Gemeinderat, 59. Sitzung vom 24.11.2014, Wörtliches Protokoll - Seite 42 von 110
nicht berücksichtigen. Das ist unseriös! Ich kann mir nicht vorstellen, dass Sie das ernsthaft meinen. (Beifall bei der ÖVP und von GR Dr Wolfgang Aigner.) Es stimmt formal, wenn Sie den Haushalt im engeren Sinn betrachten, den Magistrat betrachten, aber es stimmt natürlich nicht, was die Schuldensituation mit Wiener Wohnen und KAV insgesamt betrifft. Da war ein Schuldenberg von in Summe etwa 3 Milliarden EUR, und jetzt ist er natürlich höher.
Ich habe es mir genau angeschaut. Wir hatten in den Jahren 2005 bis 2007 eine wirklich gute Konjunktur mit Wachstumsraten von 2,5 Prozent, 3,6 Prozent und 3,7 Prozent; aber trotzdem ist da der Gesamtverschuldungsgrad mit Wiener Wohnen auf 3,2 Milliarden EUR und auf 3,4 Milliarden EUR angestiegen. Es war also leider Gottes keine antizyklische Wirtschaftspolitik, wo man wirklich in guten Zeiten mit Konjunktur, mit Wachstum etwas auf die Seite gelegt hätte, wo man etwas angespart hätte, das man jetzt für Investitionen verwenden könnte.
Wie sieht die Wirtschaftsordnungspolitik in Wien aus? Richtige Wirtschaftsordnungspolitik bedeutet für mich, die Voraussetzungen für funktionierenden Wettbewerb zu schaffen. Nur: Subsidiär sollten die Wirtschaftsprozesse selbst gelenkt werden. Sie machen es natürlich anders. Sie sitzen gerne selbst am Lenkrad, Sie haben gerne selbst die ganze Macht mit Ihren kommunalen Betrieben, mit den Stadtwerken, mit der Holding mit über 300 gemeindeeigenen Unternehmungen. Das ist natürlich für den Wettbewerb alles andere als dienlich. Die kommunalen Betriebe kommen uns sehr teuer, nur die allerwenigsten machen Gewinne. Ordentliches Wirtschaften schaut anders aus.
Schauen Sie sich die Kontrollamtsberichte an, schauen Sie sich die Stadtrechnungshofberichte an! Wenn ich mir ansehe, was da immer wieder passiert, zum Beispiel bei der Wirtschaftsagentur, wenn ich mir das Media Quarter Marx anschaue, oder bei den Stadtwerken, wenn ich mir TownTown anschaue, oder was bei Wien Energie und bei den Wiener Linien passiert, oder was das Sportamt beim Stadthallenbad und bei der Albert-Schultz-Eishalle macht, dann muss ich Ihnen sagen: Sie haben Ihre eigenen kommunalen Betriebe nicht ausreichend im Griff, ganz zu schweigen davon, dass wir keine Struktur in den kommunalen Betrieben haben. Wir haben es noch immer nicht geschafft, zu gliedern, Betriebe einzuteilen in solche, die in der Daseinsvorsorge zuständig sind, Betriebe, die Zuschussbetriebe sein sollten, und in gewinnorientierte Betriebe.
Sehr geehrte Damen und Herren, es wäre noch sehr viel zu sagen, aber mir bleibt nicht die Zeit dazu. Ich möchte nur noch die wirtschaftspolitischen Zielsetzungen nennen. Man kann es nicht oft genug sagen, es geht um Wachstum, Beschäftigung und Wohlstand. Es geht darum, dass wir Vermögensbildung in privater Hand schaffen. Das bringen wir mit so einem Budget nicht zustande. Da müssen wir noch einiges verändern. Veränderungsbedarf haben wir genug in dieser Stadt. (Beifall bei der ÖVP.)
Vorsitzender GR Mag Thomas Reindl: Zu Wort gemeldet ist Herr Dipl-Ing Margulies. Selbstgewählte Redezeit 8 Minuten. – Bitte schön.
GR Dipl-Ing Martin Margulies (Grüner Klub im Rathaus): Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Vorsitzender!
Mehr als diese 8 Minuten werde ich hoffentlich nicht brauchen. Aber zu Beginn, um es nicht zu vergessen, schicke ich einen Dank an alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Geschäftsgruppe, weil ich wirklich das Gefühl habe, dass man irrsinnig gut miteinander zusammenarbeiten kann, dass sich alle Menschen wirklich sehr engagiert um die Finanzen, das Budget und auch um die Wirtschaftspolitik kümmern. In diesem Sinn Danke! (Beifall bei GRÜNEN und SPÖ.)
Jetzt nur noch ein paar Sachen, weil sie immer wieder angesprochen werden. Ich beginne mit der Frage: Was sind Schulden eigentlich? (GRin Mag Karin Holdhaus: Sie haben wohl eine Definition! – GRin Mag Barbara Feldmann: Wenn Sie das nicht wissen!) Sind Schulden etwas Böses per se oder sind Schulden etwas Gutes? Oder weder noch? Einigen wir uns einmal auf weder noch. (Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.)
Weil wenn ich Ihnen zuhöre, habe ich immer das Gefühl, Schulden sind böse, aber wir alle wissen: Wenn ich zur Bank gehe und mir einen Kredit nehme, dann habe ich Schulden. Ich habe dann immer noch das Geld in der Hand; und es hängt in Wirklichkeit davon ab, wofür ich es ausgebe, ob es sich um sinnvoll oder weniger sinnvoll aufgenommene Kredite handelt. (Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.)
Ich bin froh darüber, dass wir das Kleine Glücksspiel in Wien jetzt endgültig verbieten; denn die Kredite, die die davon betroffenen Menschen im Zusammenhang mit dem Kleinen Glücksspiel aufgenommen haben, waren Schulden, die man sich am besten erspart hätte. Ich hoffe, da sind wir aller einer Meinung. Bei den Schulden der Stadt Wien sollten wir einmal genauer überlegen und uns genauer anschauen, ob sie für sinnvolle Tätigkeiten aufgenommen wurden oder nicht.
Kommen wir nun zum Thema München, weil dieses Beispiel von Ihnen so gerne strapaziert wird. Ich sage ganz offen, ich will mich gar nicht immer vergleichen. Und noch zweiter Punkt: Mir geht sogar dieser Wettbewerb in den Rankings ziemlich auf den Nerv. Wer sagt, dass Wien überall der Erste und der Beste und der Schönste oder sonst irgendetwas sein muss? (GR Mag Wolfgang Jung: Ihr sagt das!) Ich bin auch zufrieden, wenn wir weltweit die Nummer 11 oder 17 sind. Ich freue mich auch, wenn Prag in irgendeinem Bereich die Nummer 1 ist; ich freue mich auch, wenn Paris in irgendeinem anderen Bereich die Nummer 1 ist. Ich will eine Stadt mit Lebensqualität, und das ist Wien. Aber natürlich ist es mir lieber, wenn Wien in den diversesten Rankings im Vorderfeld zu finden ist, was der Fall ist (GR Mag Wolfgang Jung: Aber nicht bei der Arbeitslosigkeit!), als weit hinten. In diesem Sinne ist die Frage des Vergleichs ein bisschen schwierig zu betrachten.
Deshalb eine ganz kurze Bemerkung nur zum Vergleich mit München, warum es nämlich schwierig ist, diese beiden Städte zu vergleichen. Nicht nur wegen der unterschiedlichen Größe. Ich meine, ganz Bayern hat 12
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