwendig sind, und hoffe, dass die Stadt Wien diesbezüglich moderner wird und es für Wirtschaftsunternehmer ein leichteres Leben gibt, denn der Wohlstand wird von Unternehmen geschaffen, und so kommen wir zu einer florierenden Zukunft in Wien. (Beifall bei den NEOS.)
Vorsitzende GRin Gabriele Mörk: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau GRin Meinhard-Schiebel. Gewählte Redezeit 5 Minuten, fraktionelle Restredezeit 14 Minuten. - Bitte
GRin Brigitte Meinhard-Schiebel (GRÜNE): Sehr geehrte Frau Vorsitzende! Sehr geehrte Frau Stadträtin! Sehr geehrte Damen und Herren, die noch anwesend sind, was mich ganz besonders freut.
Ausnahmsweise wird es in den nächsten Minuten nicht nur ums Geld gehen, jedenfalls nicht in dem Sinn, wie wir es schon bisher gehört haben, sondern es geht jetzt um sogenannte immaterielle Werte, mit welchen ja auch Gewinne erzielt werden. Wir leben hier, mitten in Europa, ja nicht auf einem solitären Stern. Der Kleingeist und die Abschottung haben hier keinen Platz. Ganz im Gegenteil: Die Stadt Wien ist durch ihre geographische Lage und durch ihre Geschichte dafür prädestiniert, eine starke und sehr aktive Europapolitik zu verfolgen.
Das Regierungsabkommen Rot-Grün II trägt dem Rechnung, und ich glaube, die Erfahrungen, die wir bisher gemacht haben, sind eine sehr gute Basis dafür. Spätestens seit der Wirtschafts- und Griechenland-Krise ist klar, dass der Wert der europäischen Solidarität mindestens ebenso wichtig ist wie Wirtschaftswachstum. Dieser Wert wurde allerdings bisher leider sehr oft vernachlässigt.
Der Blick Österreichs in die osteuropäischen Länder hat sich meist daran orientiert, günstige Produktionsstandorte zu finden und nach Exportmärkten Ausschau zu halten. Immer noch fehlt aber das Verständnis für die Kultur, die Geschichte und die Gesellschaft unserer östlichen Nachbarn und Nachbarländer. – Im Hinblick auf die Europa-2020-Ziele muss unmissverständlich klar gemacht werden, dass für wirtschaftliche Interessen nicht andere - soziale bis ökologische - Schutzinteressen und Grundrechte beiseitegeschoben werden dürfen. Auch in der Stadt-Außenpolitik sollten die Menschenrechte Vorrang haben und dürfen vor allem autoritäre Regierungsformen nicht unterstützt werden. (Beifall bei Grünen und SPÖ.)
Was die Städte Europas betrifft, so ist das Bewusstsein für die Notwendigkeit des Auftretens gegen neoliberale Tendenzen zu schärfen und ist gegen Angriffe auf die Leistungen der Daseinsvorsorge Widerstand zu leisten. Dieses Bewusstsein nimmt langsam zu, und ich glaube, das ist für uns alle eine ganz wichtige Voraussetzung.
Wien hat diesbezüglich eine aktive Rolle, und wir Grünen - etwa meine Vorgängerin Monika Vana, die viele von Ihnen kennen, die auch mein Vorbild für Europapolitik ist, die im Europaausschuss tätig war und heute EU-Parlamentarierin ist - haben uns immer gemeinsam für die Anliegen der Städte eingesetzt. Im rot-grünen Regierungsabkommen ist folgerichtig auch die ablehnende Haltung Wiens zu Abkommen wie TTIP, TiSA und CETA festgehalten.
Wien kann darauf stolz sein, innerhalb der EU gerade in den Bereichen Soziales, Umweltschutz, sozialer Wohnbau und Gesundheit eine Musterstadt darzustellen. Ich bin sehr viel in Europa unterwegs, ich höre das immer wieder in anderen Ländern, und ich sage dann ganz stolz: „Ja, ich komme aus Wien!“
Die Aufwertung des 2010 eingerichteten Gemeinderatsausschusses für europäische und internationale Angelegenheiten - davon war gerade die Rede - ist eine wichtige Voraussetzung, um mehr tun zu können, als nur Subsidiaritätsprüfungen vorzunehmen. Dazu gehört auf jeden Fall eine Diskussion über die Positionierung in europäischen Institutionen und Netzwerken, dem Ausschuss der Regionen, Eurocities, et cetera.
Die schon bisher sehr erfolgreichen und interessanten Fachseminare - ich darf mich an dieser Stelle bei der Magistratsabteilung 27 für die professionelle Organisation und Vorbereitung bedanken - sollen ausgewertet werden. Ein wichtiger weiterer Schritt ist die Schaffung einer europäischen Sommerakademie für Capacity Building im Donauraum. Gerade mittlere und größere Städte aus Ländern entlang der Donau sind interessiert an einer Zusammenarbeit mit Wien.
Schließlich gibt es auch, wie schon 2010, das Bekenntnis zu einem Europadialog mit der Zivilgesellschaft. Alles, was wir sozusagen aus einer europäischen Akademie gewinnen können, können wir dann in breiterer Form weiter verbreiten und mit den Vertreterinnen und Vertretern der Zivilgesellschaften weiterführen. Wien kann und muss vor allem europapolitisch Flagge zeigen, und vor allem dürfen wir die Diskussion über Europa nicht dem Boulevard überlassen.
Auf Ebene meiner Fraktion legen wir schon seit Jahren einen Schwerpunkt auf die Kontakte zu europäischen Nachbarländern. Wichtig sind auch die Zahlen der Städtenetzwerke. Inhaltlich und organisatorisch wichtig sind uns Eurocities und die politischen Interessenvertretungen, in denen derzeit 130 Mitglieder aus allen europäischen Städten sitzen. Auch der Konvent der Bürgermeister sollte gerade in Zeiten wie diesen, in denen in Paris um ein Klimaschutzabkommen gerungen wird, sozusagen ein „must“ sein und kein Treffen, bei dem man sich nur die Hände schüttelt.
Die Stadt Wien ist und bleibt eine Drehscheibe zwischen West und Ost, die vorbildliche Initiativen setzt, auch mit unserem immer wieder stattfindenden Euro
Stadt Wien | Geschäftsstelle Landtag, Gemeinderat, Landesregierung und Stadtsenat (Magistratsdirektion)
Kontaktformular